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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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leid. Er war genauso wie alle Männer durchnäßt und kalt und fühlte sich elend. Er wollte nichts, als nach Tyberton zurückkehren, in dem stickig heißen großen Saal an den Feuerstellen sitzen, gewürztes Warmbier trinken und die Hände an weiches Weiberfleisch legen.
    Jemand fragte, ob sie die Leichen begraben sollten.
    »Nein«, sagte MacLeod. »Laßt diese Wilden in Frieden verrotten!«
    Schon seit anderthalb Tagen hatte Daria geahnt, daß Roland krank war. Aber sie hatte sich selber etwas vorgemacht und nach allen möglichen anderen Erklärungen für sein dauerndes Stillschweigen gesucht. Als sie ihn morgens gefragt hatte, ob ihm etwas fehle, hatte er unwillig verneint.
    Jetzt ließ sie sich neben ihm auf die Knie fallen. Seine Stirn fühlte sich heiß an, er hatte Fieber. Noch nie im Leben hatte sie so große Angst gehabt. Sie blickte sich nach Hilfe um.
    »Roland«, sagte sie klagend, der Verzweiflung nahe. »Bitte, Roland, könnt Ihr mich hören?«
    Er sagte kein Wort.
    Nicht um sich hatte sie Angst, sondern um ihn. Er brauchte sie dringend.
    Ein Augustinerpriester in schwarzer Kutte sah die beiden und kam eilig näher.
    »Pater«, sagte sie flüsternd halb auf englisch, halb auf walisisch, »Ihr müßt mir helfen.«
    Er warf ihr einen erstaunten Blick zu, und sie fuhr rasch fort: »Er ist ein Waliser, und ich bin seine Ehefrau, aber nur zur Hälfte Waliserin. Sprecht Ihr englisch?«
    »Ja. Ich habe viele Jahre in Hereford gelebt. Was tut ihr hier?«
    »Mein Gatte wollte mich zu seiner Familie nach Chester bringen. Plötzlich ist er krank geworden. Wahrscheinlich kommt das von dem vielen Regen. Wir sind auch sehr scharf geritten. Was soll ich nur tun?«
    Dann erst fiel ihr ein, daß der Priester sie für einen Knaben gehalten hatte. Sie hatte sich als Rolands Ehefrau ausgegeben, weil sie dadurch mehr Verständnis von dem Geistlichen erhoffte. Schnell fuhr sie fort: »Meine Kleidung sollte meinem Schutz gelten. Wir wurden unterwegs von Verbrechern überfallen und konnten ihnen nur mit Mühe und Not entkommen. Da hat mir mein Mann diese Kleidungsstücke beschafft.«
    »Das war sehr vernünftig von ihm. Ich bin Pater Murdough. Und wer bist du und dein Mann?«
    »Er heißt Alan und ist ein Freisasse, Pater. Unser Bauernhof liegt in der Nähe von Leominster. Bitte, helft uns!«
    Was blieb ihm anderes übrig? Er konnte den Mann nicht in seiner Kirche elend verrecken lassen. »Bleib hier! Ich hole meinen Küster.«
    Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis der Küster ihren >Ehemann< auf kräftigen Schultern drei Treppen hinaufgetragen und auf ein schmales Bett gelegt hatte. Es war eine Dachkammer in dem bescheidenen Hause Pater Murdoughs neben der Kirche.
    »Hast du Geld, mein Kind?«
    »Ja«, sagte Daria. »Mein Mann hat es im Mantel. Kann sich der Küster um sein Pferd kümmern?«
    Der Priester nickte. Seine Gedanken waren bei dem Pferd. Er hatte es gesehen, es war ein kräftiges Kampfroß. Höchst ungewöhnlich, daß der Besitzer ein einfacher Freisasse sein sollte. Er hätte gern gewußt, wer der Mann wirklich war. Was die Frau anging, so bezweifelte er, daß sie auch nur einen Tropfen walisischen Bluts in den Adern hatte.
    Aber das war unwichtig. Jetzt galt es, etwas für den jungen Mann zu tun. Pater Murdough wurde energisch. »Ich lasse einen Arzt holen, der ihm Blutegel setzt, um das Fieber zu senken. Nur so kann sein Leben gerettet werden. Meine Bedienerin Romila wird euch Decken und Wasser bringen.«
    Daria war vor Angst um Roland außer sich. Sie brachte es gerade noch fertig zu nicken. Als sie mit Roland allein war, fiel ihr Blick auf seine durchnäßte Kleidung. Er brauchte dringend trockene Wärme. Sie mußte ihn also ausziehen. Sie war eben dabei, ihm die Hosenbänder aufzuschnüren, als eine hochgewachsene, magere, weißhaarige alte Frau von stolzer Haltung ins Zimmer kam. Sie brachte Decken und einen Wasserkrug. Ihr Lächeln, bei dem sie ein gesundes Gebiß zeigte, war freundlich. Leise sagte sie in undeutlichem Walisisch: »Da bin ich. Warte, ich helfe dir!«
    Gemeinsam befreiten die beiden Frauen Roland von den nassen Sachen. Als er nackt auf dem Bett lag, nahm die Alte ihn genau in Augenschein. »Ah, das ist ein kräftiger Mann, wirklich, so schlank und diese starken Knochen und Muskeln! Ein feiner Bursche, keine Unze Fett am Körper. Ja, und nun sieh sich mal einer seine Rute an! Die muß dir ja schon viel Vergnügen bereitet haben.«
    »Du sprichst ja englisch«, erwiderte Daria, ohne sich etwas

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