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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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sie erfuhr, daß noch kein neuer Priester auf Tyberton eingetroffen war, kannte ihr Jubel keine Grenzen. Falls der Graf sein Wort hielt, war sie weiterhin vor ihm sicher.
    Daria stand an dem schmalen Fensterspalt, als ihre Zofe Ena ihr berichtete: »Der hatte vielleicht eine Wut! Er fluchte und brüllte wie der Teufel selbst. Seine Männer aber haben ihn heimlich ausgelacht, daß er sich von so einer kleinen Frau reinlegen ließ. Und daß er vor lauter Geilheit seine ganze Frömmigkeit vergessen hatte. Bald nach Euch ist er dann losgeritten. Den Bauern, der das Pferd des hübschen Priesters verwahrt hatte, ließ er foltern. Nachdem er alles aus ihm herausgekriegt hatte, mußte einer der Männer dem Bauern das Messer in die Rippen bohren.«
    So also war der Mann geendet, der so gern vier Kühe besitzen wollte - Lle pum buwch.
    Es klopfte an der Tür, und eine Bedienerin brachte das Mittagessen. Man hielt sie also wieder wie eine Gefangene. »Ich habe keinen Hunger«, sagte Daria unwillig und stellte sich wieder ans Fenster.
    Am nächsten Morgen verließ der Graf mit zwölf seiner Männer die Burg, um eine Räuberbande aufzuspüren, die in seiner Abwesenheit das kleine englische Dorf Newchurch überfallen hatte. Damit war sie wenigstens eine Weile von ihm erlöst. Allerdings hatte er Befehl erteilt, daß sie in ihrem Zimmer eingeschlossen blieb. Bevor der Graf sein Kampfroß bestieg, hatte er ihr die Wange gestreichelt und gesagt: »Bald wird ein Priester hier sein.«
    Doch es dauerte bis zum Mittsommer, und die Sonne strahlte vom wolkenlosen blauen Himmel auf die ausgedörrte Erde herab, ehe der Graf ihr mitteilte, daß innerhalb von einer Woche ein Priester auf Tyberton eintreffen würde, den er in Bristol aufgegabelt habe. Dann würde die Trauung stattfinden. Und Daria wußte, daß er sie danach vergewaltigen und, wenn er die Wahrheit über ihren Zustand herausfand, töten würde.
    Der einzige Trost war, daß er sie seit einer Woche nicht mehr als Gefangene behandelte. Der Graf war bei seiner Rückkehr durch seinen Sieg über die Räuber in Hochstimmung gewesen. Er hatte sie alle gehängt, diese Waliser - jedenfalls die wenigen, die das Scharmützel überlebt hatten.
    Einmal belauschte sie ihn, als er voller Verachtung zu MacLeod über Roland sprach. »Der hübsche Hurensohn hat eingesehen, daß es seine Fähigkeiten doch bei weitem übersteigt, sich sein Pferd zurückzuholen. Er weiß, daß ich ihn fangen und dann eines langsamen Todes sterben lassen würde. Daria hat recht behalten - er ist nach England zurückgegangen.«
    Volles Vertrauen schenkte der Graf ihr trotzdem nicht, und sie sah keine Möglichkeit, daran etwas zu ändern. Lohnte es sich überhaupt? Sie glaubte ja jetzt bald selber, daß Roland nach England zurückgekehrt war. Oder war er tot? Oder vielleicht lauerte er doch in der Nähe von Tyberton? Nein, das wahrscheinlich nicht. Sie hielt jedoch ihre Gedanken selbst vor Ena geheim. Wer wußte denn, ob ihre Zofe nicht alles dem Grafen verraten würde?
    Eine Träne rollte ihr über die Wange. Plötzlich bekam sie Durst. In der kleinen Karaffe neben dem Bett war kein Wasser. Sie ging in den großen Saal. Dort lungerten einige Männer herum, spielten Dame oder erzählten sich Witze. Frauen schrubbten die Tische und verteilten frische Binsen auf dem Fußboden. Keiner achtete auf sie. Der Graf war nicht zu sehen. Sie ging hinaus auf den Innenhof.
    Es war Mittagszeit, und die meisten Menschen hatten vor der glühenden Sonne Zuflucht im Schatten gesucht.
    An der Zisterne blieb sie lange stehen. Die Sonne wärmte ihre Haut, aber in ihrem Inneren herrschte Kälte und Leere.
    »Was suchst du hier?«
    Sie hörte das Mißtrauen in der Stimme des Grafen. »Ich wollte mir einen Krug frisches Wasser holen. Es ist heute so heiß. Ich habe eine ganz trockene Kehle.«
    Er schöpfte ihr Wasser und sah ihr beim Trinken zu.
    Dann sagte er voll ohnmächtigen Zorns: »Gerade habe ich die Nachricht erhalten, daß der König auf dem Weg nach Tyberton ist. Er kommt aus Chepstow, wo er sicherlich dem Grafen von Hereford die Flötentöne beigebracht hat, und jetzt will er zu mir.«
    Daria begriff nicht, warum ihn das in so schlechte Laune versetzte. »Aber es ist doch der König!« rief sie. »Sein Besuch muß für Euch eine Ehre und eine Auszeichnung sein, ein Zeichen seiner königlichen Huld.«
    Er schnaufte unwillig. »Von wegen Huld! Langbein ist nur ärgerlich, weil er hier so wenig Macht hat. Er kommt nur, um seine Nase in

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