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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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höchst zufrieden. In wenigen Stunden würde ihre kleine Herrin den mächtigen Grafen von Clare heiraten! Die Braut war ein wenig dünn, aber sonst sah sie in dem blaßrosa Seidenkleid mit dem etwas dunkleren Überrock sehr schön aus. Zum Anbeißen. Eine würdige Burgherrin auf Tyberton. Ja, Ena war sehr zufrieden.
    Daria trug die Haare lang und wallend. Nach alter Sitte bedeutete dies, daß sie unberührt in die Ehe trat. Ena hatte darauf bestanden, und Daria hatte sich jeder Bemerkung enthalten, auch wenn sie das Haar lieber als Zopfkrone um den Kopf getragen hätte. Was hätte der Graf wohl dazu gesagt?
    »Ich merke, wie aufgeregt Ihr seid«, sagte Ena. »Ja, jetzt werdet Ihr den hübschen Priester vergessen und Euch mit Eurem Los abfinden. Der Kerl hat Euch verlassen und ohne den Grafen wärt Ihr jetzt tot oder noch was Schlimmeres. Nein, Ihr braucht mir nichts vorzuschwindeln! Ich habe immer geahnt, daß Ihr von hier fliehen wolltet. Aber nun ist alles so gekommen, wie es sein soll. Ihr seid eine kleine Lady und verdient was Besseres als einen Priester, und wenn er noch so gut aussieht. Da Ihr Ralph von Colchester nicht kriegen könnt, kriegt Ihr eben den Grafen. Ja, nun ist alles wieder gut.«
    Daria senkte die Lider. Die Alte bekam vieles mit. Auch wenn es nicht immer ganz stimmte, wenigstens nicht in diesem Fall, wollte sie verhindern, daß Ena dem Grafen zuflüsterte, sie wäre bereit und könne es kaum noch erwarten und ... Möglicherweise könnte der Graf sich dann von seinem Eid entbunden fühlen und sie schon vor der Trauungszeremonie vergewaltigen.
    Wo war Roland jetzt? Wieder überfiel sie die alte Furcht, er wäre nur wegen seines Kampfrosses gekommen. Ja, so mußte es sein. Er würde es nicht noch einmal riskieren, sie auch zu befreien. Selbst die Belohnung war da nicht Anreiz genug. Der Graf hatte recht. Aber wie wollte der alte Bettler das Pferd aus der Burg stehlen?
    »Euer Schleier, kleine Herrin!«
    Der Schleier! Daria besah sich das dicke goldene Diadem, an dem der Gazeschleier hing. Durch den Schleier würde sie alles nur verschwommen sehen. Auch den Grafen. Dann könnte sie sich einbilden, es wäre ...
    »Gib ihn her!«
    Es klopfte an der Zimmertür. Bevor Daria antworten konnte, ging die Tür auf, und zwei Frauen kamen herein. Daria kannte nur die Jüngere. Die Ältere war ihr unbekannt. Die beiden waren schnell und verstohlen hereingeschlüpft.
    »Was ist los? Was wollt ihr?« Sie hatte es kaum ausgesprochen, da fühlte sie wieder seine Gegenwart. Sie fuhr auf und starrte die beiden Frauen an.
    Mit gesenktem Blick sagte die ältere Frau: »Ich wollte Euch nur sagen, kleine Herrin, daß der Graf überall rumkrakeelt und allen erzählt, er werde sich in dem Augenblick auf Euch stürzen, da der Priester Euch zu seiner Frau erklärt hat.«
    »Ich bin bereit«, erklärte Daria in höchster Erregung. »Nehmen wir Ena mit?«
    Die ältere Frau schüttelte den Kopf.
    Und dann sah Daria, wie Roland den Arm um Ena legte und sie an sich zog. Er versetzte ihr einen leichten Faustschlag ans Kinn, und Ena fiel zu Boden. »Schnell, fessle sie, Daria! Wahrscheinlich weißt du schon, daß sie auf die Seite des Grafen übergelaufen ist. Wir können uns kein Risiko erlauben.«
    Die andere Frau war Tilda, die blutjunge Tochter des Burgschmieds. Sie zählte ganze vierzehn Jahre und war so schön, daß alle Männer stehenblieben und ihr nachschauten, wenn sie ihr begegneten. Sie war ein wenig größer als Daria, ein bißchen blonder, aber im Hochzeitskleid und unter dem Schleier ...
    »Sie will es so haben«, sagte Roland kurz mit Blick auf Tilda. »Schnell, zieh das Hochzeitskleid aus! Ich werde die Alte inzwischen selber fesseln.«
    Wenige Minuten später war Daria schon dabei, den Schleier vor Tildas schönem Gesicht zu ordnen. Das junge Mädchen zitterte vor Aufregung. Daria machte sich Sorgen um sie. Tilda war von bäuerlicher Herkunft. Was würde der Graf mit ihr machen, wenn er den Betrug entdeckte?
    »Daria, zieh dir schnell die Knabensachen an! Und du mußt auch noch deine Haarflut zu einem Zopf flechten.«
    »Ach, Roland, was bist du für eine besorgte Mutter!«
    Roland fragte: »Hast du dich durch meine Maskerade überhaupt nicht täuschen lassen?«
    »Nicht einmal, als du mir als elender alter Bettler zugelächelt und deine fauligen schwarzen Zähne entblößt hast.«
    Und das erinnert ihn an den Tag, an dem er ihr zum erstenmal begegnet war. Mit welchem Erstaunen sie ihn, den Priester, angesehen

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