Die Stimme des Blutes
gleich inne, als der König in kaltem Ton sagte: »Roland, Ihr könnt doch Eure ehrenhafte Gesinnung nicht ganz verloren haben. Ihr müßt einsehen ...« Die Königin flüstere ihm etwas ins Ohr. Plötzlich funkelten Edwards Augen.
Mit freundlicher Stimme sagte Eleanor zu Daria: »Meine Liebe, habt Ihr es ihm denn nicht gesagt?«
Roland sprang auf. »Das geht zu weit! Bei allen Heiligen, was ist denn hier eigentlich los?«
»Ruhe, Roland!« sagte der König.
Auch Daria wäre gern aufgesprungen und hätte genauso laut geschrien wie Roland. Was wurde hier gespielt? »Ich verstehe überhaupt nichts mehr, Eure Hoheit. Wenn Ihr wissen wollt, ob ich ihm gesagt habe, daß ich ihn gern habe - nein, ich habe es ihm nicht gesagt. Ich wußte ja, daß ich ihm gleichgültig bin.«
»Verdammt noch mal, Daria! Was soll das heißen, daß du mir gleichgültig wärst?«
Der König gab Roland einen Stoß vor die Schulter. »Ihr seid ein mannhafter Krieger, im Bett so stark wie auf dem Schlachtfeld, Roland. Und nun habt Ihr eine Frau für Euch gefunden. Sträubt Euch nicht länger gegen Euer Schicksal! Die Königin und ich werden Pate stehen, und Ihr ...«
»Mannhaft? Was soll das heißen, was wollt Ihr damit...« Roland brach plötzlich ab und sah Daria an. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. »Sag es mir!« forderte er sie auf. »Sag es sofort! Sag mir, was hier gespielt wird!« Er fühlte sich bis in die tiefste Seele elend.
»Sie ist schwanger«, sagte die Königin.
Roland war wie vor den Kopf geschlagen. Schwanger! »Bei allen Heiligen, wer war es?«
Daria schüttelte ablehnend den Kopf, aber die Königin gab alle Zurückhaltung auf. »Ihr natürlich, Roland!« sagte sie scharf.
»Ich? Aber das ist unmöglich. Ich habe sie nie...« Wieder brach er ab. Jetzt war ihm alles klar. Der Graf hatte zwei Monate Zeit gehabt, sie zu vergewaltigen. Und bestimmt hatte er sich an ihr vergangen, wann immer er Lust dazu verspürte. Das Mädchen war schwanger, und der Graf von Clare war der Vater ihres Kindes! Er meinte an dem Haß auf diesen Mann fast zu ersticken. Und verdammt noch mal, Daria hatte ihm kein Wort davon gesagt, nicht mal eine Andeutung gemacht! Er holte tief Luft und sagte, zum König gewandt: »Verzeiht, Sire, aber ich würde gern mit Daria unter vier Augen sprechen. Wie Ihr und die Königin inzwischen wohl bemerkt habt, habe ich von alldem nichts geahnt. Daria, komm mit nach draußen!«
Sie gehorchte ihm auf der Stelle. Mit gesenktem Kopf folgte sie ihm, als ginge sie zu ihrer Hinrichtung.
Der König schaute dem Manne nach, den er seit sechs Jahren kannte, der im Heiligen Land unermüdlich für ihn gearbeitet, der mit jedem Atemzug, mit jedem Wort, das er auf arabisch sprach, sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, und dem er grenzenloses Vertrauen schenkte.
Ratlos sah er seine Gattin an. »Hier scheint mir irgendein Problem zu bestehen, Eleanor.«
Die Königin war nicht weniger verwirrt als er. »Ich hatte ihr noch nicht gesagt, daß sie schwanger ist. Ich wollte sie nicht in Verlegenheit bringen. Allerdings nahm ich an, daß sie es wüßte und daß Roland ihr Liebhaber ist. Ich würde sagen, daß sie das Kind vor etwa zwei Monaten empfangen hat. Aber es ist alles so merkwürdig. Offenbar ist ihr nie übel geworden, brauchte sich nie zu erbrechen, und daher hat sie nichts gemerkt.«
»So merkwürdig ist das gar nicht«, versetzte der König. »Bei unserem ersten Kind hat dich auch erst eine deiner Hofdamen darauf aufmerksam gemacht, daß du schwanger warst.«
»Das stimmt, Mylord. Bei allen Heiligen, was sollen wir machen? Ich wußte doch nicht, daß sie beide keine Ahnung davon hatten.«
»Sie werden heiraten, wie es sich gehört. Sie sind ranggleich, beide jung und bei bester Gesundheit.«
»Und sie liebt ihn.«
Mit einer Handbewegung bedeutete ihr der König, daß dies nebensächlich sei. »Roland wird zur Besinnung kommen, ihm bleibt ja keine Wahl, und grausam oder ungerecht ist er jedenfalls nicht. Sie ist eine Lady und reiche Erbin. Sie wird ihm eine Mitgift einbringen, mit der er Burg und Land in Cornwall erwerben kann, wie er es sich gewünscht hat. Eine gute Lösung. Ich könnte ihn sogar schon bald in den gleichen Rang erheben, den sein sauertöpfischer Bruder als Graf von Blackheath innehat.«
Die Königin interessierte sich mehr für die romantische Seite der Angelegenheit. »Das Mädchen liebt ihn mehr als ... nun ich möchte sagen, sie liebt Roland de Tournay so sehr wie ich dich liebe,
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