Die Stimme des Blutes
Königin wieder ein Kind im Leibe trug. »Ich danke Euch beiden, daß Ihr uns bei Euch aufnehmt. Jetzt würde ich mich aber gern wieder in einen Mann verwandeln, und Ihr gestattet wohl, Eure Hoheit, daß die junge Daria sich mit Kleid und Bändern schmückt?«
»Aber sicher«, sagte die Königin. »Kommt, mein Kind!«
Erst am späten Nachmittag sah Daria Roland wieder. Er trug wieder Männerkleidung und sah so schön aus, daß sie am liebsten zu ihm gelaufen wäre und ihm gesagt hätte, wie sehr sie ihn liebte. Doch er unterhielt sich gerade mit einigen Kriegern des Königs. So wartete sie, bis die Soldaten sich entfernt hatten. Dann erst ging sie zu ihm. Er wandte sich um und erstarrte. Wie sie ihn ansah! So zärtlich, intim und ... voll Liebe.
Er trat einen Schritt zurück. »Alles in Ordnung?«
»Ja«, sagte sie glücklich. »Meinst du, daß der Graf jetzt schon mit Tilda verheiratet ist? Er wird ihr doch nichts Böses tun, oder?«
»Ich nehme an, er wird sie zu seiner Geliebten machen.«
»Bist du wieder ganz gesund, Roland? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Ich wußte zuerst gar nicht, was ich tun sollte, als mir der Stallmann in Wrexham sagte, daß sich zwei Männer des Grafen für Cantor interessierten.«
»Ach, so war das«, sagte er. »Ich habe damals überhaupt nicht begreifen können, warum du ohne ein Wort plötzlich weggeritten bist. Ich machte mich sofort auf die Suche, kam auch noch die Treppe hinunter, bin dann aber zusammengebrochen.«
Sie streichelte über seinen Arm. Er fragte betroffen: »Daria, was ist mit dir los?«
Sie sah ihn liebevoll an, ließ ihn dann abrupt los und wandte sich ab. »Nichts. Was soll jetzt werden? Woher kennst du den König und die Königin? Ihr scheint befreundet zu sein. Ich habe gehört, daß wir morgen nach Tyberton reiten. Wie ist das möglich? Der Graf wird...«
»Glaube mir, es wird alles gut werden«, sagte er. »Ich bekomme auch mein Kampfroß zurück. Und du wirst bald auf dem Rückweg nach Reymerstone sein.«
Die Königin wußte inzwischen von Darias Gefühlen für Roland. Sie hatte Daria nur danach gefragt. Das Mädchen hatte ihr sofort ihre Liebe zu dem Ritter gestanden. Instinktiv nahm Eleanor an, daß Roland ihre Gefühle erwiderte. Das Mädchen war hübsch, reich und ... Beim Abendessen fragte ihn die Königin nach einem Schluck Süßwein aus Aquitanien: »Wollt Ihr sie schon vor unserer Abreise nach Tyberton heiraten, damit der Graf uns nicht gleich die Ohren volljammern kann?«
Roland fiel die geschmorte Rinderrippe aus der Hand. Dann sagte er schnell: »Eure Hoheit, ich gedenke, Daria zu ihrem Onkel zurückzubringen. Unversehrt und jungfräulich, so wie ich es ihrem Onkel versprach. Ich fürchte, Ihr seid einem Mißverständnis erlegen.«
Eleanor blickte fragend auf den König. Edward machte ein ernstes Gesicht. »Ich verstehe Euch nicht, Roland. Ihr seid ein Ehrenmann und mein Freund. Zwar habt Ihr den Auftrag angenommen, Daria zurückzubringen. Doch inzwischen hat sich die Lage geändert. Ihr seid selber die Ursache dafür, denn Ihr habt... nun, lassen wir das jetzt beiseite. Doch es muß Euch doch klar sein, daß ihr Daria jetzt nicht mehr zurückbringen könnt. Ihr habt die Verantwortung für sie. Sie ist eine Lady, Roland, Eure Lady ...
Roland verstand überhaupt nichts mehr. »Ich weiß gar nicht, wovon Ihr sprecht«, sagte er und sah Daria scharf an. »Selbstverständlich bin ich für sie verantwortlich. Das habe ich niemals in Absprache gestellt. Und ich bleibe so lange für sie verantwortlich, bis ich sie bei ihrem Onkel abgeliefert habe.«
Daria sah erst den König, dann die Königin an. Sie wollten, daß Roland sie heiratete? Und alles nur, weil sie der Königin gestanden hatte, daß sie ihn liebte? Sogar sie wußte, daß Liebe doch gar nichts damit zu tun hatte. Nicht wenn dabei eine so große Mitgift wie ihre im Spiele war.
Sie räusperte sich. Das Gesicht des Königs hatte sich gerötet. Bevor er ihr ins Wort fallen konnte, sagte sie: »Nein, Eure Hoheit, ich denke nicht daran, Roland zu bitten, er solle mein Mann werden. Ich gebe zu, daß ich vorübergehend in ihn verliebt bin, aber das hat gar nichts damit zu tun. Bitte, verärgert ihn nicht, nur weil ich zu Euch von meinen Gefühlen gesprochen habe! Ich werde versuchen, es ihm auszureden, daß er mich zu meinem Onkel zurückbringt. Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit für mich, auszurücken.«
»Aber mein liebes Kind«, begann die Königin, hielt jedoch
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