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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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umzusehen. Sie rief sich ins Gedächtnis zurück, wie Roland als Benediktinerpriester gewesen war. Das war Roland, ihr Freund und Retter, gewesen. Jetzt war er zu einem anderen Roland geworden. Einer, der sie haßte und für eine Lügnerin hielt. Sollte sie wieder als Gefangene ihr Leben fristen?
    Sie verließ verbotenerweise das Zimmer und ging vorsichtig die Treppe hinab. Als sie sich der letzten Windung näherte, hörte sie Rolands Stimme. Er sprach leise, doch sie verstand alles, und seine Worte schnitten ihr mehr ins Herz, als wenn er sie laut herausgebrüllt hätte.
    »Noch eine Nacht mit dir, Gwyn - nein, das geht nicht. Meine Frau ist jetzt hier.«
    Eine weiche, sehr weibliche Stimme antwortete: »Ach, die ist ja so dünn, und Ihr habt doch gar nichts für sie übrig. Ihr habt sie überhaupt nicht beachtet. Ich mache Euch auch wieder glücklich, Herr.«
    »Das mag ja alles stimmen, aber die Antwort heißt nein. Und nun will ich davon nichts mehr hören, Gwyn. Kümmere dich jetzt um das Abendessen! Wir haben Gäste, und die sollen doch nicht denken, daß sie hier im Schweinestall wohnen und nur Abfälle vorgesetzt kriegen.«
    Das Mädchen hieß Gwyn, und Roland hatte mit ihr geschlafen. Er hatte sie nackt gesehen, sie geküßt und sich mit ihr vereinigt. Daria empfand einen tiefen, unerträglichen Schmerz. Langsam, die Hände auf den Unterleib gepreßt, knickte sie in den Knien ein, bis sie auf der Treppenstufe saß. Aus ihrer Kehle kam ein leiser Klagelaut.
    Dieser Laut drang an Rolands Ohr. Er runzelte die Brauen, stieg die Treppe empor und blieb abrupt stehen. Sie hatte sein Gespräch mit Gwyn mitangehört!
    »Das heimliche Lauschen gehört also auch zu deinen Talenten, untreues Weib!«
    Treulos nannte er sie? Noch einmal stöhnte sie klagend auf.
    »Du hast mir wiederum nicht gehorcht, Daria. Ich hatte dir befohlen, im Zimmer zu bleiben. Nun hast du selber mitangehört, daß ich sie abgewiesen habe, weil du hier bist und ich dich nicht blamieren will. Sieh dich nur einmal an! Du sitzt da wie eine Steinfigur, blökst wie ein Schaf...«
    Sie sprang ihn so blitzschnell an, daß er völlig überrumpelt wurde. Ein harter Faustschlag traf ihn am Kinn. Er verlor das Gleichgewicht und stolperte. Noch einmal schlug sie zu. »Du Schweinehund!« schrie sie ihn an. »Du Hurensohn! Ich bin kein blökendes Schaf! Ich lasse mich nicht so von dir beleidigen!« Diesmal landete ihre Faust tief unter der Gürtellinie. Er stürzte die wenigen Stufen hinab und landete flach auf dem Steinfußboden des großen Saals.
    Im nächsten Augenblick saß sie auf ihm, schlug ihm mit den Fäusten in die Rippen und schrie noch lauter: »Ich hasse dich! Treuloser Betrüger! Du widerlicher Hund! Ich hasse dich!«
    Der große Saal wimmelte von Menschen. Auch Thomas und Dienwald waren noch da. Was sie zu sehen bekamen, verschlug ihnen die Sprache. Rasend vor Wut, leeren Blicks, packte Daria ihren Mann mit beiden Händen an der Kehle und drückte so fest zu, wie sie konnte.
    Dann griff sie in seine Haare und stieß seinen Kopf auf den Steinfußboden. »Du gehörst mir«, schrie sie in erneutem Wutausbruch, »aber du gibst dich mit anderen Frauen ab! Du brichst deine Schwüre, du hältst mir nicht die Treue! Und dann nennst du mich obendrein ein treuloses Weib! Und weil ich nichts dazu gesagt habe, sagst du, ich wäre ein dummes Schaf! Das hat ein Ende, Roland. Wenn du je wieder eine andere Frau anfaßt, dann bringe ich dich um! Ich schwöre es dir, ich bringe dich um!«
    Am ganzen Leibe bebend, zeterte sie weiter wie ein Fischweib. »Nie wieder, Roland! Sonst trete ich dir ins Gemächte und bringe dich um! Ich...«
    Mit einem Ruck machte er sich von ihr frei und legte sie möglichst sanft auf den Rücken. Im nächsten Augenblick kniete er zwischen ihren Beinen und warf sich auf sie.
    Daria hörte Gelächter im Saal. Erst von Männern, die unzüchtige Bemerkungen folgen ließen, und dann das Lachen einer Frau. Erst da wurde sie sich bewußt, daß sie von vielen Augen beobachtet wurden. Sie sah ihrem Mann in die Augen. Ihr Gesicht war leichenblaß.
    »Willst du mich schlagen?«
    »Dich schlagen? Was hast du denn mit mir gemacht? Du hast mir den Kopf aufklopfen wollen, als wäre er eine reife Melone! Du wolltest mich erwürgen. Du redest davon, daß du mich umbringen willst. Nein, ich werde es dir nicht mit Gleichem vergelten. Jedenfalls hast du allen hier eine schöne Vorstellung gegeben. Ich helfe dir jetzt beim Aufstehen. Aber wenn du es noch

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