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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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einmal wagst, mich anzugreifen, geht es dir schlecht. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, ich habe dich verstanden.«
    Er hievte sie hoch. Im nächsten Augenblick stieß sie ihm das Knie zwischen die Beine. Wellen von Übelkeit fluteten durch seinen Körper. Der Schmerz raubte ihm jede Kraft. Er faßte sich an die getroffene Stelle und brach in die Knie.
    Die Männer hörten auf zu lachen und obszöne Witze zum besten zu geben. Erst jetzt wurde Daria bewußt, was sie getan hatte. Sie hob den Kopf. Alle starrten sie schweigend mit entsetzten und ungläubigen Mienen an. Da raffte sie die langen Röcke und floh aus dem großen Saal.
    Sie rannte und rannte. Einmal stolperte sie auf dem unebenen Pflaster. Sie rannte weiter. Durch das hochgezogene Fallgitter und den schmalen, hohen Tunnel, der aus dem inneren in den äußeren Burghof führte, rannte sie, bis sie vor den offenen Toren ankam, und rannte immer weiter, während ihre Seiten stachen. Jetzt war sie außerhalb der Burg, wo viele Leute bei der Arbeit waren. Aber keiner versuchte sie aufzuhalten.
    Sie rannte, bis ihre Beine sie nicht mehr weitertrugen und sie auf einem Abhang ins weiche Gras fiel. Hier überschlug sie sich und rollte bis nach unten in den abgerundeten Graben. Dort blieb sie regungslos liegen. Sie konnte kein Glied mehr bewegen. Plötzlich überfiel sie namenlose Angst. Wenn nur ihr Kind nicht durch ihre Flucht aus der Burg und den Sturz Schaden erlitten hatte! Warm drang die Sonne durch die Kleidung bis auf die Haut. Sie wollte nur noch sterben.
    Aber dazu kam es nicht.
    Als Roland sie dort unten, die Wange an das weiche grüne Gras gepreßt, die Augen geschlossen, liegen sah, hielt er sie für tot. Von Angst gejagt, lief er zu einem weniger steilen Stück des Hangs, wo er zu ihr gelangen konnte, ohne zu fallen oder abzurutschen.
    Er ließ sich neben ihr auf die Knie nieder. »Daria!«
    Langsam rappelte sie sich in eine kniende Stellung auf.
    »Bist du verletzt?«
    Sie sah ihm in die Augen. »Ich hoffe nur, ich habe dich so getroffen, daß du Gwyn keine Freude mehr machen kannst. Ich hoffe, daß du für keine Frau mehr taugst.«
    Roland atmete tief auf. Diese Worte zerstreuten alle seine Ängste.
    Ihre Augen waren geweitet. Keuchend fuhr sie fort: »Ich hoffe, du ziehst wieder ins Heilige Land, findest Leila und Cena und sagst ihnen, daß du leider kein Mann mehr bist und daß ...«
    Er verschloß ihr den Mund mit der Hand. »Das reicht, verdammt noch mal.«
    Er zog sie an sich, bis ihr Gesicht dem seinen ganz nahe war. »So, Madam, nun geht's zurück. Du hast mir eine Menge Ärger gemacht. Philippa behauptet allerdings, deine Gewalttätigkeiten wären durch die Schwangerschaft ausgelöst worden, du hättest nicht mehr klar denken können... bei den Heiligen, sie hat dich auch noch in Schutz genommen, obwohl du mich zu Boden gestreckt hast.«
    »Ja, ich habe dich zu Boden gestreckt. Ich habe dich dazu gebracht, daß du vor mir auf die Knie gefallen bist.«
    »Daria, ich empfehle dir, daß du jetzt den Mund hältst und später auch. Du hast dich wie eine Halbirre aufgeführt. Ich kann dich wirklich nicht mehr verstehen. Kommst du nun freiwillig mit, oder soll ich dich hier verprügeln?«
    Sie fragte sich, ob er sie wirklich verprügeln würde. Und würde sie dann weinen und ihn anflehen, damit aufzuhören? Nein. Lieber sterben, als ihm dieses Vergnügen gönnen. »Schlägst du mich mit der Hand, oder greifst du zur Peitsche?«
    Roland verstand sie ebensowenig wie sich selbst. Da hatte sie nun einmal gezeigt, was in ihr steckte - mehr noch, als er gewünscht hatte - und dann drohte er ihr mit Prügeln! Er bereute tief, so etwas ausgesprochen zu haben. In seinem ganzen Leben hatte er nie eine Frau geschlagen. Er verachtete Männer, die eine Frau schlugen, gleich aus welchem Grunde, und hielt sie für Tiere. Und doch hatte er ihr eben damit gedroht, und sie hatte die Drohung ernst genommen. Dabei mußte sie doch wissen, daß er dessen gar nicht fähig war. »Ich greife nie zur Peitsche, nicht mal bei störrischen Tieren.«
    Sie staubte ihr Kleid ab, streckte den Rücken und stand auf. Dann machte sie sich auf den Rückweg.
    Auf einmal sah sie die vielen Schafe. Selbst die Luft roch nach ihnen. Sie sah die dicht mit grünen Bäumen bewaldeten sanften Hügel. Dies Land war von einer stillen Schönheit.
    »Wie weit sind wir hier vom Meer entfernt?«
    Roland starrte sie an. Wie kam sie plötzlich auf diese Frage? »Ungefähr zwölf Meilen.«
    »Willst du mich

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