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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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vor Dienwalds und Philippas Augen demütigen?«
    »Du hast mich ja auch vor ihren Augen angegriffen. Warum sollte ich es nicht ebenso machen?«
    »Warum hast du mit diesem Mädchen geschlafen?«
    Achselzuckend erwiderte Roland: »Sie ist hübsch, sauber und sinnlich. Ich hatte Verlangen nach einer Frau. Sie war greifbar, willig und zeigte viel natürliche Begabung.«
    »Ach so ist das also. Jede Frau - jede hübsche Frau - gilt für dich als greifbar. Das gefällt mir überhaupt nicht, Roland. Aber ich sehe jetzt, daß ich nichts dagegen unternehmen kann.«
    »Du hast doch selber gehört, wie ich Gwyn gesagt habe, daß ich nicht mehr zu ihr kommen werde.«
    »Ich verstehe. Dein männlicher Ehrenkodex gebietet dir, nicht mit anderen Weibern zu schlafen, wenn deine Frau da ist. Ich bin hoch erfreut über diesen Beweis männlicher Ehre und Keuschheit. Doch mir ist es ganz egal, was du machst. Von mir aus kannst du alle Dirnen begatten, die dir gefallen. Es läßt mich gleichgültig. Dann vergreifst du dich wenigstens nicht an mir, wofür ich allen Heiligen nur danken kann. Du hast mir ja doch nur weh getan ...«
    »Ein einziges Mal, verdammt! In unserer Hochzeitsnacht.«
    »Nein, zweimal. In der Hochzeitsnacht und vorher in jener Nacht in Wrexham.«
    Er fluchte lange und laut. Er war doch immer ein aufrechter, alles andere als niederträchtiger Mann gewesen. Jedenfalls bis er seine Frau, diese nichtsnutzige Lügnerin, kennengelernt hatte.
    »Eigentlich müßte ich dich nach Wolffeton zurückschicken. Aber ich bezweifle, daß Graelam dich noch einmal aufnehmen will. Nein, ich will ihn gar nicht erst danach fragen. Wenn du ein paar Wochen bei ihm verbracht hast, würdest du ihm möglicherweise einreden wollen, das Kind in deinem Leibe wäre von ihm.«
    Bevor sie ihm ins Gesicht schlagen konnte, hielt er sie am Handgelenk fest. »Schlag mich nie wieder, Daria! Ich warne dich. Nie wieder!«

17
    Zur Überraschung aller Gäste wurde ihnen ein köstliches Abendessen aufgetischt. Der Brathering war erstklassig und zerging auf der Zunge, das Rindfleisch war mit Kräutern gewürzt, die Daria gar nicht kannte, Gemüse und Kartoffeln schmeckten vorzüglich. Ja, plötzlich kam Daria sogar der große Saal warm und gemütlich vor.
    »Ihr wundert Euch über die Qualität der Speisen, Daria«, sagte Sir Thomas lächelnd. »Das liegt daran, daß das Essen eine der wenigen Freuden ist, die einem in meinem Alter noch verbleiben. Ich frage mich nur, was Euer Mann sagen würde, wenn ich ihn bäte, meinen Koch mitnehmen zu dürfen.«
    »Ich würde dem Manne nachjagen, Sir Thomas, und ihm alle möglichen Vergünstigungen anbieten, wenn er bei mir bliebe.«
    »Wo habt Ihr denn diesen göttlichen Koch aufgetrieben, Sir Thomas?« fragte Dienwald und kaute an einem süßen Mandelbrot, von dem der dunkle, bernsteinfarbene Honig nur so herabtriefte. »Könnte ich ihn Euch vielleicht mit Hilfe meiner gewitzten schönen Frau unter der Hand stehlen?«
    Alle lachten, auch Daria. Vor wenigen Stunden hatte sie noch gedacht, sie würde nie wieder etwas zu sich nehmen und nie wieder lächeln, und jetzt futterte sie und lachte, bis ihr die Rippen weh taten.
    »In Wirklichkeit ist mein wunderbarer Koch eine gebückte, alte Frau«, sagte Sir Thomas. »Allerdings behauptet sie, ihre Urururgroßmutter habe noch für William den Eroberer gekocht. Aber macht Euch keine Sorgen! Ich nehme sie nicht mit. Ich glaube nämlich, daß sie diese Wunder nur auf Thispen-Ladock vollbringen kann.«
    »Dafür bin ich aufrichtig dankbar«, sagte Daria.
    Roland kaute nachdenklich an einem Stück vom zarten Hammelschmorbraten. »Dann verstehe ich nicht, wie Ihr bei dieser Kost so schlank bleibt, Sir Thomas. Normalerweise müßte man doch dick werden wie ein Hermelin.«
    »Das sagt Ihr, ein jungverheirateter Ehemann, Roland? Pfui über Euch! Ihr werdet viel zu sehr mit Eurer Frau beschäftigt sein, als daß Ihr Fett ansetzen könntet.«
    »Ja, da habt Ihr recht«, ließ sich Dienwald vernehmen. Er stand auf, zog den Waffenrock hoch und zeigte seinen nackten Oberkörper. »Sieh dir das an, Roland, und habe Mitleid mit mir! Noch vor
    wenigen Wochen konnte ich mich eines prächtigen Männerkörpers rühmen. Aber jetzt stehen mir die Rippen wie Zaunlatten heraus, und alles nur, weil meine junge Frau so hohe Ansprüche an mich stellt. Ich muß mehr Schwerarbeit bei ihr leisten als meine Ochsen auf dem Acker. Dieses herrliche Essen wird mir dazu verhelfen, wenigstens noch einen weiteren

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