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Die Stimme des Daemons

Die Stimme des Daemons

Titel: Die Stimme des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grant McKenzie
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bringen, doch Sam hatte abgelehnt. Sie hatten ihm gesagt, dass er die Stadt nicht verlassen solle, ansonsten hatten sie jedoch keine Vorschläge gemacht, was er jetzt anfangen sollte.
    Die Tatsache, dass er obdachlos war, kein Geld in der Tasche hatte und sich in seinem ganzen Leben noch nie so elend gefühlt hatte, schien ihnen nicht in den Sinn zu kommen.
    Er wanderte ziellos um das Gebäude herum, füllte seine Lunge mit Sauerstoff und kämpfte gegen den unbändigen Drang an, sich in ein tiefes Loch fallen zu lassen und für immer zu verschwinden. Während er das Haus betrachtete, fiel sein Blick auf berühmte Zitate zum Thema Recht und Gerechtigkeit, die in die Mauer eingraviert waren. Er las sie im Gehen, nach irgendeiner tröstlichen Botschaft suchend.
    Schließlich blieb er an der Südwestecke unter den Worten von Martin Luther King stehen, einem Mann, der die unerträgliche Last des Verlusts kannte.
    Ungerechtigkeit irgendwo ist eine Bedrohung für die Gerechtigkeit überall .
    Millionen Menschen hatten aus diesen Worten Trost und Mut geschöpft, aber an diesem Tag wirkten sie seltsam leer. Sam kümmerte sich nicht um Gerechtigkeit.
Was hatte Gerechtigkeit mit etwas so Sinnlosem wie dem Verlust der Familie zu tun?
    »Hey, Mister! Mr. White! Das ist für Sie.«
    Sam wandte sich der Stimme zu und blinzelte erst einmal, um klarer zu sehen. Er war einen Moment lang überrascht, dass er immer noch vor dem Justice Center stand, auch wenn er nicht hätte sagen können, wo er sonst sein sollte.
    Ein Fahrradbote mit einem plumpen übergroßen Helm und einer rot getönten Sonnenbrille hielt ihm einen gefütterten braunen Umschlag hin.
    »Das muss ein Irrtum sein«, sagte Sam. »Ich bin nicht der, den Sie suchen.«
    »Sind Sie Sam White?«
    »Ja, aber …«
    »Dann ist es für Sie, Mann.«
    Sam nahm den Umschlag entgegen.
    »Aber wie …«
    Der Bote stieg aufs Rad, ohne sich noch einmal umzublicken, und trat kräftig in die Pedale. Nachdem er um die Ecke gebogen war, hörte man lautes Hupen und Reifen quietschen, aber es folgte kein Zusammenprall.
    Sam drückte den Umschlag und fühlte etwas Kleines, Hartes, etwa so groß wie ein Stück Seife.
    Er blickte sich um und betrachtete die Gesichter der Passanten und die vorbeifahrenden Autos. Er sah einen silberfarbenen Mercedes, der vorne an der Ecke bei Gelb über die Kreuzung fuhr. Die hinteren Fenster waren dunkel getönt.
    In Sams Hand begann der Umschlag zu klingeln.
Sam zögerte nur einen Moment lang, dann riss er den Umschlag auf und zog ein kleines Handy hervor. Es war keine Nachricht dabei.
    Beim fünften Klingeln meldete sich Sam.
    »Hallo?«
    »Hören Sie gut zu, Mr. White«, sagte eine Stimme, die elektronisch verfremdet war, sodass sie tiefer und langsamer klang als gewöhnlich. »Ihre Frau und Ihre Tochter sind am Leben.«
    »Was?«, fragte Sam etwas lauter.
    »Die tote Frau und das Kind«, fuhr die Stimme langsam und überlegt fort, »sie sind nicht mit Ihnen verwandt.«
    Sam taumelte ein paar Schritte zurück, wie von einem Schlag getroffen. Er lehnte sich gegen die Mauer des Justizgebäudes, dessen mächtiges Fundament nicht massiv genug zu sein schien, um ihn aufrecht zu halten.
    »Wovon reden Sie da?«
    »Die Leichen, die aus dem Feuer geborgen wurden, sind nicht die von Ihrer Frau und Ihrem Kind. Hannah und MaryAnn sind noch am Leben.«
    Sam rieb sich das Gesicht, und die Pupillen seiner Augen weiteten sich. »Wer sind Sie? Was ist das für ein krankes Spiel?«
    »Kein Spiel, Mr. White«, antwortete die ruhige monotone Stimme. »Wenn Sie sie nicht wieder verlieren wollen, dann tun Sie jetzt genau das, was ich Ihnen sage.«
    »Sie Dreckskerl!«
    »Sie werden für drei Tage meine Anweisungen befolgen. Wenn Sie alles ausführen, dann werden Sie Ihre
Lieben wiedersehen. Wenn Sie mich in irgendeiner Weise enttäuschen, werde ich sie beseitigen.«
    »Warum tun Sie das?«, fragte Sam fast hysterisch.
    Die Stimme sprach ohne Pause weiter.
    »Wenn die Polizei draufkommt, dass die Leichen andere sind als sie vermutet haben, dann werden sie nach Antworten suchen. Nachdem Sie ihnen auch nicht weiterhelfen können, werden Sie ihnen lieber aus dem Weg gehen wollen. Sie haben die Wahl. Wenn Sie die Polizei einschalten oder nicht erreichbar sind, wenn ich Sie anrufe, werden Sie Ihre Familie verlieren.«
    »Kann ich mit ihnen sprechen?«, platzte Sam heraus. Tränen aus einer Quelle, die er für längst ausgetrocknet gehalten hatte, traten ihm in die Augen, und er sah und

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