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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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lachte dröhnend. »Ach, Graelam, ich kann es gar nicht abwarten zu sehen, wie Ihr Euch beim Abendessen der schmachtenden Avancen all dieser Damen erwehren wollt! Bei mir ist das Fleisch leider schwach. Ich lasse Euch vom Oberhofmeister ein Zimmer zuweisen.«
    »Morgen muß ich wieder fort, Charles. Aber für diese Nacht nehme ich gern Eure Gastfreundschaft in Anspruch.«
    »Zurück zur errötenden Braut, wie?«
    »Ja«, sagte Graelam, »ich muß zurück.«
    Als Graelam mit seinen Männern am folgenden Morgen St. Pol-de-Leon verließ, war er sehr schweigsam. Sie ritten an der unfruchtbaren Küste entlang, die pausenlos von den erbarmungslosen Meerwinden gepeitscht wurde. Kein Strauch, keine Blume. Doch Graelam nahm die Umgebung kaum wahr. Er dachte an seine Begegnung mit Geoffrey de Lacy am gestrigen Abend. Dem Herzog hatte es großes Vergnügen bereitet, Geoffrey de Lacy Graelam vorzustellen. Er weidete sich an der Wut des Mannes. Denn Geoffrey war wütend.
    »Ihr müßt Graelam de Moreton in Eurer Familie willkommen heißen«, sagte Charles in gemütlichem Ton, und seine Augen blitzten in teuflischer Freude beim Anblick des jäh erbleichenden Geoffrey.
    Geoffrey war von solcher Wut erfüllt, daß er in diesem Augenblick nur an den Dolch in seinem Gürtel denken konnte.
    »Ich habe viel von Euch gehört«, sagte Graelam und maß Geoffrey mit einem Blick. Graelam schätzte, daß Geoffrey de Lacy etwa fünf Jahre jünger war als er, ein großer, schlanker Mann mit breiten Schultern und einem angenehmen Gesicht. Aber es waren seine Augen, die Graelam fesselten. Er fragte sich, ob Geoffrey seine Gesichtszüge von seinem Vater oder von seiner Mutter geerbt haben mochte.
    Geoffrey fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe.
    »Ich wußte gar nicht«, sagte er mit einer Stimme, die ebenso eisig war wie seine Augen, »daß mein geschätzter Onkel einen Engländer kennt.«
    »Ach«, sagte Graelam beiläufig und wußte dabei, daß sich der Herzog mächtig amüsierte, »ich habe ihn erst vor kurzem kennengelernt. Es war so, daß ich ihn in Aquitanien aus den Händen einer Mörderbande rettete.« Er sah das Schuldbewußtsein, den Schreck und die Enttäuschung in Geoffreys Blick und dachte: Maurice hat mit seinen Schlüssen recht gehabt.
    Geoffrey begriff, daß er sich beherrschen mußte, denn der Herzog stand voller Aufmerksamkeit dabei. Wie gern hätte er jetzt diesem englischen Schweinehund die Kehle aufgeschlitzt!
    »Dafür gab er mir«, fuhr Graelam kühl fort, »die schöne Hand Kassias und Belleterre zum Geschenk. Ich gedenke ... meinen Besitz sehr hoch zu schätzen.«
    »Kassia ist noch zu jung«, sagte Geoffrey, und seine Stimme verriet seinen Schmerz. »Sie ist so unschuldig und vertrauensvoll...«
    »Jetzt nicht mehr«, sagte der Herzog lachend. »Jedenfalls nicht mehr unschuldig. Lord Graelam ist ein überaus leidenschaftlicher Mann, was seine junge Braut bestimmt inzwischen erfahren hat.«
    Geoffrey stellte sich vor, wie Graelams kräftiger Körper nackt auf Kassia lag, wie er heftig in sie hineinstieß.
    Unfähig, seine Wut zu bezähmen, knurrte er: »Kassia sollte die Meine werden.«
    »Ich rate Euch, Kassia und Belleterre zu vergessen«, sagte Graelam. »Dafür solltet Ihr Eurer eigenen Burg Beaumanoir mehr Aufmerksamkeit schenken.«
    »Das ist eine gemeine Beleidigung, Mylord!« rief Geoffrey aufflammend, und seine Hand fuhr zum Dolch.
    Bevor er wußte, wie ihm geschah, wurde sein Arm mit eisernem Griff umklammert. »Nur Ruhe, mein Bübchen, oder ich breche Euch das Genick. Solltet Ihr jemals wieder lüstern nach Belleterre Ausschau halten, dann findet Ihr Euch ohne Kopf im Staub wieder.«
    Geoffrey bekam Angst. »Ihr werdet das noch bedauern, Mylord«, sagte er. Dann riß er seinen Arm aus Graelams Griff und schritt aus dem Gemach.
    Feiner Nieselregen setzte ein. Graelam zog den Mantel fester um sich. Er fluchte, weil es ihm nicht gelang, Kassias zerstörtes Gesicht aus seinen Gedanken zu bannen. Das arme Kind war jetzt schon tot und begraben, Geoffreys perversen Lüsten für immer entzogen. Graelam fragte sich, ob er nicht doch nach Belleterre zurückkehren sollte. Aber nein, er mußte Maurices Wunsch achten. Wie lange konnte Kassias Tod wohl geheimgehalten werden? Er rechnete damit, daß er in Jahresfrist zurückkehren müsse, um Belleterre vor Geoffreys Habgier zu retten.
    Graelam stellte sich vor, wie er Geoffrey das Schwert in den Leib stoßen würde, und lächelte grimmig.

5
    Kassia war in Dunkelheit

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