Die Stimme des Feuers
gefehlt«, sagte er.
»Du mir auch, Mylord.« Sie lächelte ihn an, aber er sah, daß sie mit den Händen nervös an den Falten ihres Rocks zupfte.
»Erst vier Tage vergangen, und du hast schon wieder Angst vor mir?«
»Nein, ich habe keine Angst vor dir, Mylord.«
»Na, da bin ich ja froh. Und du weißt, wie du mir Erleichterung verschaffen kannst?«
»Dein Arm!« sprudelte sie heraus. »Die Wunde wird wieder aufplatzen!«
»Da könnten nur ein paar Stiche aufplatzen, und der Verband sitzt fest. Ich möchte dich bitten, mir aus den Kleidern zu helfen.«
Sie tat ihm den Gefallen. Sie sprach kein Wort mehr, bis er nackt vor ihr stand. Sein Verlangen nach ihr war deutlich sichtbar. Sie wich zurück. »Wollen wir Schach spielen?« rief sie. »Ich spiele wirklich recht gut, Mylord. Möchtest du ...«
»Kassia, ich will jetzt nicht Schach spielen. Ich will dich nackt im Bett haben.«
»Mylord«, sagte sie mit erzwungener Ruhe, »ich möchte mich nicht... ich kann mich nicht nackt ausziehen!«
Er runzelte die Stirn. »Du kannst von unseren letzten Zusammensein nicht mehr wund sein. Es ist fast fünf volle Tage her.«
»Ich bin ja auch nicht wund.«
»Kassia, sieh mich an!«
Sie wäre am liebsten in dem mit frischem Schilfrohr ausgelegten Fußboden versunken.
»Ich habe dir doch gesagt, daß es beim nächstenmal nicht mehr weh tun wird.« Es störte ihn sehr, daß sie nicht nach ihm verlangte.
»Ich weiß«, sagte sie leise. »Ich würde ja gern zu dir kommen, Mylord, aber ich kann nicht. Bitte, ich ...«
Er lachte laut auf, packte sie und zog sie fest an sich. »Kassia, du benimmst dich albern«, sagte er, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küßte sie. »Liebling«, sagte er dann lächelnd, »es ist deine Monatsblutung, nicht wahr?«
Sie nickte, stumm vor Verlegenheit.
»Das ist überhaupt kein Problem, du wirst es sehen. Komm jetzt! Ich helfe dir beim Ausziehen.«
Sie stand wie zu Stein erstarrt.
Graelam ließ sie langsam los. Sie schämte sich wohl zu sehr. Sein
Verlangen nach ihr ließ nach. »Hast du Unterleibsbeschwerden?« fragte er liebevoll.
»Nein«, flüsterte sie. »Das ist es nicht, Mylord.«
»Ich weiß. Wie lange dauert es noch?«
»Noch einen Tag oder so.«
»Dann komm ins Bett, wenn du möchtest«, sagte er. Er ließ sich auf die weiche, mit Federn und Stroh gefütterte Matratze nieder. Als sie sich neben ihn legte, zog er sie an sich. Sie machte sich steif wie ein Brett. Er küßte sie zärtlich auf die Stirn.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie an seiner Brust. »Ich habe nie über solche Dinge gesprochen, außer mit Etta.«
»Ich bin dein Mann«, sagte er. »Mit mir kannst du über alles sprechen.«
»Das hat mein Vater auch gesagt.«
»Dein Vater«, wiederholte Graelam ausdruckslos.
»Du mußt wissen«, sagte sie nach einer Weile und stützte sich auf einen Ellbogen, »daß bei mir die Monatsblutung sehr spät eingesetzt hat. Als ich fünfzehn war, sah mich ein Graf aus Flandern am Hofe Charles de Marceys. Er sagte meinem Vater, daß er mich zur Frau nehmen wolle. Etta machte daraufhin meinem Vater klar, daß er mir noch Zeit lassen müsse. Er war außer sich, weil ich es ihm nicht selber gesagt hatte. Aber ich hatte mich zu sehr geschämt.«
»Was ist aus dem Grafen geworden?« wollte Graelam wissen.
»Sobald Vater und ich wieder in Belleterre waren, konnte ich ihn davon überzeugen, daß er mich unbedingt als Hausfrau brauchte. Darüber vergaß er den Grafen.«
»Und wirst du mir beweisen, daß ich dich ebenso brauche?«
»Selbstverständlich«, sagte sie. »Hat dir nicht heute schon der Wein besser geschmeckt?«
Graelam schmunzelte im Dunkeln. Nun gut, dann mußte er eben noch einen Tag ... oder so warten. »Vielleicht spielen wir morgen abend Schach«, sagte er.
Graelam hatte allerlei am Hals. Einmal machte er sich Sorgen um Dämons geschwollenes Sprunggelenk. Dann ärgerte er sich darüber, daß sein Körper sofort reagiert hatte, als Nan ihn absichtlich beim Bedienen streifte und ihn dabei herausfordernd ansah. Und schließlich hatte sich auch noch Blanche bei ihm ausgeweint.
Seufzend trat er in sein Zimmer. Kassia war so in ihre Näharbeit vertieft, daß sie ihn nicht kommen hörte. Sein Blick fiel auf den Stoff auf ihrem Schoß. Da verging ihm das Lächeln. Kassia saß über einem einmalig schönen burgunderroten Samtstoff, den er aus Genua mitgebracht hatte.
»Was machst du denn da?«
Kassia fuhr auf und stach sich vor Schreck in den Daumen.
Graelam
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