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Die Stimme des Nichts

Die Stimme des Nichts

Titel: Die Stimme des Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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tun?«
    »Nur zuhören. Ich habe Dinge erlebt, die ich mir nicht erklären kann. Oder ich will vielleicht nicht mehr davon begreifen als bisher.«
    Sie war offen mitfühlend – und er nahm es dankbar an. »Es scheint um dein Talent zu gehen.«
    Er nickte, soweit das in Bauchlage möglich war. »Ja, und um einige andere Sachen. Ob die allerdings etwas mit meinem Talent zu tun haben, weiß ich nicht. Ich habe Vermutungen, mehr aber auch nicht.« Er seufzte schwer. »Die Projektion ist immer anstrengender als das Horchen. Du bist mit mir nicht so weit rausgefahren, um dir meine Probleme anzuhören. Das hättest du auch in der Stadt tun können.« Er nahm ihre linke Hand.
    Sie sah auf ihre verschränkten Finger, dann in seine Augen. »Bill würde das nicht gut finden.« Doch sie entzog ihm die Hand nicht.
    So schliefen sie in der Sonne ein, dicht beieinander, aber von den Händen abgesehen ohne körperlichen Kontakt. Clarity war so entspannt, dass sie nicht einmal der Gedanke, der Breagar könnte zurückkommen, aufschrecken konnte. Wenn, dann würde dieser bemerkenswerte Mann neben ihr dafür sorgen, dass sich das Tier selbst bedauerte oder sein Tötungswille in Zufriedenheit unterging oder sonst wie ungefährlich wurde.
    Es war ein vollkommener Nachmittag an einem vollkommenen Tag: vollkommen normal für Nur. Bei dem weichen Pflanzenpolster unter der Decke, dem leichten Wind, der vom See heranwehte, und der allmählich sich nach Westen neigenden Sonne ging es ihr richtig gut. Mit Absicht stellte sie sich nicht die Frage, ob das eine ehrliche Reaktion auf die Ereignisse des Tages war oder eine emotionale Ausstrahlung ihres Begleiters, der sie mit ihrer augenblicklichen Situation möglichst zufrieden stimmen wollte. Sie beschloss, ihn beim Wort zu nehmen.
    Schließlich, so dachte sie kurz vor dem Einschlafen, gab es nichts, was sie dagegen tun konnte. Wenn er sie anlog, würde es eine Weile dauern, bis sie es erkannte.
    Auch, so begriff sie, wenn er sie darüber nicht belog und nicht die Absicht hatte, sie für immer darüber zu täuschen, was sie tatsächlich fühlte und was das Ergebnis seiner Projektion war. Solches Denken, befand sie, konnte sehr gut direkt in den Wahnsinn führen. Oder zumindest in einen verzwickten Wust von Gedanken, die sich beständig widersprachen. Wenigstens könnte er die nicht lesen.
    Sie wusste, was sie für ihn empfand, sagte sie sich energisch. Und das war nicht das Ergebnis einer geistig-emotionalen Projektion. Was sie dagegen nicht wusste, war, was sie damit anfangen sollte.
    Wenn er dafür eine überzeugende Lösung projizieren könnte, wäre er talentierter, als sogar er selbst vermutete.

7
     
    Es war dunkel in der Tiefe und tief in der Dunkelheit. Sie wusste nicht, wo sie war, aber es war sehr, sehr kalt. Die Arme um den Oberkörper zu schlingen nützte nichts. Nichts nützte etwas. Es war eine Kälte, die anstatt in einen vorzudringen, aus einem selbst zu kommen schien und von innen bis zur Haut vordrang. Nicht die Kälte, bei der man fror, sondern bei der man alles Gefühl verlor.
    Sie tastete nach ihren Beinen, doch die Finger meldeten nichts an ihr Gehirn. Obwohl sie sich spürte, gab es keine Reizübermittlung von den Fingerspitzen und den Körperstellen, die sie berührte. Wenn sie auf die Haut drückte, spürte sie keinen Druck. Kratzen mit den Fingernägeln erzeugte keinen Schmerz. Sie kniff die Augen zusammen und stellte fest, dass das Gefühl der sich zusammenziehenden Falten um die Augen ausblieb. Es war zu kalt.
    Sie war nicht allein in der Dunkelheit.
    Da war eine Präsenz, etwas, das nirgendwo und zugleich überall war, und plötzlich wusste sie, dass das die Quelle dieser Kälte war. Es hatte keine Begrenzung, keine Gestalt, keine Form. Seine Existenz ergab sich allein aus der Tatsache, dass es pulsierte. Es mochte eine Welle sein, eine eisige Woge von Partikeln oder ein schlagendes Herz. Bei einem Schlag meinte sie, schon immer davon gewusst zu haben, und einen Moment später verkörperte es etwas vollkommen Unbekanntes.
    Ohne zu wissen, dass es mehr war als die Quelle betäubender Kälte, fühlte sie instinktiv, dass es ihr am meisten nützte, wenn sie sich nicht bewegte und, wenn möglich, nicht atmete. Weiter reichte ihre menschliche Neugier nicht. An einem gewissen Punkt setzte ihr primitiver Menschenverstand ein und befahl ihr, still zu bleiben – nicht dass sie irgendein Geräusch hätte machen können –, sich nicht zu rühren – nicht dass sie mehr bewegen

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