Die Stimme des Nichts
Körper verschnürt war, angefangen bei den Händen und Füßen. »Das haben schon gerissenere Leute versucht als William Ormann.«
»Ich weiß, trotzdem habe ich mir Sorgen gemacht.« Mit seiner Hilfe setzte sie sich auf und rieb sich die Handgelenke. »Er ist verrückt geworden, Flinx, vollkommen verrückt, auf seine ruhige, kontrollierte, eiskalte Managerart. Ich habe ihm gesagt, er würde dir nichts anhaben können.« Sie sah auf, und ihr Blick bohrte sich in seine Augen. »Es liegt mir nichts daran, recht zu behalten, aber diesmal bin ich wirklich froh darüber.«
»Ich auch.« Er griff ihr beim Aufstehen unter die Arme und stützte sie, bis sie wieder Gefühl in den Beinen hatte. Sie war überrascht, wie kräftig er geworden war. Dass sie so stark geschwitzt hatte, machte es ihm schwer, sie festzuhalten und dabei heikle Stellen zu meiden. Nach ein oder zwei Minuten wagte er, sie loszulassen.
»Ist gut, Flinx, ich kann jetzt alleine stehen.«
Er wandte sich Scrap in dem Käfig zu. Der Verschluss war für einen alten Hasen keine Herausforderung. Innerhalb weniger Minuten war Scrap befreit. Der Minidrache reckte die Flügel, dann schwang er sich lustvoll in die Höhe. Pip drehte Pirouetten, und das Luftballett setzte sich noch ein Weilchen fort, bevor die beiden am Boden landeten und, die Flügel an die rautenförmig gemusterten Seiten gelegt, die Oberkörper zärtlich umeinander schlangen.
Mit noch unsicheren Schritten ging Clarity auf die Tür zum Hauptraum zu. Flinx legte ihr hastig den Arm um den Rücken, um sie zu stützen.
»Ich hab Durst«, sagte sie. »Ein bisschen Wasser wäre jetzt gut.«
Er ließ sie los und ging voraus in die Küche, wo er ein Glas aus dem Schrank nahm und aus dem Hahn an der Spüle füllte, jedoch erst nachdem er es mit dem Analysator, den er stets bei sich trug, geprüft hatte. Es war nichts anderes in dem Glas als gutes, ordinäres Wasser.
Clarity nahm es mit beiden Händen und trank gierig, drängte sich schließlich an ihm vorbei, um es erneut zu füllen. Erst als sie es zum zweiten Mal geleert hatte, war sie imstande, Flinx mit dem vertrauten Lächeln anzublicken, das er inzwischen so sehr mochte.
Er deutete auf die offene Hüttentür. »Ich hab draußen einen Flugwagen. Kannst du es bis dahin schaffen?«
»Ich würde selbst auf allen vieren und durch Schlamm kriechen, um von hier wegzukommen.« Sie warf einen Blick über die täuschend schlichte Einrichtung. »Komisch, eigentlich habe ich für solche Hütten etwas übrig. Andererseits hatte ich auch mal für Bill etwas übrig.« Sie wollte schon losgehen, bemerkte aber, dass Flinx zögerte. »Ist noch etwas?«
»Ich …« Mit plötzlich zittriger Hand betastete er seine Gesichtsmaske, doch der Filter saß richtig und dicht. Da konnte nichts durchdringen. »Mir ist auf einmal ganz komisch.« Er machte einen Schritt rückwärts. Clarity folgte ihm alarmiert.
»Flinx? Flinx, was hast du? Geht es dir gut?«
»Ja.« Ängstlich sah sich Clarity in dem Raum um. Sie konnte nichts Ungewöhnliches riechen, hören oder spüren. Die Tür stand offen, es kam frische Luft herein. Was war los?
Flinx taumelte bis zum Sofa und setzte sich neben die Füße des vernichteten Simulacrums. Er musste immer wieder blinzeln und schüttelte den Kopf, um klar zu werden. »Was hast du?«, fragte Clarity.
»Ich weiß es nicht«, nuschelte er kaum verständlich. »Fühle mich komisch. Gas kann’s nicht sein. Verstehe … das nicht.«
Pip und Scrap kamen zu ihren Besitzern geflogen, Pip landete auf Flinx’ Schoß und flatterte besorgt mit den Flügeln. Als er ohnmächtig wurde, stürzte Clarity vor, um ihn aufzufangen. Doch er war zu schwer für sie, und sie war gezwungen, ihn sacht abzulegen.
»Flinx. Flinx! Sag mir, was los ist! Ich kann sonst nichts tun!«
»Wie wär’s, wenn wir Ihnen das sagen?« Als sie herumfuhr, griffen die beiden Minidrachen an. Die Neuankömmlinge strahlten unverfälschte Feindschaft aus.
Minidrachengift spritzte durch die Luft, doch die drei Männer und die Frau, die die Hütte betreten hatten, trugen komplette Schutzanzüge. Gegen das Material konnte das Gift nichts ausrichten.
Aus speziellen Gewehren verschossen sie ein feinmaschiges Netz aus zähen Kunststofffasern auf die fliegenden Schlangen, die sich heftig flatternd darin verfingen und bald fest eingewickelt am Boden wiederfanden.
Zwei Männer hoben die hektisch zappelnden Tiere auf, was sie trotz der Sicherheit ihres Anzugs sehr vorsichtig taten, und
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