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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Steward erwartet hatte. Eine Gürtelschlaufe löste sich mit einem erschreckend lauten Reißen. Blut rann in Strömen über Stoichkos zur Seite gekippte Brust. Steward trat rasch zurück, damit ihm das Zeug nicht auf die Schuhe tropfte, ging dann zur anderen Seite des Stuhls und durchsuchte Stoichkos Gesäßtaschen. Nichts.
    Leere, dachte Steward. Laß den Sinn einströmen!
    Wozu war das Werkzeug da? fragte er sich.
    Er sah sich wieder in dem Zimmer um. Aus dem Video kam das Geräusch von brechendem Knorpel. Der Mann im schwarzen Gewand war gerade herumgewirbelt und hatte einen Fuß in das Gesicht eines blonden Mannes gepflanzt.
    Steward schaltete das Video ab und zog den Stecker heraus. Er griff sich das Werkzeug und nahm die Rückwand mit einem von Stoichkos Schraubenziehern ab.
    Eine kleine schwarze Metallflasche war innen an das Gehäuse geklebt. Steward langte hinein und riß am Klebeband. Es löste sich mit einem saugenden Geräusch. Die Flasche war leicht und paßte in Stewards Handfläche. Sie trug einen kleinen Papieraufkleber mit dem Symbol für biologische Gefahr: WARNUNG, stand darauf. BIOLOGISCHES SIEGEL. NUR IN STERILER UMGEBUNG ÖFFNEN.
    Steward legte die Flasche weg und wischte alles ab, was er berührt haben konnte. Er schraubte die Rückwand des Videogeräts wieder fest und wischte sie ebenfalls ab, dann steckte er die Flasche in seine Gesäßtasche.
    Stoichkos Blut sickerte langsam in den Teppich. Steward ging sorgfältig darum herum.
    Das Vakuum in seinem Innern war zu einem Schmerz geworden.
    Es war Zeit zu gehen.
     
    Zhou war nicht zu Hause. Steward ging bei einem Lieferdienst vorbei, wickelte die Flasche zusammen mit Anweisungen und einem Stachel mit einer Vorauszahlung in ein Päckchen und gab es dann an ihn auf. Er ging zur Shuttle-Anlegestelle, wobei er sich in regelmäßigen Abständen umschaute, und bemühte sich, nicht zu rennen. Die Schwerkraft entließ ihn langsam aus ihrem Griff. Werbe-Holos hämmerten auf ihn ein. An der Peripherie seiner Sinne schien sich dauernd etwas zu bewegen, aber wenn er hinschaute, konnte er nichts sehen. Er fühlte immer noch die Leere in seinem Innern, und sie begann weh zu tun. Er wollte sie mit etwas füllen.
    Das Starbright-Shuttle zur Erde war schon weg. Er sah auf die blinkende Video-Information GESTARTET und fragte sich, ob Reese an Bord war.
    Er überflog die bunten, leuchtenden Spalten des Flugplans und sah eine gelbe Spalte, die eine Fähre darstellte, die von einem Wohnsatelliten im Mondorbit zum anderen flog und Handlungsreisende von einem Hotel zum nächsten brachte. Von SOLON, PORT ARTHUR, nach PRINZ, NEUE MNSCHHT, KEYSTONE, OLON, PORT ARTHUR.
    Neue Menschheit, wo Natalie mit dem Kind des Alphas in schwereloser Abgeschiedenheit lebte. Der Preis für ein Ticket war absurd niedrig.
    Es war schwach von ihm, das wußte er. Er brachte sie vielleicht in Schwierigkeiten. Aber er mußte seine innere Leere mit etwas Echtem füllen, etwas anderem als gewaltsamem Tod in einem kleinen Hotelzimmer und einem zusammengesackten und letzten Endes traurigen Mann, der langsam kalt wurde, während das Video weiterschwatzte. Und er rechnete nicht damit, daß er es schon in nächster Zeit mit Gruppe Sieben zu tun bekommen würde.
    Und wenn sie ihn nach ein paar Tagen zu fassen bekamen, dann war dies vielleicht seine letzte Chance.
    Er kam zu dem Schluß, daß Neue Menschheit genau das war, was er suchte.
     

14
    Um jeden zu verwirren, der hinter ihm her sein mochte, kaufte er ein Ticket bis ganz nach Port Arthur. Die meisten Leute in der Fähre schienen einander zu kennen, und sie lächelten, begrüßten sich und schwatzten miteinander, als sie an Bord kamen. Sie musterten Steward mit freundlicher Neugier. Steward lehnte das von der Flugbegleiterin angebotene Essen ab und versuchte zu schlafen.
    Gedanken brausten wie ein Feuer durch sein Gehirn, das der herbstliche Mistral vor sich hertrieb, und streiften seinen Geist mit ihrer Hitze. Wenn er die Augen schloß, sah er Muster wie helle Blutspritzer, die sich mit Laserfarbe in seine Netzhäute brannten. Er konnte keine Zusammenhänge finden und wußte nur, daß er den Atem von Ziolkowskis Dämon im Genick spürte. Er gab es auf und bestellte einen Scotch.
    Als er kam, konnte er am Geschmack erkennen, daß es japanischer Whisky war. Er verzog das Gesicht und trank ihn.
    Das Verlangen in seinem Innern wuchs. Er wußte, daß es etwas Wahnwitziges hatte, und kämpfte mit Logik und den Worten von Ashraf dagegen an: »Das

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