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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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aber mit einer leisen Verwunderung in den Worten. Als ob er Steward bitten würde, zu bestätigen, was er soeben gesehen hatte.
    Steward fühlte in seinem Innersten immer noch, daß er richtig gehandelt hatte. Er wirbelte auf der Stelle herum und hob einen Finger an die Lippen. Er sah einen dunkelhäutigen jungen Mann mit einem Streumuster implantierter Juwelen auf der Stirn, das eine Sonneneruption darstellte. »Pst!« machte Steward befehlend. Er sah die Verwirrung in den Augen des Mannes, als er sich wieder in die Menge umwandte, und spürte das lange Zögern hinter sich, als er einen Schritt machte, dann noch einen, und einen dritten … und dann war er unsichtbar, bewegte sich in der Menge, die hinter Curzon herging. Eine halbe Sekunde später, als er den Ruf »He, Moment mal! Der hat gerade jemand erschossen!« hörte, waren der Mann und er völlig Fremde, und der Moment, der sie verbunden hatte, war längst vergangen.
    Steward setzte seine Sonnenbrille auf und öffnete die blaue Jacke, damit das gelbe T-Shirt darunter zu sehen war und er ein bißchen anders aussah. Er bewegte sich schnell durch die Menge, beinahe im Flug, getragen von dem Wind, der in ihm heulte.
    Vor ihm gab es eine Störung im Muster. Einer der Leibwächter schaute nach hinten, stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Köpfe hinwegzuspähen. Curzons dicker Kopf war im Durcheinander der Körper flüchtig zu sehen; er hob ihn, als ob er überrascht wäre. Der nach hinten starrende Leibwächter hatte eine Hand an die Schläfe gepreßt, vielleicht um eine innere Stimme deutlicher hören zu können.
    Noch mehr Pech. De Preys Begleiter, der Zigarrenraucher, mußte ein Funkgerät haben, und die Leibwächter hatten Empfänger in ihre Schädel implantiert.
    Curzon drehte sich um und schaute selbst nach hinten, ein ideales, zögerndes Ziel. Stewards Hand begann sich zum Aktenkoffer zu bewegen. Und dann packten die Leibwächter Curzon und begannen mit ihm zu einem der Läden zu laufen. Steward fühlte, wie der Moment verging und wie der Wind in seinem Gehirn erstarb. Enttäuschung begann in seinen Adern zu brodeln, als er die Hand zurückzog. Hätte er nicht stehenbleiben und den Fremden zur Ruhe bringen müssen, würde die zweite Kugel ihr Ziel gefunden haben.
    Steward ging zielstrebig weiter in die Richtung, wo Curzon eben noch gewesen war. Jede Bewegungsänderung hätte bei den Leibwächtern Verdacht erregt; so funktionierte ihre Wetware. Er beschloß, es mit einem Schnellschuß zu versuchen, wenn er an dem Laden vorbeikam.
    Im Schaufenster des Ladens stieg eine holographische Bierflasche in einer jäh hervorbrechenden Wolke aus eiskaltem Ammoniakdunst von einem Eisplaneten auf. Curzon stand im Eingang. Er sah ein bißchen zerzaust aus und strich sich die Haare mit einer breiten Hand zurück. Seine Leibwächter hatten die Hände in den Taschen; sie drehten sich um und suchten die Straße ein letztes Mal aufmerksam ab. Steward wurde etwas langsamer. Er manövrierte einen Passanten zwischen sich und die Leibwächter und wählte seine Ziele, während er nach der Pistole griff. Erster Leibwächter, zweiter Leibwächter, Curzon, beschloß er. Unelegant und nicht so chirurgisch wie sein ursprünglicher Plan, aber wenn er den Leibwachen nur den geringsten Spielraum ließ, würden sie ihn töten. Und die Leibwächter konnten als Klone wiederbelebt werden, sofern sie versichert waren …
    Der Wirbelwind heulte in seinen Ohren. Er hob die Waffe und drehte sich um, während der ihn deckende Fußgänger gleichzeitig aus der Schußlinie ging, und Zorn kochte in ihm, als er die Veränderung des Zielbilds bemerkte und einen letzten Blick auf Curzons kahl werdenden Kopf erhaschte, der ins dunkle Innere verschwand, hinter das Hologramm, das seine Gestalt verbarg. Er sah die kalten Augen der beiden Leibwächter, die seinen Blick gelassen erwiderten. Mit einer winzigen Anspannung des Oberarms hob er die Pistole ganz leicht an, um die erste Kugel zwischen die Augen des größeren Leibwächters zu setzen, und dann, als der Nervenimpuls, den Abzug durchzuziehen, schon zu seiner Hand unterwegs war, wurde Stewards Oberarm von einer Kugel zerschmettert, die von rechts kam.
    Stewards Schuß ging irgendwohin in die Bar. Er versuchte seiner Hand zu befehlen, die Pistole festzuhalten.
    Ohne zu zögern wandte er sich nach links und rannte los. Er versuchte in der Menge unterzutauchen und hoffte, daß der Wind ihn tragen würde. Der Aktenkoffer polterte hinter ihm auf die

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