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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Von einer Reaktion von Consolidated auf die Entdeckung, daß einer ihrer kybernetischen Haie mit geschmolzenem Gehirn auf dem Grund eines Luftschachts lag, war nichts zu spüren.
    Den Informationen von Stewards Infiltrationsprogrammen zufolge hieß de Prey jetzt St. Cyr. Er hatte sich nach seinem alten College benannt. Ein Glück für ihn, dachte Steward, daß er nicht West Point besucht hatte.
    Steward war ziemlich sicher, daß er nicht in die Wohnanlage der Manager gelangen würde, wo Curzon und de Prey fast mit Gewißheit wohnen würden. Die Sicherheitsvorkehrungen waren dort besonders gründlich, und selbst wenn Steward sich durch eine Versorgungsleitung einschlich, würde er wahrscheinlich innerhalb von ein paar Minuten von einer Straßenpatrouille aufgegriffen werden. Er kam zu dem Schluß, daß er sie bei der Arbeit zu fassen bekommen mußte.
    Das Sicherheitsdirektorat von Consolidated befand sich in demselben modularen Büroblock, der die Abwehrdienste von Kohärentem Licht beherbergt hatte. Er lag in der Nähe des Nordpols. Nur zwei Tunnels führten in den Block hinein; ansonsten war er von einem ausgedehnten Bereich umgeben, in dem es nur Gerüste und zielstrebig auf Mord programmierte Robotwächter gab. Die Tunneleingänge waren schwer bewacht. Ein Tunnel führte zu dem schwerelosen Industriegebiet am Pol, zu dem die Fabrik gehörte, in der Wandis arbeitete. Der andere führte zur breiten metallenen Methanstraße – viele Straßen waren hier nach den Produkten Ricots benannt – mit ihren Bekleidungsgeschäften, Spezialitätenläden, Restaurants und Bars, in denen die Tische durch Ultraschallschirme voneinander getrennt waren. Die Wohnanlage der Manager war nur ein kurzes Stück auf dem Gleitband entfernt.
    Um sich ein bißchen dem hiesigen Stil anzupassen, kaufte sich Steward in der Methanstraße ein paar Klamotten. Er erstand auch einen Aktenkoffer und ein Computerdeck und begann die Bars in der Gegend häufiger aufzusuchen, wo er an seinen Drinks nippte und sich mit dem Computer beschäftigte, als ob es zu seinem Job gehörte. Meistens machte er Computerspiele und behielt die Fenster im Auge. Bei Schichtwechsel ging er auf die Straße hinaus und hielt nach Gesichtern Ausschau, die er kannte. Nach den ersten beiden Tagen kannte er den Rhythmus der Straße recht gut. Sicherheitstrupps patrouillierten auf der Methanstraße, ließen die Manager in ihren Tränken jedoch stets in Ruhe. Er fing an, seine Pistole im Aktenkoffer mitzunehmen, auf den er das Computerdeck stellte.
    Er hielt nach Gesichtern Ausschau. Sammelte Kraft. Wartete auf den richtigen Moment.
    Information implizierte Aktion. Aktion war latent in ihm, in seinem Aktenkoffer.
    Ein Leben, ein Pfeil.
    Als der Moment schließlich kam, war er sofort in Bewegung, und das leise Raunen der Überraschung erklang erst nachträglich in seinem Kopf. Auf einer Straße voller ruhiger, gut angezogener Menschen, die von der Schicht kamen, sah er auf einmal zwei Köpfe, die er nur von Bildern kannte – Curzons breites Gesicht mit den schweren Lidern und dem Schatten eines dunklen Barts auf Wangen und Kinn, daneben das Gesicht des jungen de Prey, wie Steward es im St. Cyr-Dossier des Mannes gesehen hatte, ein dunkles, schüchternes Gesicht, einen halben Schritt hinter seinem Vorgesetzten. Steward sah sie im Dreiviertel-Profil, als sie vorbeigingen, und er brauchte kein zweitesmal hinzuschauen … Statt dessen sah er sich forschend nach Leibwächtern um. Er wußte, daß es in der Nähe eines Brigadedirektors des Sicherheitsdienstes welche geben mußte.
    Er entdeckte mindestens zwei. Es waren junge Männer in weiten Jacken: ein mittelgroßer Mann, der hinter ihnen ging, ein großer Mann, der vor ihnen herlief, beide mit den charakteristischen, zielstrebigen, roboterhaften Kopfbewegungen, die darauf hinwiesen, daß hochentwickelte Faden-Wetware der Motor ihrer regelmäßig hin und her schweifenden Blicke war. Ihre Hände steckten in ihren Jackentaschen. Steward vernahm ein triumphierendes Flüstern in seinem Geist, als er sie sah. Ein dritter war bei ihnen, der Curzons Flanke deckte, ein grauhaariger, älterer Mann, der eine kurze Zigarre rauchte und eher wie ein Manager als wie ein Killer wirkte.
    Steward konnte sonst niemanden entdecken. Die Menschenmenge war zu groß, zu mannigfaltig. Ein paar machten einen wachsamen Eindruck, die meisten aber nicht. Er kam zu dem Schluß, daß es keine Rolle spielte. Eine solche Chance – de Prey und Curzon an einem Ort –

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