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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Außenseiten auf Außentemperaturen abgekühlt wurden, um Infrarotdetektoren zu täuschen, vornübergebeugt über das Weiß liefen und Waffen trugen, die Gesichter gegen Gas und Bakterien verhüllt … Ein Sturm, der sich weit entfernt am flachen Horizont erhob und eine weiße Wand aus dem Nichts zauberte, die sich wie eine Wolke näherte. Der von Sheol heraufbeschworene Wirbelwind, zu dem Steward geworden war.
    Steward holte Luft und fragte sich, ob er den Wind hier heraufbeschwören und auf ihm aus dem Schwerkraftschacht heraus zu seinem Ursprung reiten konnte, zur Quelle der Stimme, die er in dem verschwommenen Video gehört hatte, der kratzenden Phantomstimme, die ihm gehörte, seinem Alpha. Der seinen eigenen Selbstfindungsprozeß durchlaufen und dabei seine Seele draußen auf den gefrorenen Prärien und in den kalten Tunnels gefunden hatte, die in Sheols geheimen Bauch hinabführten, dort und im heulenden Coreolis-Wahnsinn, in den sich sein Geist verwandelt hatte.
     

6
    … Bis auf den lautlosen Farbregen aus dem Video war es dunkel in dem Hotelzimmer. Steward lag auf seinem Bett und starrte an die Decke. Seine Haare und sein Körper waren noch feucht vom Duschen. Eine dünne Rauchfahne von seiner Xanadu schlängelte sich in sein Blickfeld und wurde vom Wandvideo in Mattgrün und weicher Fleischfarbe getönt. Die Wirkung des ausgeschütteten Adrenalins verlor sich jetzt; Steward spürte, wie es aus ihm herauslief und wie Regenwasser im Rinnstein abfloß.
    Der Telefonempfänger klebte warm an seinem Warzenfortsatz und lag über seinen kurzen nassen Haaren. Das Signal aus dem Empfänger ging direkt in die Hörzentren seines Gehirns, vorbei am unvollkommenen menschlichen Ohr. Griffiths Stimme hallte völlig klar in seinem Kopf wider. »Jesus, Mann. Das hat Spassky getan?«
    »Ich hab' jemand übel zugerichtet, Griffith. Kann sein, daß ihm dieser Monodraht glatt den Kopf abgerissen hat.«
    »Jesus.« Steward hörte Griffiths trockenen Raucherhusten sehr laut in seinem Schädel. Er zuckte zusammen. Das Husten nahm kein Ende. Dann hörte Steward das Zischen von Griffiths Inhalator. Als die Stimme des Mannes wiederkam, hatte sich ihr Ton geändert. Sie war schneller. Aufgedreht. Wütend.
    »Dieser beschissene Punk. Der will doch bloß schnelle Kohle machen. Ich hab' immer noch Freunde. Diesen verfluchten Tag wird er noch bereuen.«
    »Kommt mir so vor, als wüßten Sie nicht recht, wer Ihre Freunde sind«, sagte Steward. Gefärbter Rauch kräuselte sich in seinem Blickfeld. »Ich hatte den Eindruck, daß Spassky voll und ganz darauf vertraut hat, mich ausschalten und sich Ihre Freundschaft erhalten zu können. Falls ihm Ihre Freundschaft irgendwas bedeutet hat.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Hören Sie! Sie sind okay, stimmt's?«
    »Unverletzt.« Die Ranken des Xanadu-Marihuanas krochen durch seine Muskeln, ersetzten das versiegende Adrenalin und verwandelten die abflauende Hochstimmung in einen Rausch von anderer Art.
    »Und Sie haben das Thunder noch.«
    »Ich hab' es in ein Depot gelegt, bevor ich zu dem Treffpunkt gegangen bin. Die Ecke da gefiel mir nicht.«
    »Passen Sie auf! Lassen Sie den Stoff einfach liegen! Der ist dort in Sicherheit.«
    »Soll mir recht sein.«
    »Ich geb' Ihnen Ihr Honorar. Dann geben Sie mir den Schlüssel, und ich laß das Zeug von jemand anderem abholen.«
    »Klar«, sagte Steward. »Nur lassen Sie's uns an einem öffentlich zugänglichen Ort abwickeln, okay?«
    »Scheiße, Kumpel. Wie Sie wollen. Tut mir leid, daß das passiert ist.«
    Die Xanadu entspannte die Muskeln in Stewards Nacken. Er drückte den Kopf in die Kissen zurück und bog den Hals durch. Wirbel knackten. Das Geräusch war noch vertrauter als Griffiths heisere Stimme. Er entspannte sich, spürte, wie sich seine feinnervige Wachsamkeit auflöste und der Schlaf näher kroch.
    »Ich ruf Sie morgen an«, sagte Steward.
    »Yeah. Hören Sie! Ich hatte keine Ahnung, daß dieses kleine Dreckstück …«
    »Morgen«, sagte Steward. Seine Hand ging zum Telefon, unterbrach die Verbindung und griff dann nach dem Empfänger auf seinem Warzenfortsatz. Der Klebstoff wollte ein paar Haare mitnehmen, und er streifte ihn vorsichtig ab.
    Er nahm die Xanadu aus dem Mund und warf sie in den Aschenbecher. Videofarben krochen an der Decke entlang.
    Steward schloß die Augen. Lichter bewegten sich am Dach seiner geschlossenen Lider, ein selbstentworfenes Video. Er zwang die Lichter, miteinander zu verschmelzen und zu einem

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