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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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g-Werten heil zu überstehen. Aber Fischer war mehr an Aerobic und muskelaufbauenden Übungen interessiert, die ihm bei seinem Bergsteigerhobby von Nutzen sein würden, Cairo zog diverse Arten von Gymnastik vor und SuTopo rannte mit ausdruckslosem Gesicht und immer gleichen Bewegungen endlose, ermüdende Meilen auf einer Tretmühle. Jeden Tag von zehn bis elf, und manchmal abends noch einmal. Nur bei diesen Gelegenheiten sah Steward ihn jemals ohne seinen Pitji. Er konnte seine Uhr nach dem Erscheinen des Kapitäns im Sportraum stellen.
    Fischer war freundlich und wißbegierig; er wollte dauernd Stewards Leben auf der Erde mit seiner eigenen Jugend im Orbit vergleichen. Er trug schrille Kleidung und riß den Mund beim Lachen immer weit auf, wobei er quadratische gelbe Zähne zeigte. Sein blasser nordischer Teint war ungeeignet für den Raum; er nahm Karotin-Zusätze, um seinem Gesicht Farbe zu geben. Cairo war irgendwie weit weg, immer mit etwas beschäftigt, immer mit einem Spritzballon Kaffee. SuTopo war weniger eine Person als eine Erscheinung, ein ruhiger Quell der Autorität, wie ein regierender Monarch.
    Abgesehen vom Sparring im Sportraum und der Zeit, in der sie mit derselben Arbeit beschäftigt waren, sah Steward so gut wie nichts von Reese, aber wenn doch, dann schien das Sparring sich auch auf den Rest ihrer Beziehung zu erstrecken; ihre Gespräche waren immer mit verbalen Fallen, Widerhaken und Anspielungen durchsetzt … Obwohl sie zusammenarbeiteten, wußte Steward sehr wenig von ihr. Er wußte über SuTopos Bonsais und Fischers Interesse an Bergen Bescheid, aber er hatte keine Ahnung, was Reese tat, wenn sie allein war. Sie hielt sich oft in ihrer Kabine auf, und dann war die Tür verschlossen. Steward wurde nie eingeladen. Aber trotz aller Vorsicht in ihrer Beziehung und obwohl er nur sehr wenig über sie wußte, fühlte Steward sich Reese am nächsten. So zurückhaltend sie waren und so wenig sie voneinander wußten, da war eine Freundschaft, ein gegenseitiger Respekt. Steward achtete sorgfältig darauf, dies nicht auszunutzen, Reeses Privatsphäre nicht zu verletzen. Er fand, daß sich das bei Freunden so gehörte.
     
    Steward war verblüfft, wieviele Schichten Pornographie an seinen Wänden hingen – es schienen sechs oder acht zu sein –, und es dauerte lange, sie abzureißen und die Plastikflächen neu zu streichen.
    Nach zwei Wochen im Raum begann er zu bereuen, daß er alle Bilder entfernt hatte. Die Pornos hätten ihm zumindest etwas halbwegs Erfreuliches gegeben, an das er denken konnte.
    Nach vier Wochen war er froh, das Zeug heruntergeholt zu haben. Tag für Tag die gleichen Bilder, das wäre sowohl langweilig als auch frustrierend geworden. Er begann zu verstehen, warum der vorherige Bewohner immer neue Fotos angeklebt hatte.
    Steward dachte über SuTopos Bonsais und Fischers Bild vom Mount Everest nach. Die Bonsai-Bäume waren repräsentativ für das, was SuTopo wollte, wonach er sich sehnte – seine Familie, seine Vergangenheit, seine Erinnerungen … für Fischer war der Mount Everest ebenfalls ein Objekt seiner Sehnsucht. Steward fragte sich, welcher Gegenstand am besten in seine Unterkunft passen würde, welcher geeignet wäre, seine eigenen Sehnsüchte zu definieren.
    Er hatte kein Foto von Natalie, nichts, was ihn an sein früheres Leben erinnerte. Ashraf hatte alles Derartige verurteilt. Er wünschte, er hätte ein Bild von ihr, das ihn daran erinnerte, was er verloren hatte und was er wiedergewinnen wollte.
    Aber es gab ein anderes Bild, das nicht weichen wollte, ein Videoschirm, auf dem ein Interferenzmuster flimmerte, und dahinter ein Gesicht, eine Stimme, die seine eigene war, ein Wissen, das außerhalb seiner Reichweite lag, aber näherrückte, das mit jeder Sekunde näherkam, in der die Born sich weiter an den Gürtel heranschob … das Gesicht, das sich klarer abzeichnete, als Vesta heranrückte, der hohle Asteroid, zu dem der Alpha auf der Suche nach Colonel de Prey geflogen war.
     
    Er rief die Karten und die historischen Unterlagen von Vesta im Computer auf. Die Datenmenge überraschte ihn – es gab detaillierte Karten mit kürzlich vorgenommenen Updates, die zum Beispiel Informationen über die großen Strom-, Wasser-, Luft- und Kommunikationsleitungen, die Lage von Schutzschleusen und Sicherheitszonen, Einzelheiten der Sicherheitsmaßnahmen sowie über dort geltende Gesetze enthielten. Das Ganze erinnerte ihn weit mehr an Eisfalken-Instruktionen als an eine

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