Die Stimme
Mäuserüstung anfertigen, wenn ich wollte; ich könnte einer Mücke eine Rüstung machen – und obendrein noch jedes Stück in Gold punzen«, brüllte er.
»Ich weiß nicht, ob Ihr das hier schafft; es handelt sich nämlich um ein Frauengerät.«
»Ich habe drei Keuschheitsgürtel gemacht, aus solidem Stahl, alle gepunzt und mit Juwelen besetzt, und keiner hat auch nur einen blauen Fleck hinterlassen.«
»Einfach abscheulich. Das hier ist etwas ganz anderes.«
»Und was also?«
»Ein Werkzeug. Eins, das noch niemand hat. Es soll den Kopf eines Kindes aus dem Schoß herausziehen. Ist Euch bekannt, daß so ein Kopf manchmal zu groß ist? Der bleibt dann gewissermaßen –«
»Stecken?« fragte er. »Gibt es das?«
»Ja. Und dann stirbt die Mutter. Und das Kind auch.«
»Mit diesem Instrument könnten wir nämlich an dem Kind ziehen«, fügte Mutter Hilde hinzu.
»Wie sollte es Eurer Meinung nach aussehen?« fragte er, denn nun war sein Interesse geweckt.
»Irgendwie so«, sagte ich und holte die Zange heraus. »Aber das Gelenk muß sich anders zusammenfügen, damit man es verstellen kann. Und der Teil, mit dem man zupackt, muß auch anders sein. Flach und gebogen, damit er sich dem Kopf eines Säuglings anpaßt.« Ich machte es mit den Händen vor. »Als mir die Idee kam, habe ich mir Stahlfinger vorgestellt, vielleicht mit einem Rand drumherum, so etwa.«
»Ach, so geht das nicht«, sagte er, »die Form ist ganz falsch. Zu klein, meiner Meinung nach.«
»Zu klein? O nein. Ein Kinderkopf ist bei seiner Geburt kaum mehr als ein großer Apfel. Aber der Kopf ist weich, ist eher ein Bratapfel, und man darf ihn nicht beschädigen. Die Knochen sind nämlich teilweise noch nicht hart und lassen sich leicht eindrücken.«
»Dann ist die Form ganz falsch. Ich habe schon für so manchen Kopf eine Rüstung gemacht, und ich habe schon so manche Zange gehalten. Eure da ist zu kompliziert, so kann man nicht mit ihr arbeiten. Ihr braucht eine fließendere Form, etwa so.« Und damit nahm er einen Stock und ritzte sie in den festgetretenen Lehmboden der Waffenschmiede.
»Ich sehe, was Ihr meint. Aber sollte sich der eine Löffel hier nicht wölben, so?« Auch ich zeichnete.
»Warum, für die Kopfform?«
»Nein, zum Ziehen – er muß diese Form haben und gut festhalten können.« Er überarbeitete die Zeichnung. Jetzt war sie einfach, ein gewölbter Löffel, der im richtigen Winkel auf einen anderen abgeflachten, gewölbten Löffel traf.
»Das sieht genau richtig aus. An Euch ist ein Mann verlorengegangen. Ihr hätte einen guten Waffenschmied abgegeben.« Er blickte mich durchdringend an.
»Und damit rettet man Leben, behauptet Ihr?«
»Ja«, antwortete ich.
»Dann mache ich diese Arbeit um Christi willen. Viele meiner Werkstücke dienen dazu, Leben zu nehmen, und nur sehr wenige retten es. Ich brauche gute Taten, die mir im Himmel angerechnet werden.« Dann ergriff er meine Hand.
»Ich werde die Griffe klein halten, damit sie in eine kleine Hand passen«, sagte er. »Betet für meine Arbeit, ja, kleine Wehmutter.«
»Ja, und auch für Eure Gesundheit und Euer Glück.«
Als wir am Wochenende wiederkamen, war das Ding fertig. Sim hatte mich begleitet, um es abzuholen, und ich dankte dem Waffenschmied und lobte ihn nach besten Kräften. Aber der wollte nur wissen, wie ich damit zurechtkam.
»Gebt mir Nachricht, wenn Ihr erfolgreich damit gearbeitet habt, denn ich höre immer gern, wie sich meine Arbeit in der Welt macht«, sagte er. Und das versprach ich. Wie ich das Versprechen einlöste, werdet Ihr bald erfahren.
Hilde scheute sich, mit dem neuen Instrument zu arbeiten, denn sie hatte Angst, Schaden damit anzurichten; andererseits aber setzte sie volles Vertrauen darauf, daß mein Traum mir alles gezeigt hatte. Das war nicht der Fall, aber ich dachte Tag und Nacht darüber nach, wie ich es am besten ausprobieren könnte. So nahmen wir es denn immer mit, wenn wir zusammen zu einer Entbindung gingen, denn wir wußten, früher oder später würde der Notfall eintreten. Dann wären wir bereit und könnten das Ding ausprobieren. Und so kam es denn auch bald, und unter dem Geschrei der Frau öffnete ich meinen Korb und holte die Stahlfinger heraus, die mir unten am Boden entgegenschimmerten. Behutsam, ach, so behutsam paßte ich die Löffel dem Köpfchen an, dann fügte ich sie zusammen, so daß ich die harte Knochenstelle über den Wangenknochen fest und stählern gepackt hielt. Die Griffe fügten sich genau in
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