Die Story von Joanna
gesehen, wie Jason sich mühsam und mit zitternden Händen von der Bank hochstemmte. Es dauerte ein paar Minuten, bis er wieder etwas Kraft gesammelt hatte.
Ich darf mich in solchem Zustand nicht vor Joanna blicken lassen! dachte er. Das ist zu gefährlich. Damit könnte ich all meine harte Arbeit wieder zunichte machen. Joanna muß mich lieben, aber zugleich hassen. Sollte ich ihr dagegen irgendwie leid tun, wird sie niemals ausführen, was ich von ihr verlange. Noch darf sie nichts ahnen oder vermuten.
Jason versuchte, auf zitternden Beinen zu stehen. Er brauchte ein paar Sekunden, um sein Gleichgewicht halten zu können. Es bereitete ihm erhebliche Schwierigkeiten. Er blickte sich im Garten um, dann machte er die Augen fest zu, als wollte er nichts mehr von der Schönheit dieser Szenerie sehen. Aber im Geiste sah er die Natur lebhafter vor sich als in Wirklichkeit .. . die Bäume, die Büsche, den Himmel. Der Garten war jetzt im Winter genauso schön wie in all der Sommerpracht. Die immergrünen Gewächse schienen die Geheimnisse der Unsterblichkeit zu kennen, und Jason hatte das Gefühl, davon verspottet zu werden. Der Winter brachte zwar den Tod mit sich, aber er brachte zugleich auch das Versprechen auf den kommenden Frühling mit; auf diesen ewigen Kreislauf des Lebens: Geburt, Tod und Wiedergeburt.
Jason dachte nur an den Tod. Deshalb war er eifersüchtig auf die Allmacht der Natur, die sich immer wieder von selbst verjüngen und erneuern konnte.
»Verzweiflung!« flüsterte Jason kaum hörbar vor sich hin. »Meine Brust quillt über vor Leid. Es tut mir so schrecklich leid, dies alles verlassen zu müssen. Es tut mir leid, daß meine Augen die Schönheit dieses Gartens nicht mehr sehen werden. Es tut mir leid, daß meine Ohren die süßen Laute des Lebens nicht mehr werden hören können! Was bleibt mir denn noch? Nichts! Gibt es denn ein größeres Entsetzen als den Tod? Vom Dasein ausgeschlossen zu sein? Nichts mehr zu sein ... weder für sich selbst noch für andere, nicht einmal mehr in der Erinnerung? Nutzloser zu sein als ein Baumstamm? Selbst abgestorbenes Holz findet immer noch irgendeine Verwendung. Aber Menschen werden einfach begraben. Beseitigt. Tote schafft man wie Abfall beiseite. Warum auch nicht? Tote dienen Lebenden doch nur als Mahnung an die eigene Sterblichkeit. Tote sind wirklich nicht mehr als wertloser, nutzloser Abfall. Müll, den man beseitigen muß.«
Bei diesen letzten Worten stieß Jason so kräftig, wie es ihm sein geschwächter Körper noch ermöglichte, nach einem Stein.
»Das Schlimmste von allem aber ist, daß ich mein Leben verschwendet habe«, setzte Jason sein Selbstgespräch fort. »Von frühester Jugend an war ich im Griff einer profunden Melancholie. Es ist eine Falle, die ich mir selbst als Schutz vor Gefühlen gebaut habe. Ich weiß jetzt, daß es mir an allem fehlt, was einen wahren Mann ausmacht. Ich bin durch meinen Geist verkrüppelt, der von all den Lügen vergiftet ist, auf die ich mein Leben aufgebaut habe. Und jetzt ist es zu spät, noch etwas daran ändern zu wollen.«
Jason machte die Augen auf, sah sich kurz um und murmelte: »Und deshalb ist es auch für dich zu spät, Joanna. Denn du bist mein Faustpfand, und ich werde deine Seele opfern, falls du überhaupt eine haben solltest. Ich werde sie opfern ... für mich!«
14
Joanna war in ihr Zimmer zurückgekehrt und wartete nun darauf, daß Jason ihr folgen oder sie rufen lassen würde.
Sie brauchte ihn.
Der Druck der letzten paar Tage war sehr groß gewesen.
Joanna brauchte Gewißheit. Sie mußte durch Jasons Berührung spüren, daß sie immer noch ein wichtiger Bestandteil seines Lebens war.
Joannas Gedanken wurden von der Erinnerung beherrscht, wie Jason und sie zum ersten und einzigen Mal Sex gehabt hatten.
Seit jener Nacht, als Joanna ihm den Rücken zugewandt hatte und von Jason auf dem Tisch genommen worden war, hatte sie das volle Gewicht seines Körpers nicht mehr zu spüren bekommen.
Deshalb sehnte sich Joanna jetzt danach, endlich einmal unter Jason zu liegen und seinen Körper auf ihrem eigenen zu spüren. Sie wollte von ihm flachgedrückt werden. Er sollte in sie eindringen. Sie wollte spüren, wie seine Männlichkeit machtvoll und zugleich liebevoll durch das Zentrum ihres Seins einströmte, bis sich ihrer beiden Säfte in einer wahren Sintflut der Wonne miteinander vermengen würden, um wie gischtende Meeresbrandung, erzeugt durch die Liebe, über ihnen beiden zusammenzuschlagen
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