Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
Vom Netzwerk:
geweigert, ihm bei seiner Krönung als Göttin Isis zur Verfügung zu stehen, und auch Ramses’ Witwe kam dafür nicht in Betracht. Dennoch blickte Sethi freudig dem Ereignis entgegen, denn keine Geringere als Meritusir würde die Rolle der Göttin übernehmen.
    Und so stand die Zweite Prophetin des Osiris auf dem Vorhof von Opet-sut und wartete darauf, die vorgeschriebenen Worte zu sprechen. Sie trug ein eng anliegendes weißes Kleid und an den Füßen mit Edelsteinen besetzte Sandalen. Ihren Kopf zierte eine schulterlange Perücke, die durch einen Stirnreif mit dem Abbild eines Throns bekrönt wurde, dem Hieroglyphenzeichen der Göttin Isis. Ein mehrreihiger Halskragen aus Lapislazuli und Gold sowie passende Arm- und Fußreife vervollständigten ihre Erscheinung, die der der Göttin, die sie verkörperte, in nichts nachzustehen schien.
    Hoch erhobenen Hauptes trat sie vor den Thron des Pharaos. »Majestät. Die Götter haben bestimmt, dass die Beiden Länder nur von einem Königspaar regiert werden können. Deshalb, Bintanat, trete vor und stelle dich hinter den Thron deines Gemahls Usermaatre Achenamun Ramses-Sethherchepeschef Meriamun, so wie ich hinter dem Thron meines Gemahls Osiris stehe.«
    Meritusir wurde übel, als sie den Namen der Prinzessin aussprach. Auch die Würdenträger hielten entsetzt die Luft an, als Bintanat in die Mitte des Hofes vor den Thron des Pharaos trat. Gemurmel wurde hörbar, verstummte aber sofort, als der Herrscher seinen Blick drohend über die Masse schweifen ließ.
    Nachdem Bintanat sich neben Meritusir aufgestellt hatte, erhob sich Sethherchepeschef und kam die Stufen hinunter, um seiner Großen Königsgemahlin die Doppelfederkrone aus zwei aufrecht stehenden Straußenfedern aufs Haupt zu setzten.
    »Hiermit ernenne ich dich zur Herrin der Beiden Länder«, proklamierte er salbungsvoll. Er nahm Meritusir die Krone aus den Händen und setzte sie Bintanat auf die hundertzöpfige Perücke, die durch einen dicken Goldreif gehalten wurde.
    »Ich werde den König vor allem Unheil beschützen, damit er seiner göttlichen Pflicht, die Beiden Länder im Sinne von Maat zu regieren, nachkommen kann«, erwiderte Bintanat pflichtgemäß und verneigte sich vor Sethi, der von diesem Tag an als Ramses VIII., Ramses-Sethherchepeschef, regieren würde.
    Dann zeigten sie sich gemeinsam ihrem Volk, das bei ihrem Anblick in brandenden Jubel ausbrach.
    Erneut hatte die Maat über das Chaos gesiegt. Das von den Göttern geliebte Rote und Schwarze Land hatte wieder einen Pharao. Der Fortbestand der Beiden Länder war gesichert.
    Nach dem Krönungszeremoniell begab sich Ramses-Sethherchepeschef in seinen Palast, um die Huldigungen und Geschenke seiner Untertanen entgegenzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wollte er auch die hohen Würdenträger in ihren Ämtern bestätigen oder sie derer entheben, um die Posten neu zu besetzen.
    Während dieser endlosen Stunden, in denen die obersten Priester aller Götter des Landes, die Nomarchen und Abgesandten der Vasallen ihm seine Aufwartung machten, musste sich Ramses-Sethherchepeschef des Öfteren ein Gähnen verkneifen. Erst als die beiden obersten Propheten des Osiris vor seinem Thron auf die Knie fielen, wurde er wieder munter. Doch schon mussten sich Meritusir und Amunhotep wieder erheben, denn die Schlange der Wartenden, die sich ihrem neuen Gott zu Füßen werfen wollten, war noch lang.
    Als der letzte Abgesandte seinen Kniefall vor ihm gemacht hatte, gab Ramses-Sethherchepeschef seinem Obersten Herold ein Zeichen, dass für heute Schluss sei. Er hatte keine Lust, sich noch weitere Stunden anstarren zu lassen. Viel lieber wollte er sich endlich auf dem Fest zu seinen Ehren amüsieren. Er wollte essen und trinken und anschließend Bintanat zu seiner Frau machen. Die Ernennungen und Degradierungen konnten bis zum nächsten Morgen warten. Sollten doch all diese Speichellecker noch eine weitere Nacht um ihr angesehenes Amt bangen oder sich in der Hoffnung verzehren, ein besseres zu bekommen als das, welches sie bereits bekleideten. Sethi war das einerlei.
    Er erhob sich und begab sich in seine privaten Gemächer, um sich für das Fest neu zu kleiden.
     
    * * *
     
    Am nächsten Morgen trat Ramses-Sethherchepeschef zum ersten Mal seinem göttlichen Vater Amun-Re in seinem goldenen Schrein gegenüber. Er hatte zwar die Nacht vor seiner Krönung vor dem geöffneten Naos gewacht und gebetet, doch das morgendliche Ritual war etwas völlig anderes. Es ging darum, den

Weitere Kostenlose Bücher