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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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VIER
     
     
     
     
     
     
     
    Zwei Tage später legte die königliche Barke in den Strahlen des anbrechenden Tages vom thebanischen Palasthafen ab. An Bord befanden sich neben dem königlichen Paar und dem Thronfolger nur ein paar engste Familienmitglieder sowie die beiden Osiris-Priester, die neben ihrem Sohn auch Moses mitgebracht hatten. Der inzwischen vierzehnjährige Nubier war nicht nur Meritusir, sondern auch Amunhotep ans Herz gewachsen.
    Ein großes Sonnensegel war gespannt worden, um die erlauchten Gäste vor Res heißen Strahlen zu schützen. Fröhlich schwatzend machten es sich alle darunter bequem, nur Meritusir begab sich an den Bug des Schiffs und sah hinaus auf den Nil.
    Das Wasser glitzerte, und unwillkürlich kniff sie die Augen zusammen, hob das Gesicht der Sonne entgegen und genoss die warmen Strahlen und den kühlen Wind auf ihrer Haut. Sie fühlte sich seit dem Aufstehen nicht wohl. Nun war ihr auch noch leicht übel, doch Amuns Atem verschaffte ihr etwas Besserung.
    Plötzlich trat Hori von hinten auf sie zu und stellte sich neben sie.
    »Es ist herrlich«, bemerkte Meritusir. »Ich könnte hier ewig stehen und mir den Wind um die Nase wehen lassen.«
    »Das würde dir auf Dauer aber nicht sehr gut bekommen«, erwiderte Hori. »Bald schon wird Res Hitze alles verbrennen, was sich ungeschützt in seinen Strahlen aufhält.«
    »Hm«, murmelte sie gedankenverloren und sah wieder hinaus auf den Fluss.
    »Es hat mich unglaublich beeindruckt, was ich in Abydos gesehen habe«, lobte der Prinz. »Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass eine Frau so etwas kann.«
    »Warum denn nicht, Hoheit? Ist eine Frau etwa dümmer als ein Mann?«
    Verlegen zuckte Hori mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich noch nie einer Frau wie dir begegnet bin. Schon damals auf dem Weg nach Memphis war ich von dir und deinem Wissen fasziniert. Du weißt so vieles. Man kann sich mit dir über Dinge unterhalten, über die man normalerweise nur mit Männern reden kann. Du bist eine Frau, Meritusir, eine wunderschöne zudem, doch du birgst ein Wissen in deinem Herzen, das dem eines Mannes gleichkommt.«
    »Danke, Hoheit, ich fühle mich geschmeichelt.«
    »Das musst du nicht, denn ich habe das völlig ernst gemeint. Ich bewundere und respektiere dich.«
    »Trotzdem danke.« Meritusir wandte ihm den Blick zu und lächelte ihn freundlich an. »Auch ich habe dich vom ersten Moment an respektiert, Hoheit. Das mag jetzt sicher anmaßend klingen, doch du warst damals noch ein Knabe. Dennoch warst du geistig deinen Altersgenossen um einiges voraus.« Sie musterte ihn. »Heute bist du ein attraktiver junger Mann, dem die jungen Frauen sicher reihenweise zu Füßen liegen, doch vor allem bist du ein sehr gebildeter Mann. Du wirst ein würdiger Nachfolger auf dem Thron der Beiden Länder sein, Hoheit, wenn dereinst dein Vater zu den Göttern gegangen ist.«
    Nun war es an dem Prinzen, sich zu bedanken. Er tat es mit einer leichten Verneigung. Hori war inzwischen sechzehn Jahre alt, wirkte aber verklärt und erhaben wie ein weit Älterer. »Ich bete, dass bis dahin der Fluss noch unzählige Male über seine Ufer tritt«, entgegnete er und sah zu Meritusir. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Was die jungen Frauen allerdings betrifft, hast du sicher recht. Bisher habe ich aber noch keine gefunden, mit der ich für immer zusammenleben will, obwohl ... Es gibt da eine, die mein Interesse geweckt hat«, verriet er ihr und schmunzelte.
    Die Priesterin erwiderte sein Grinsen. »Wer ist es, Hoheit? Kenne ich sie?«
    »Nein, Meritusir. – Auf keinen Fall ist es jedoch meine Schwester Titi«, raunte Hori ihr zu. »Ich liebe sie, aber ich wollte sie niemals heiraten, so wie es mein Vater geplant hatte. Also war ich gar nicht so böse, als Amuni sein Interesse für sie entdeckte.« Er grinste erneut, dieses Mal verschmitzt.
    »Könnte es möglich sein, dass du vielleicht ein klein wenig sein Interesse an deiner Schwester geweckt hast?«
    »Mitnichten, was denkst du von mir?«, empörte sich Hori.
    Meritusir entging nicht, dass seine Entrüstung nur gespielt war. Verschwörerisch beugte sie sich ihm zu. »Mir kannst du es sagen, Hoheit, oder glaubst du, ich laufe sofort zu deinem königlichen Vater und plaudere alles aus?«
    Der Prinz schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber ich habe wirklich nichts damit zu tun.« Mit Unschuldsmiene sah er sie an.
    Nachdenklich zog Meritusir die

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