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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Steuer nehmen.
    Sie war eine Zielscheibe in einer Schießbude. Revolverheld gegen Psychiater.
    Von hinten hörte sie gestammelte Flüche, Vance’ quengelndes Flehen an eine gemeine kleine Gottheit. Als der Staub durch den Wagen regnete, kreischte er.
    Er riss den Arm nach oben und fuchtelte mit der Pistole. »Fahr schneller, blöde Kuh.«
    »Dann bind mich endlich los«, rief Jo erneut.
    In rasendem Tempo überholten sie ein anderes Auto. Vielleicht alarmierten sie ja den Notruf. Aber selbst wenn sie es taten und die Polizei sofort jemanden losschickte, eine Kugel war hundertmal schneller.
    Wie eine wild gewordene Ratte wand sich Vance nach vorne auf den Beifahrersitz und löste die Zentralverriegelung. Die Jeans war ihm fast ganz über den mageren Hintern hinuntergerutscht. Er umklammerte den Griff. Zerrte
die Tür auf, bis der Wind hereinrauschte. Dann stieß er sich mit dem Quieken eines Ferkels vom Fahrersitz ab und traf Jo dabei mit dem Schuh im Gesicht.
    Ihr Kopf knickte zur Seite. Sie hatte Sterne vor den Augen. Die Hinterräder des Tahoe rumpelten über ein Hindernis. Es fühlte sich an wie ein Holzklotz.
    Plötzlich war Misty neben ihr auf dem Beifahrersitz, in der rechten Hand eine Schere. Die Blätter waren lang, spitz und blutig.
    »Sie haben ihn erwischt?«, fragte Jo.
    »Am Arsch.«
    Jo wäre ihr am liebsten um den Hals gefallen. »Später geb ich einen aus.«
    Tief nach unten geduckt, streckte Misty den Arm aus, um die Kabelbinder zu durchtrennen, mit denen Jo am Lenkrad festhing. »Halten Sie still.«
    »Keine Chance.«
    Der Tahoe hatte zwar viel Power, aber die Lenkung vibrierte wie ein Rasenmäher. Die Schere pendelte hin und her, und die Spitzen sausten gefährlich nah an ihrem Handgelenk vorbei.
    »Schauen Sie nicht mich an, achten Sie lieber auf die Straße«, zischte Misty.
    »Mom hat mich vor dem Fahren mit einer Schere gewarnt.«
    »Ich bin Krankenschwester. Wenn ich Ihnen die Pulsadern aufschlitze, klebe ich Ihnen ein Pflaster drauf und geb Ihnen einen Lolli.«
    »Ich bin Psychiaterin. Wenn Sie mir die Pulsadern aufschlitzen, muss ich mich selbst einweisen.«

    Die blendend weißen Scheinwerfer im Rückspiegel wurden größer.
    »Wir müssen zum Hauptterminal, wo wir von Polizisten umgeben sind.«
    »Highway 88. Die Auffahrt ist ein Stück weiter vorn.«
    Jo erspähte die Überführung in vierhundert Metern Entfernung. Wenn sie von dort den Highway zum Hauptterminal nahmen, brauchten sie mindestens fünf Minuten.
    »Keine Zeit.«
    Aber da war auch eine Seitenstraße, die zu den Privatterminals führte. Sie trat auf die Bremse und schlitterte um die Kurve. Misty taumelte gegen das Armaturenbrett.
    »Entschuldigung.«
    Jo hätte nicht geglaubt, dass sie den Fuß so fest aufs Pedal pressen konnte. Sie hatte keine Ahnung, ob sie es schaffen würden. Dröhnend schoss sie durch das dunkle Gewerbegebiet. Misty steckte ein Blatt der Schere unter den Kabelbinder um Jos rechtes Handgelenk und drückte den Griff mit beiden Händen zusammen, bis das Plastik barst.
    Der Durchgang zum Flugfeld lag direkt am Ende der Straße.
    Sie umklammerte das Lenkrad. »Schere.«
    Misty reichte sie ihr.
    »Murdocks Telefon war auf der Ablage. Suchen Sie am Boden.«
    Mit der linken Hand steuernd, schob Jo die Schere unter die andere Fessel und schnitt sie ebenfalls durch. Misty tastete herum, dann hatte sie das Telefon gefunden. Aus dem Augenwinkel verfolgte Jo, wie sie blinzelnd auf das Display starrte und eine Nummer wählte. Sie war den Tränen nah.

    Tief geduckt drückte Misty das Handy ans Ohr und spähte am Sitz vorbei durchs Heckfenster. »Ian antwortet nicht.«
    Im Rückspiegel sah Jo, dass der Pick-up die Kurve in die Seitenstraße nur mit Müh und Not bewältigte, zu stark gegensteuerte und eine Wasserfahne hinter sich herzog, als er durch den Rinnstein schlitterte. Kanan hielt ein Gewehr in den Armen.
    »Seth, alles in Ordnung mit dir?«, rief Misty.
    Keine Antwort.
    Misty hob den Kopf. »Seth?«
    »Mom … ich bin verletzt.«
    »O Gott.« Misty kletterte zwischen die Sitze und verschwand nach hinten.
    Jo schaute auf den Tacho, der hundertvierzig anzeigte. Hektisch versuchte sie im Rückspiegel den Jungen zu erkennen. Doch da waren nur die grellen Scheinwerferstrahlen und eine von Schüssen durchlöcherte Heckscheibe.
    Sie sah wieder nach vorn. Der Tahoe fraß den Asphalt und jagte auf den Durchgang zu. Dahinter warteten die roten Lichter des Flugfelds.
    Na dann. »Festhalten.«
    Der Durchgang war nur mit

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