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Die Strafe - The Memory Collector

Titel: Die Strafe - The Memory Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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durchbohrte sie mit seinem Blick. »Glauben Sie mir das?«
    Natürlich nicht. »Natürlich.«
    »Hören Sie genau zu. Die Folgen für mich selbst sind mir egal. Sie haben mir großes Leid zugefügt. Und das werde ich Ihnen heimzahlen. Einem Typen in meinem Zustand kann keiner mehr was anhaben. Was soll mir denn noch Schlimmeres passieren?«
    Seine Augen hielten ihren Blick. Sie waren nicht mehr tot wie Diamanten, sondern glänzten feucht. Seine Brust hob und senkte sich an ihrer. Seine Lippen waren nur Zentimeter von ihrem Ohr entfernt. Er starrte sie an, vielleicht in Erwartung einer Reaktion.
    Entscheidend war, dass er den Griff lockerte. Das gab ihr zehn Zentimeter Platz und eine Sekunde Zeit. Sie warf sich nach vorn und trat mit dem linken Bein nach der Schalttafel. Sie traf die rote Alarmtaste.

    Ein Jaulen schoss durch den Aufzug. Zornig stieß Kanan sie von sich und drückte kopfschüttelnd auf Öffnen. Das Messer hing locker in seiner Hand, anscheinend vergessen.
    Langsam glitt die Tür auf. Da fiel Kanans Blick auf den Krankenhausausweis an Jos Pullover. Er riss ihn herunter.
    Hielt ihn hoch. »Ich werde Sie finden.«
    Der Aufzug war offen. Er wandte sich um und sprintete davon.
    Jo stützte sich an der Wand ab. Das Licht im Flur schien gleißend hell. Ihr Herz hämmerte in ihren Ohren.
    Die Fahrstuhltüren fingen an, sich wieder zu schließen. Sie schoss hinaus wie ein Hockeypuck, direkt an mehreren Assistenzärzten in Kitteln vorbei. Hektisch spähte sie in beide Richtungen des Korridors, aber Kanan war verschwunden.
    Sie wandte sich an einen Assistenzarzt. »Rufen Sie den Sicherheitsdienst.«
    Die Worte auf Kanans Arm. Sie wusste nicht, ob sie dort schon gestanden hatten, als er aus dem Flugzeug stieg, oder ob sie erst hier im Krankenhaus geschrieben worden waren. Jedes Mal, wenn sie ihn gesehen hatte, hatte er sein langärmeliges Hemd getragen.
    Das Summen in ihrem Kopf wurde heftiger: Freude, Wut, Erleichterung, eine fast schwindelige Begeisterung darüber, dass sie ungeschoren davongekommen war.
    Einer der Ärzte sprach sie an. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    »Aufzüge«, antwortete sie. »Einfach ein Alptraum.« Das Schrillen der Alarmglocke schallte durch den Gang. Aber den Nachhall von Kanans Stimme konnte sie nicht
übertönen. Ich hol sie mir. Jo hatte Angst davor, was er damit meinte. Denn es bestand kein Zweifel, was sie auf seiner Haut erkannt hatte: Namen. Und zwei mit Tinte geschriebene Worte, die wie eine unheilvolle Prophezeiung in seinen Arm gestanzt waren.
    Sie sterben.

KAPITEL 8
    Jo schaltete herunter, da der Verkehr auf dem regennassen Highway jetzt langsamer floss. Ihr Haar schwenkte mit ihrer Bewegung vor und zurück. Sie schaltete die Freisprechanlage ein und drückte auf Wiederwahl.
    Diesmal wurde schon nach dem ersten Klingeln abgenommen. »Hi, Jo, bringst du deine Fälle jetzt schon selbst mit, wenn du anrufst?«
    »Freut mich, mal wieder deine Stimme zu hören, Amy.«
    Am anderen Ende der Leitung knipste Lieutenant Tang ihr Feuerzeug an. »Nein, umgekehrt. Du bringst Licht in mein Leben. Ich sitze am Schreibtisch und blättere in Frauenzeitschriften, bis mich dein Anruf endlich erlöst. Was für eine Garderobe soll ich diesen Frühling tragen - Hollywoodeleganz oder Märchenfeelook?«
    »Schwarz, Amy. Oder schwarz.«
    Tang konnte nicht verhindern, dass ihr ein kurzes, amüsiertes Ha entwischte. »Na schön, Doc. Ich steh dir zur Verfügung. Wir treffen uns in dem Café unten am Berg, wo’s zu deinem Haus hochgeht. Ich kann zehn Minuten für dich erübrigen, weil ich so ein Engel bin.«

    Tang klang nicht unbedingt, als hätte sie noch Koffeinbedarf, aber Jo antwortete: »Bin schon unterwegs.«
    Eine Viertelstunde später fand sie zwei Straßen vom Java Jones einen Parkplatz. Das Café lag in einer angesagten Nebenstraße am Fuß des Russian Hill in der Nähe von Fisherman’s Wharf. Jo schlang sich den Schal um den Kopf und schlug den Kragen der Jeansjacke hoch. Nachdem sie ein paar Münzen in die Parkuhr gesteckt hatte, eilte sie los. Die Fensterscheiben des Lokals waren dicht beschlagen. Die Lampen dahinter verströmten den bernsteinfarbenen Schein eines Pariser Cafés von 1870. Das Ganze glich einem Gemälde von Monet. Als sie die Tür aufschob, war sie schon einigermaßen durchweicht.
    Verführerischer Espressoduft schlug ihr entgegen. Auf der Stereoanlage lief »Hum Hallelujah« von Fall Out Boy. Lieutenant Amy Tang wartete an der Theke auf ihre Bestellung und trommelte

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