Die Strafe - The Memory Collector
müssen wir verhindern.«
Nächster Versuch. »Geben Sie mir ein bisschen Zeit …«
»Die hatten Sie schon.«
Sie hob die Hände, weil ihr klar war, dass sie ihn nicht weiter bedrängen durfte. Hinter Paterson bemerkte sie Simioni, der sich näherte. Er trug einen Rucksack und ein mit Luftpolsterfolie umwickeltes Paket.
Er legte alles auf den Tresen. »Kanans Handgepäck und einer der Dolche, die er dabeihatte. Sagt Ihnen das was?«
Paterson schaute erstaunt. Kopfschüttelnd musterte er Jo. »Wie haben Sie es im Flughafen ausgedrückt: inwiefern verrückt und welche Art? Aber die eigentliche Frage ist: Wer ist hier verrückt? Und die Antwort lautet: ihr Ärzte. Kanan gehört in eine Zwangsjacke.«
Jo öffnete den Mund, um zurückzugiften, doch da läutete ihr Telefon. Der Klingelton war ein Death-Metal-Riff mit einem Sänger, der »psychosocial« brüllte. Hastig griff sie danach und wandte sich von Paterson und Simioni ab, die sie entgeistert anstarrten.
Nach einem Blick auf das Display wurde ihr Gesicht heiß. Mit leiser Stimme meldete sie sich: »Kann ich zurückrufen?«
»Rund um die Uhr«, antwortete Gabe Quintana. »Du weißt, wie du mich erreichst.«
»Super.« Mit klopfendem Herzen schaltete sie ab und drehte sich wieder um. »Entschuldigung.«
Paterson blähte sein figurbetontes Uniformhemd und schnaubte. »Ist Kanan stabil?«
»Das ist relativ«, erwiderte Simioni. »Aber zumindest sein Leben ist im Moment nicht mehr in Gefahr.«
»Ich muss ihn verhaften.«
Jo erhob keinen Einspruch mehr. Kanan würde schon klarkommen. »Allerdings können Sie ihn heute nicht mehr ins Gefängnis transportieren. Er ist in ärztlicher Behandlung.«
»Verstanden. Aber ich muss die Formalitäten erledigen.«
Widerstrebend begleiteten Jo und Simioni den Officer zu Kanans Krankenzimmer. Paterson öffnete die Tür.
Kanan war verschwunden.
KAPITEL 7
»Verdammt.« Paterson griff nach seinem Funkgerät und trabte davon.
Kanan war verschwunden und mit ihm die Sachen vom Stuhl neben dem Bett: Jacke, Brieftasche, Pass. Auf dem Boden fanden sie einen zerknüllten blau karierten Schal, der zu Misty Kanans Rock passte. Jo hob ihn auf. Auf dem zusätzlichen Besucherstuhl lag ein aufgerissenes Paket in Luftpolsterfolie.
Hastig überprüfte Simioni den Inhalt. »Das Schwert ist da. Der zweite Dolch …«
Draußen eilte ein Pfleger vorbei. Jo fing ihn ab. »Haben Sie einen Mann aus dem Zimmer kommen sehen? Rostrotes Haar, hellblaue Augen?«
»Vor zwei Minuten. Ist raus und hat nach der Frau gefragt, die vorhin hier war.«
»Nach seiner Frau?«
»Karorock, hübsch?«
»Ja.«
»Hab ihm gesagt, dass sie da lang gegangen ist.« Er nickte nach links.
Der Cop war nach rechts gelaufen. Jo wandte sich an Simioni. »Holen Sie Paterson.«
Sie eilte in die Richtung, die der Pfleger angegeben hatte. Kanan konnte noch nicht weit sein. Sie machte sich Vorwürfe. Kanan hatte immer wieder erwähnt, dass er wegwollte. Sie hätte nicht einfach davon ausgehen dürfen, dass Simioni und Paterson ihn im Auge behielten.
Was hatte Kanan zur Flucht veranlasst?
Und die Preisfrage: Geschäftsreise, Gift, Waffen - was davon passte nicht zu »Firmenaufpasser«?
Sie drängte durch die Doppeltür am Ende des Gangs. Wenn Kanan hinausgelangte, würde er dann ziellos herumirren? Kannte er sich in dieser Gegend aus?
Sie bog um eine Ecke in den nächsten Gang. Am hinteren Ende erspähte sie ihn in der Nähe der Aufzüge.
Er entfernte sich mit ruhigen Schritten und schaute sich nach allen Seiten um.
Jo steuerte auf ihn zu. »Ian, warten Sie.«
Er drehte sich um. Sein Blick erfasste sie wie ein Zielradar, ohne sie zu erkennen.
Wo blieb Officer Paterson? Sie schielte über die Schulter. Der Cop war nirgends zu entdecken. Langsam, mit vorgestreckten Händen trat sie auf Kanan zu. »Ich bin Dr. Beckett. Bitte gehen Sie nicht. Sie haben eine schwere Kopfverletzung, die Ihr Gedächtnis geschädigt hat. Sie können keine neuen Erinnerungen bilden.«
Er musterte sie Stück für Stück, bis er den Karoschal in ihrer Hand bemerkte. Sein Gesicht wurde hart.
»Den habe ich gefunden. Misty hat ihn in der Notaufnahme vergessen.«
Ohne jede Vorwarnung stürzte er auf sie los.
Sie wollte ausweichen, aber er war unheimlich schnell. Er packte sie an der Hand und zerrte sie mit schockierender Leichtigkeit durch die offene Tür eines Aufzugs. Als sie Luft holte, um zu schreien, riss er sie von den Füßen, wirbelte sie herum und presste ihr eine Hand auf
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