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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Stadt aufwertete und daß es vielleicht einmal heißen würde: »Die grundlegenden Forschungen von Tscheljabinsk haben ein anderes Weltbild ergeben …« Dann würde Tscheljabinsk in aller Mund und unsterblich sein. Genossen, einen solchen Mann muß man pflegen! Außerdem war der geniale Professor ein echtes Brüderchen: Er gehörte vielen Vereinen an, war der Dramaturg des ›Südsibirischen Laien-Theaters‹, hielt im Volkshaus Vorträge über Hypnose und Telepathie und hatte es fertiggekriegt, das Mitglied des Stadt-Sowjets, den Genossen Marat Leonidowitsch Rojkow, zu hypnotisieren. Auf offener Bühne, vor über tausend atemlosen Besuchern, hatte Rojkow seine Hosen fallen lassen. Da er ein positiver, humorvoller Mensch war, hatte er das Neroschenko nie übelgenommen.
    Als das Flugzeug ausrollte und dem Einweisungsauto langsam zum Standplatz folgte, schoß ein kleiner Omnibus aus dem Gebäudekomplex des Flughafens hervor und hielt an der Maschine. Zwei in dicke Mäntel gehüllte Frauen rannten die herausfahrende Gangway hinauf. Auf den Armen trugen sie langhaarige Pelze.
    »Wir kommen noch aus dem Sommer, aber hier ist schon Winter!« sagte Neroschenko. »Meine Assistentinnen bringen uns Mäntel. Ich halte Frieren für eine der unangenehmsten Körpererscheinungen. Dr. Boganorow hat Ihre Maße durchgegeben, für jeden ist ein passender Pelz dabei. Füchse, meine Lieben. Ich selbst trage lieber Hundefell. Aber das will ich dem zarten deutschen Tierfreundgemüt nicht zumuten.«
    »Die Organisation klappt vortrefflich.« Doerinck erhob sich von seinem Sitz. Die Mädchen – eines blond aus dem Norden, aus Leningrad; eines schwarzäugig, ebenholzgelockt, mit hohen Backenknochen, eine Tungusin – kamen in den Raum und hielten die Mäntel hoch und riefen:
    »Dr. Hambach … Gospodin Doerinck … Gosposcha Corinna … Ljudmila Davidowna … Gospodin Herbert …«
    Sie halfen den Aufgerufenen in die Pelze, während die sowjetischen Wissenschaftler selbst nach ihren zotteligen Hundefellmänteln griffen. Auch für Soja Igorowna gab es einen Pelz, einen wunderschönen Blaufuchsmantel. Sie sah darin aus wie ein superteures, supermondänes, superschönes amerikanisches Pelz-Mannequin. Sie wußte das auch, warf Dr. Latischew, der schon immer wie ein Hund um sie herumstrich, einen feurigen Blick zu und verließ als erste das Flugzeug.
    Die Fahrt zum Institut, zunächst quer durch Tscheljabinsk, wurde auf dem letzten Stück, am Rande der Berge, zu einem Abenteuer. Die Straße war vereist, der kleine Bus tanzte hin und her, und nur die vielen Querrillen des nun gefrorenen herbstlichen Schlammes verhinderten ein Ausbrechen. Außerdem: Was kann einem russischen Fahrer eine schlechte Straße antun?! Für einen Sibirier gibt es nichts, was nicht überwunden werden könnte. Wie könnte er sonst in Sibirien überleben?
    Im Institut war alles anders. Warme, helle, blitzsaubere Räume, wie in einer Klinik. Blitzende, fast spiegelnde Kunststoffböden und ebensolche Deckenverkleidungen. Nicht ein Stäubchen, nicht ein Fleckchen! Als die Ankömmlinge das Institut betraten, wurden ihre Schuhe an automatischen Rollbürsten gereinigt. Einen Augenblick lang roch es scharf nach Phenol. Ein Hitzestrahl traf die Füße.
    »Wir werden desinfiziert«, sagte Neroschenko fröhlich. »Nein, nicht sterilisiert, um Gottes willen, nein! – Ich bin ein Sterilnarr. Auch wenn wir es hier nur mit dem Geist zu tun haben: Ich bestehe im inneren Bereich meines Instituts auf völliger Keimfreiheit.«
    Die Zimmer, die man Corinna und ihrer Begleitung zuwies, lagen in einem Nebengebäude, das durch einen gläsernen Gang mit dem eigentlichen Institut verbunden war. Hier wohnten auch Professor Neroschenko und sein Stellvertreter Dr. Boganorow. Die anderen Mitarbeiter hatten Wohnungen in Tscheljabinsk, kamen morgens mit den für sie bereitgestellten Bussen und wurden abends damit wieder abgeholt. Ein eigenes Auto besaßen nur fünf Wissenschaftler. Der Kleinbus war das Institutsfahrzeug für alle Zwecke. Im Sommer allerdings änderte sich das, da fuhren die meisten mit dem Fahrrad zum Institut.
    In Abwandlung des alten lateinischen Spruches: In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist – hatte Neroschenko verkündet: Der Geist und der Körper gehören zusammen. Der Körper sei das Haus, in dem der Geist arbeite. Was mache man mit einem Haus, damit es lange halte? Man pflege es. Man putze es, man renoviere, man erneuere Teile, wohl fühlen wolle man sich ja.

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