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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sofort zugesagt.
    Auf Schloß Sunderfeld, einer kleinen Wasserburg, wurde gefeiert. Der Schloßherr, von Corinna von seinem permanenten Ischias geheilt, hatte darauf bestanden, diese Feier auszurichten als Dank für seine Heilung. Es war nur ein erlesener Kreis am großen runden Tisch der Kaminhalle von Sunderfeld. Die Tischrede hielt natürlich Dr. Roemer; sie gipfelte in den Sätzen: »Wenn ich mich hier so umsehe – hier hocken lauter ehemalige Kranke herum, die durch Corinnas Hände von ihren Leiden befreit wurden. Nähme man uns als Repräsentanten einer Umfrage und rechnete uns hoch, wie das die klugen Computer bei Wahlen mit den ersten Wählern tun, dann käme heraus, daß die ganze Menschheit mehr oder weniger angeknackst ist. Wir brauchten also einige hunderttausend Corinnas. Aber es gibt nur sie, die eine Corinna. Bei ihr müßte die Zeit stillstehen, sie müßte wirklich ewig leben! Und weil das nicht so ist, sollten wir den heutigen Tag feiern wie keinen anderen.«
    Am Abend gab es auf Burg Sunderfeld noch ein kleines Feuerwerk zu Corinnas Ehren, und dann geleitete der Schloßherr selbst, mit einem silbernen Kerzenleuchter in der Hand, das junge Paar in das ›Brautgemach‹, wie er das mit weißem Tüll und Rosen geschmückte Schlafzimmer nannte.
    Unten, am knisternden Kaminfeuer, saßen Doerinck, Dr. Hambach und Roemer zusammen, rauchten eine dicke, lange Havanna und tranken Burgunder. Dr. Wewes, Ljudmila, der Schloßherr und seine Frau gruppierten sich um einen anderen Tisch und bevorzugten Champagner.
    »Am achtzehnten Januar ist Doppeltermin«, sagte Roemer gemütlich. »Roemer gegen Roemer und Willbreit gegen Willbreit wegen Scheidung. Das nennt man Freundschaft, was?« Er lachte dröhnend und soff den schweren Rotwein wie Wasser. Einen Weinkenner hätte das Grausen gepackt. »Willbreit ist völlig durcheinander und schläft schon nicht mehr zu Hause, sondern in seiner Klinik, in einem extra für ihn eingerichteten Zimmer. Zu leiden haben seine Ärzte, denn schon ab sieben Uhr setzt er Operationen an. Professor Hellbrecht, der große Chef, kümmert sich nicht darum. Er will emeritieren und hat Willbreit zu seinem Nachfolger vorgeschlagen.« Roemer reckte sich im Sitzen: »Auch ich habe um meine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gebeten. Ich werde mir hier in der Gegend ein Häuschen kaufen und einen Weinkeller ausmauern lassen; werde die Jahre, die mir noch bleiben, in der Sonne sitzen und mir täglich sagen: Junge, diesen Tag haste noch erlebt! Welch ein Glück. Lobet den Herrn!« Er sah Doerinck an, beugte sich zu ihm vor und schlug ihm auf den Schenkel. »Stefan, wann fangt ihr mit dem Bau von Corinnas neuem Haus an?«
    »Sie will nicht.« Doerinck zuckte hilflos mit den Schultern.
    »Was ist denn das? Sie will nicht? Was will sie dann?«
    »Sie will, wenn das Kind gekommen ist, wegziehen. Irgendwohin, wo sie keiner kennt«, sagte Dr. Hambach. »Weg von diesem chaotischen Rummel um sie.«
    »Und das serviert ihr mir so beiläufig beim Burgunder?«
    Doerinck hob wieder die Schultern. »Wir wissen es auch erst seit gestern.«
    »Und wo will sie hin?«
    »Da gibt es noch keine Vorstellung. Nur weg will sie. Marius wird seine phantastischen Bilder über Morrison and Sons verkaufen, und nur Morrison und wir, die wir hier sitzen, werden wissen, wo die beiden … die drei leben. Beruhige dich, Erasmus: Du kannst deine geliebte Corinna so oft sehen, wie du Lust hast.«
    »Das wäre ja wohl auch das mindeste«, knurrte Dr. Roemer. »Konnte sie nicht mit der Hochzeit warten? Jetzt, wo ich gesund bin, hätte man das überlegen können: Sie ist fast einunddreißig, ich bin neunundvierzig … achtzehn Jahre Unterschied, das würde doch gut zusammenpassen!«
    Das ausbrechende Gelächter lockte auch die anderen an den feuerknisternden Kamin, und Roemer brüllte weinselig: »Ljudmila, Mütterchen, du hast den falschen Schwiegersohn bekommen!«
    *
    Im Januar, an einem Vormittag um genau elf Uhr zweiundzwanzig, während der Behandlung einer chronischen Gastritis bei einer Frau, die aus Südholland zu ihr gekommen war, bewegte sich in Corinnas Leib zum erstenmal das Kind.
    Es war ein ungeheuer beseeligendes Gefühl. Für einen kurzen Moment schloß Corinna die Augen und lauschte nach innen, ihre Hände kreisten dabei noch über dem Magen der Kranken und spürten die Gegenkräfte der Krankheit. Aber plötzlich, mit dem Aufzucken des neuen Lebens in ihr, erlosch schlagartig der kraftstrahlende Kontakt zwischen

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