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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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entgegendämmerte, machte sein Herz schwer. Niemand konnte zu einer Operation gezwungen werden, ganz klar – aber nichts zu tun und tatenlos zuzusehen, wie ein Mensch verging, durfte man das? Stand das Recht des Kranken auf den eigenen Körper jenseits der Verantwortung des Arztes?
    Obwohl Willbreit sich zwingen wollte, den Fall Doerinck geistig und seelisch ›abzulegen‹, ihn einfach aus seinem Umfeld zu streichen und sich nur um die alltäglichen Dinge in seiner Klinik zu kümmern, ließ sein verletzter Stolz es letzten Endes doch nicht zu, sich des ›Problems Corinna‹ durch Mißachtung zu entziehen. Das Theater mit ihren bio-energetischen Kräften – nur widerstrebend nahm Willbreit diesen Begriff an – hatte ihn zum Kampf aufgerufen. Er weigerte sich selbstverständlich, so etwas ernst zu nehmen – diesen uralten Wunderglauben, der seltsamerweise unsterblich war trotz Mondflug und Atomzertrümmerung. Und das ausgerechnet auf medizinischem Gebiet. Ein gefährliches Spiel mit Kranken, deren Vertrauen blind wird, wenn man ihnen vorgaukelt: Ich kann dir helfen, wo andere versagen. Das war, so stellte Willbreit fest, das Verbrecherische an der sonst lächerlichen Streichelei, war genau das, was radikal unterbunden werden mußte.
    Darüber wollte Willbreit mit seinem Freund Roemer sprechen. Und über den Irrsinn, die Chance der Operation nicht wahrzunehmen, sondern – um mit Roemer zu sprechen – alle Pauken und Flöten jubilieren zu lassen.
    Aber Roemer war nicht da. »Der Herr Landgerichtsdirektor ist in die Stadt gefahren«, erklärte das Hausmädchen, als Willbreit an der Riesenvilla klingelte. »Wohin? Das sagt er mir doch nicht …«
    Willbreit fuhr nach Münster zurück, und nur durch einen Zufall – weil eine Straße wegen Bauarbeiten gesperrt war und der Verkehr umgeleitet wurde – sah er unvermutet Roemers Wagen am Straßenrand stehen. Kein Zweifel, es war sein Wagen! Die Nobelmarke stimmte, die Autonummer. – Willbreit fuhr langsam weiter, fand eine Lücke zwischen den parkenden Wagen, setzte seinen Maserati hinein und lief zurück. Ein Blick durch das Fenster überzeugte ihn, daß es wirklich Roemers Wagen war: Auf dem Rücksitz lagen die beiden Kissen, in die sich Elise – so erzählte es Roemer einmal – während der Fahrt wie ein schnurrendes Kätzchen kuschelte. Kissen, bezogen mit Saphirnerz. So etwas gab es in Münster nur einmal.
    Willbreit sah sich erstaunt um. Was machte Roemer hier, in dieser Gegend? In einer Geschäftsstraße mit Läden, die nicht zu der Klasse gehörten, die für Roemer sonst maßgebend waren. Ein Schreibwarengeschäft, eine Boutique für progressive Fans, eine Metzgerei, ein Blumenladen, eine Bäckerei, ein Bettengeschäft, eine Polstermöbelausstellung, ein Schuhladen mit 30% Sonderrabatt. Willbreit war ratlos. Eins ist möglich, dachte er: Irgendwo hier in den Häusern könnte Roemer eine heimliche Geliebte haben. Andererseits würde er wohl nicht so idiotisch sein, seinen auffälligen Wagen direkt vor die Tür zu setzen. Dann ist es also eine andere Straße, aber hier in der Nähe muß Roemer jetzt sein, seit ein paar Stunden schon. Es war anzunehmen, daß er bald zu seinem Wagen zurückkehren würde.
    Willbreit überlegte: Warten oder nicht? Er entschloß sich, eine halbe Stunde auszuhalten, steckte sich eine Zigarette an und warf sie sofort wieder weg, als er einen Mann in einem blauen Overall kommen sah, ein Schlüsselbund schwingend, mit einer Pfeife zwischen den Lippen. Der Mann ging zu Roemers Wagen, schloß ihn auf und ließ sich in das Polster fallen.
    Mit ein paar langen Schritten war Willbreit neben der Tür, die noch offen stand. Der Mann im Overall sah Willbreit erstaunt an. Dann steckte er den Zündschlüssel ins Schloß und drehte ihn rum. Der Motor sprang sofort surrend an; ein Wagen von dieser Klasse hat keinen ordinären Motorklang. Er singt …
    »Was machen Sie denn da in dem Wagen?« fragte Willbreit.
    »Geht Sie das was an?« antwortete der Mann im Overall.
    »Der Wagen gehört Landgerichtsdirektor Roemer.«
    »Stimmt. Na und?«
    »Mein Name ist Willbreit.«
    »Aha! Fritz Sinsemann.«
    »Wie bitte?«
    »So heiße ich.«
    »Ist Herrn Roemers Wagen in Reparatur?«
    »Nee. Wieso?«
    »Weil Sie drinsitzen, in einem Overall.«
    »Haben Sie was gegen Overalls? Bequemes Zeug, Herr Willbreit. Am Abend rin in die Waschmaschine, am nächsten Morgen alles picobello!«
    »Wann will Herr Roemer seinen Wagen wieder abholen?«
    »Keene Ahnung. Er hat

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