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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gesehen, starrte ihn an, und der Ring bewegte sich langsam auf mich zu. Später erfuhr ich: Es war der Ring meines Großvaters, den er meiner Mutter als Talisman mitgegeben hatte, als sie Papa heiratete.«
    »Eine welke Blume …« Roemer starrte vor sich hin. »Und mich schicken Sie weg?«
    »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Warum nicht? Sie trocknen einen Krebs aus mit den Strahlen, die aus Ihren Händen kommen. Sie haben die Prostatitis von Dr. Hambach geheilt. Nur Sie allein wissen, wo Sie noch weitere unerklärbare Erfolge hatten. Warum sagen Sie ausgerechnet bei mir nein?«
    »Ich kann Ihre Leber nicht retten. Überall, auch hier, gibt es Grenzen.«
    »Versuchen Sie es. Mein Gott, man kann es doch wenigstens versuchen!«
    »Es geht nicht, wenn man nicht selbst daran glaubt.« Corinna schüttelte den Kopf. »Die Kraft – oder wie will man das nennen – ist nicht mehr da. Ich sehe Sie an und weiß, hier hilft es nicht.«
    »Und wenn Sie es doch versuchen … bitte …«, sagte Roemer ganz leise. »Ich … ich balanciere am Rande der Verzweiflung …«
    Corinna wandte sich ab, ging zu dem großen Fenster und blickte hinaus in den Garten. Die Werkstattscheune stand inmitten einer Baumgruppe, die einmal das Gehöft wie eine grüne Mauer umgeben hatte. Kurz nach dem Krieg war das Haupthaus abgebrannt. Brandstiftung, sagte man in Hellenbrand. Rache von entlassenen Kriegsgefangenen. Die Amerikaner hatten die Gefangenen sofort beim Vorrücken befreit, es waren meist Russen, und da hatten sie Rache genommen, zogen plündernd und marodierend durch die Dörfer, mit Beilen und Knüppeln, Sensen und Schlachtermessern und wüteten, bis die Amerikaner, ihre Befreier und Verbündeten, sie wieder einsammelten, erneut ins Lager steckten und dann mit Sonderzügen nach Osten abschoben. Für den Hof des Bauern Schulte-Haffnung war es zu spät, er brannte bis auf die Grundmauern nieder; und mit ihm verbrannten der Bauer selbst, seine Frau und sein jüngster Sohn. »Tja, so is dat«, sagte man in Hellenbrand, als der Rachespuk vorbei war. »War'n doller Hund, der Schulte-Haffnung. Hatte dreißig Russen auf 'n Hof, ging über die Felder und trat sie in den Hintern oder schlug mit'n Knüppel drauf. ›Mei'n Paul habt ihr bei Kursk erschossen!‹ hat er immer gebrüllt. ›Und ihr freßt jetzt mein Brot! Jeden Bissen sollt ihr spüren!‹ Tja, das war ungerecht. So was tut man nicht. Und die Russen haben's sich gemerkt und den Hof angesteckt, mit allem, was drin war … War 'ne schwere Zeit, Leute …«
    Die Brandruine wurde später abgerissen und aller Schutt weggefahren. Nur die Scheune blieb übrig, die hatten die Russen seltsamerweise nicht angesteckt. Jahrelang stand sie leer, keiner wollte sie haben, von wegen der Toten, die es da gegeben hatte. Und außerdem hatte die Lina Korthaus, als sie vom Pilzesammeln in der Dämmerung nach Hause ging, den alten Schulte-Haffnung gesehen. Ja, tatsächlich … er stand da, wo einmal das Haus gestanden hatte, und rauchte seine Pfeife. Lina Korthaus beschwor es und beichtete es dem Pfarrer. Man versuchte, sie von dem Unsinn zu überzeugen, aber sie blieb dabei: »Hä stund da und rauchte seine Piep … ich kenne doch den Philipp …«
    Auch wenn der Lina keiner glaubte: Niemand in Hellenbrand wollte die Scheune haben. Möglich ist immerhin alles, und es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde … na ja, es muß ja nicht sein. Bis Corinna eines Tages sagte: »Papuschka, ich habe eine fabelhafte Werkstatt gefunden – die alte Schulte-Haffnung-Scheune. Mit ganz wenig Geld kann ich sie umbauen, so wie ich sie mir denke.«
    Natürlich kannte Corinna von Kind an die Geschichte mit dem spukenden Philipp Schulte-Haffnung. Solange sie klein war, hatte sie immer einen großen Bogen um das verwahrloste Grundstück gemacht, und das blieb so, bis sie fünfzehn war. Da fuhr sie mit ihrem Rad mitten in den Baumkranz und lehnte das Rad an die Scheunenwand. Zögernd war sie in das Gebäude getreten. Muffig und verfault roch es drinnen, Schimmel glänzte an den Balken, und Spinnen hatten ihre weiten Netze gesponnen. Wenn jetzt der Philipp plötzlich dasteht, hatte sie gedacht, laufe ich nicht weg. Ich geh auf ihn zu und frage ihn: »Warum kommst du immer wieder? Du bist doch tot. Erschlagen und verbrannt. Du kannst doch nichts mehr ändern, Schulte-Haffnung.«
    Aber es tauchte kein Geist auf; sie ging ein paarmal in der Scheune rundum, völlig frei von Angst – ja, sie spürte so etwas wie Geborgenheit und blieb

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