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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Asien, Australien. Noch habe ich Zeit dazu, was meinen Sie? Und wenn es in Hongkong oder Rio de Janeiro zu Ende geht, was soll's? Dann erspare ich meiner Umgebung das Letzte. Ob ich nun in der Erde von Brasilien liege oder auf dem Alten Friedhof von Münster im Familiengrab – hat das eine Bedeutung? Ich bin nicht mehr, also basta!« Corinna hörte sein typisches Schnaufen, wenn er tief Luft holen mußte. »Was sagen Sie dazu? Ich rutsche in einen fast orientalischen Fatalismus hinein.«
    »Waren Sie noch mal bei Professor Willbreit?« fragte Corinna eindringlich.
    »Nein. Aber der Bursche läßt keine Ruhe. Traktiert mein Hausmädchen. Wehe, wenn sie sagt, wo ich bin! Dann vergewaltige ich sie. Das hab' ich ihr angedroht.« Roemer lachte fett, da hatte sich nichts geändert. »Sie wird schweigen, als ob sie keine Zunge hätte. Übrigens Zunge: Kennen Sie den Witz? Treffen sich zwei Freundinnen, von denen die eine gerade ihre Hochzeitsnacht hinter sich hat, und da sagt die Jungverheiratete …«
    »Sie sollten doch zu Professor Willbreit gehen!« unterbrach ihn Corinna. »Bitte, tun Sie das.«
    »Sie sind wie Willbreit. Ein Witzetöter!«
    »Es geht um viel mehr als um Witze, Herr Roemer.«
    »Sie sagen es!« Roemers Stimme wurde unsicher. »Kann … darf ich wieder zu Ihnen kommen, Corinna? Nur noch einen Versuch …«
    »Ich rufe Sie an, Herr Dr. Roemer.«
    »Das tun Sie ja doch nicht.«
    »Ich verspreche es Ihnen.«
    »Wann?«
    »Wenn ich spüre, daß ich Ihnen helfen kann.«
    »Und wenn Sie es nicht spüren?« Das Gespräch drehte sich im Kreis. Man kam nicht weiter. »Ich … ich warte, Corinna. Falls ich nicht zu Hause sein sollte, sagen Sie es ruhig dem Hausmädchen. Nur meiner Frau nicht … Danke, Corinna.«
    Nach diesen Worten hatte er das Telefongespräch beendet, den Hörer aufgelegt, sich eine Zigarre angebrannt, eine Flasche Château Mouton entkorkt und sich nach dem ersten Glas dazu durchgerungen, doch bei Willbreit anzurufen.
    Statt Thomas war Lydia Willbreit am Apparat.
    »Hier Erasmus der Fette«, sagte Roemer. »Ist der Knochensäger greifbar?«
    »Thomas hat heute seinen Stammtisch. Ich dachte, du bist auch da!«
    Roemer war zufrieden. Gut so, mein Junge, dachte er. Du hast also deiner Frau nichts von mir erzählt.
    »Ein geplagter Richter hat nicht so viel Zeit wie ein Bauchaufschlitzer. Der holt 'ne Galle, näht zu – fertig. Aber ein Prozeß kann wochenlang gehen, da gibt es Tausende von Aktenseiten, durch die man durch muß. Dafür sind die häuslichen Abende da.«
    »Soll ich Thomas etwas bestellen?«
    »Nein. Ich wollte nur mal hören, so allgemein … Was ist das für eine Musik im Hintergrund?«
    »Ich habe Gäste. Die Frauen der Männer, die mit Thomas am Stammtisch sitzen. Das haben wir so ausgemacht, das ist wirklich lustig. Nur deine Elise fehlt. Der dumme Bär in Ungarn …«
    Elise und lustig, dachte Roemer ironisch. Das ist wie bei einer Pythonschlange: Der eine sieht das Tier, der andere die fertige Handtasche. Bis heute hatte er gar nicht gewußt, daß die Damen der Stammtischrunde bei Willbreit zusammenkamen. Auch seine Elise, die genau wie er im Kreis der anderen Außenseiter war. Er wußte, er wurde am Ärztestammtisch nur geduldet, weil er im gleichen Corps wie Willbreit war und weil er die deftigsten Witze auf Lager hatte. Mit so etwas konnte Elise zwar nicht aufwarten, aber irgend etwas mußte sein, das sie für diesen Ärztefrauenkreis passabel machte.
    »Was hast du von Elise aus Ungarn gehört?« fragte Lydia Willbreit.
    »Zwei Karten mit lieben Grüßen.«
    »Der Baron soll ein fescher Mann sein …«
    Zu solchen wie nebensächlich hingeworfenen, aber brisanten Bemerkungen sind nur gute Freundinnen fähig. Roemer schürzte die Lippen, als wollte er ins Telefon spucken. O Lydia, du Rabenaas! Aber mich regst du damit nicht mehr auf. Und wenn in Ungarn Elise keinen Bären jagt, sondern sich von dem Baron beschießen läßt – was kümmert mich das? Wenn ich schwören sollte, daß ich Elise in meiner Ehe auch nur einen einzigen Monat lang treu geblieben bin, müßte ich einen Meineid leisten.
    »Ich kenne den Baron, Lydia. Eine leptosome Null. Wenn Elise da auf ihre Kosten kommen will, muß er sich 'nen Knoten hineinmachen.«
    »Pfui, Erasmus!«
    »Dein Jauchzen sagt mir, daß du das gern hörst. Im Vertrauen, Lydimaus: Wenn Thomas aus der Hose steigt, wie ist dann …«
    »Schluß jetzt! Du bist ein altes Ferkel!«
    Sie hängte ein, und Roemer lachte zufrieden, griff zum

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