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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen kräftigen Dreißiger auf fünfundachtzig schminken müssen. Immerhin – ›85 Y‹ wurde und blieb ein Schlager und machte Herbrandt zum Millionär. Seine Frau Luise indessen litt unter Ischias – trotz vieler Kuren in Abano.
    »Erst muß ich mir diese Corinna ansehen«, sagte sie jetzt, als sie mit Hildegard Benke vor Corinnas Scheune vorfuhr, und ordnete noch einmal ihre Frisur. »Was Hilda gefällt, ist noch lange nicht maßgebend. Sie hat ja einen eigenartigen Geschmack.«
    »Genauso ist es!« nickte die Gattin des Steueranwalts.
    Wie eben Freundinnen so sind …
    Im Ausstellungsraum von Corinna Doerincks Teppichknüpferei klingelten die Glöckchen über der Tür, als sie eintraten. Und wie immer kam aus der Werkstatt Corinnas Stimme vom Knüpfrahmen: »Einen Augenblick. Ich komme gleich …«
    »Die Stimme ist angenehm«, flüsterte Luise Herbrandt.
    »Abwarten.« Hildegard Benke war nervös. Ihre Mundwinkel zuckten heftig – sie hatte das seit knapp zwei Jahren, und keiner konnte es wegbringen. Es kam immer dann, wenn sie sich ein wenig aufregte. Bei großer Aufregung vibrierte ihr ganzes Gesicht. Dr. Benke, der Steueranwalt, war der Ansicht – allerdings nur im Männerkreis –, dies komme davon, daß Hildegard in nun achtundvierzig Jahren so viel und andauernd gesprochen habe, daß der Mund einfach nicht mehr stillstehen könnte. Als er das in einer Weinlaune auch mal direkt zu seiner Frau sagte, zuckte ihr ganzes Gesicht, und sie schrie hysterisch: »Deine Gegenwart ist es, die mich umbringt!«
    Corinna kam aus der Werkstatt. Sie trug ein schlichtes braunes Kleid aus einem handgewirkten Wollstoff – eine hauchdünne Wolle, die ihre Figur verbarg, aber doch unübersehbar zur Wirkung brachte. Der erste Eindruck, den sie bei den Damen hinterließ, war deshalb etwas zwiespältig. Bei Frauen ist das so; alles, was eleganter und schöner ist als man selbst, wird mit erbarmungsloser Kritik behängt. Hier, bei Corinna, war man sich sofort einig: Um die Hüften war das Kleid zu eng. Von der betonten Brust ganz zu schweigen. Und so etwas auf dem Lande …!
    Luise Herbrandt übernahm es, die Unterhaltung zu beginnen. »Sie sind uns von Frau Huiskens empfohlen worden«, sagte sie und ließ den Blick über die ausgestellten Teppiche gleiten. Ganz schön, dachte sie. Modern. Wenn ich da an meine Hereke-Teppiche denke. Zwei Millionen Knoten auf einem Quadratmeter Seide. Das Stück zu 85.000 DM. Sollte ich einen von diesen modernen Dingern kaufen, dann kommt er höchstens fürs Bügelzimmer in Frage. Hauptsächlich geht es hier ja um mein Ischias. »Wir haben Ihren Teppich bei Frau Huiskens bewundert. Einfach hinreißend. So einen müssen wir ebenfalls haben, sagte ich zu Hildegard …«
    »Ich war sehr von dem Teppich begeistert!« nickte Hildegard Benke, und ihre Mundwinkel begannen zu zucken.
    »Das freut mich.« Corinna erinnerte sich. Frau Huiskens hatte den Wandteppich ›Herbstlaub‹ gekauft, ein schönes Stück in vielen Brauntönen und Gelbabstufungen. An die Akne von Hilde Huiskens erinnerte sich Corinna nicht mehr. »Ich muß Ihnen nur gleich zu Beginn sagen: Ich kann Ihnen keinen verbindlichen Liefertermin nennen. Ich arbeite ganz allein und habe noch drei Aufträge, die vorher erledigt werden müssen.«
    »Wir haben Zeit.« Luise Herbrandt lächelte verhalten und auf Distanz. »Es eilt nicht.«
    »Ich zeige Ihnen einige Entwürfe.« Corinna wies auf die Stühle vor dem großen Tisch. »Wenn Sie sich setzen wollen …«
    »Danke.« Luise Herbrandt ging langsam zu einem Stuhl und humpelte etwas dabei. Ziemlich dramatisch verzog sie dabei das Gesicht. Corinna wartete, bis sie saß, und fragte dann:
    »Hatten Sie einen Unfall, gnädige Frau?«
    »Wäre es bloß das! Ich hab's im Ischiasnerv. Manchmal könnte ich schreien vor Schmerzen. Es gibt Tage, da kann ich kaum gehen.«
    »Und was sagt Ihr Arzt?«
    »Ach Gott, wir haben schon alles durch.« Luise Herbrandt winkte dramatisch ab. »Abano und Montegrotto, Spritzen aller Art, Bestrahlungen, Tabletten und wer weiß was. Alles nur von kurzer Dauer. Es kommt immer wieder.«
    »Überhaupt die Ärzte!« Nun konnte auch Hildegard Benke ins Bild kommen. Sie verzichtete völlig darauf, das Mundzucken zu unterdrücken. »Wenn sie nicht weiterwissen, sprechen sie Latein und schicken einen von einem Spezialisten zum anderen. Und jeder ist genau entgegengesetzter Meinung als sein Kollege davor. Was wir da schon erlebt haben, Fräulein Doerinck …«
    Corinna

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