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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ihnen die Christenverfolgung?«
    »Sie Arschloch!« sagte Roemer fett. Meersei zuckte betroffen zusammen. »Ist Corinna im Haus ihrer Eltern?«
    »Ja. Sie haben in Rom schon Fernsehen? Donnerwetter!«
    »Hier ist Landgerichtsdirektor Dr. Roemer. Kann ich Fräulein Corinna sprechen? Seit Stunden versuche ich, durchzukommen …«
    »Corinna schläft. Wer Sie auch sind, Herr Roemer, was Sie auch wollen, warum Sie auch um diese Zeit anrufen – Sie können machen, was Sie wollen: Ich wecke Corinna nicht! Sie braucht ihren Schlaf und ihre Kraft für die kommenden Tage.«
    »Deshalb rufe ich ja an.«
    »Welch ein Unsinn! Sie wecken sie, damit sie schlafen soll?«
    »Ich wollte ihr meine Hilfe anbieten.«
    »Nicht nötig. Wie können Sie ihr schon helfen?«
    »Ich … ich bin ein Patient von Corinna«, sagte Roemer mit bebender Stimme. »Ich bin bereit, mich mit meinem Namen und meinem Ansehen vor sie zu stellen. Ohne Rücksicht auf Verluste.«
    »Das wäre vielleicht gut.« Van Meersei gähnte. Er sehnte sich nach einer horizontalen Lage. »Kommen Sie morgen früh zu uns. Geheilte Patienten sind unsere beste Verteidigung. Sie sind doch geheilt, Dr. Roemer?«
    »Nein.« Roemer schluckte mehrmals an dem Kloß, der sich im Hals gebildet hatte. »Bei mir versagten die Strahlungen.«
    »Sagen Sie das noch einmal …«, stotterte Meersei erschrocken.
    »Corinna spürte bei mir nichts in ihren Händen.«
    »Dann sind Sie beneidenswert gesund.«
    »Nein, bejammernswürdig todkrank.«
    »Und Corinna versagt bei Ihnen?«
    »Ja!«
    »Das ist ja eine Katastrophe«, stammelte Meersei und begann zu schwitzen. »Herr Dr. Roemer, ich bitte Sie inständig: Sagen Sie davon keinem ein Wort! Nicht eine einzige Andeutung! Nichts! Kommen Sie morgen sofort zu uns! Gute Nacht.«
    Mit bebenden Händen legte Meersei auf. Corinna konnte versagen … auch das kam also vor. Das war wie ein Schwert in den Händen der Gegner. Ein Richtschwert! Natürlich versagten täglich Tausende von Ärzten in aller Welt, stellten die Diagnose infaust, das Todesurteil für den Patienten, und legten die Hände in den Schoß. Symptomatische Behandlung nennt man das. Für den gläubigen Patienten hat das einen schönen, hoffnungsvollen Klang.
    Aber wehe, wenn ein Außenseiter versagt! Fluch über ihn!
    Professor van Meersei legte sich wieder auf die Couch, aber er konnte nicht mehr einschlafen. Die Frage wälzte sich in seinem Kopf herum und vertrieb alle Müdigkeit, auch den Alkohol: Warum versagte Corinna bei diesem Dr. Roemer? Wo lag die große Sperre?
    Er war noch wach, als im Morgengrauen der Hahn auf dem Nachbargrundstück zu krähen begann und ein Hund verschlafen bellte.
    *
    Beim morgendlichen Kaffee, um halb acht, fielen dann die ersten Würfel.
    Sie saßen alle um den ovalen Tisch und aßen knackige Brötchen, die frisch vom Bäcker kamen und an jedem Morgen in einem Leinensäckchen draußen an den Zaun gehängt wurden, tranken duftenden Kaffee und schmierten Honig auf die Brötchen, den Doerinck selbst gewonnen hatte. In der hintersten Ecke des Gartens hatte er drei Bienenvölker in Pflege, auch das auf Wunsch von Ljudmila. Dr. Assanurian hatte in Poti am Schwarzen Meer hinter der Datscha zehn Bienenvölker gehabt … nicht nur den Honig aß und verkaufte er, sondern stellte auch aus den von den Bienen gesammelten Blütenpollen und dem Gelee royale – dem Königinnenstoff – eigene, von Geheimnis umwitterte Präparate her und gab sie bestimmten Kranken. Natürlich bestritt die Schulmedizin jede Wirksamkeit, aber Assanurian und seine Patienten glaubten daran. Seiner Tochter Ljudmila hatte er es so erklärt:
    »Jede Biene ist unser Freund, vergiß das nie. Was diese Tiere mit unendlichem Fleiß sammeln, nützt uns allen und heilt die verschiedensten Krankheiten. Da sind die Honigbienenarbeiterinnen, die in ihren Futtersaftdrüsen ein Sekret produzieren, mit dem sie die Königinnenlarven füttern: das königliche Gelee. Es enthält viele Vitamine, Pantothensäure und Biotin; Grundbaustoffe neuen Lebens. Nahrung für die Zellen! Das alles übersehen die meisten Menschen, aber nicht dein Vater, meine Ljudmilaschka …«
    Sie hatte das nie vergessen, auch wenn sie es damals nicht zu verstehen vermochte. Sie behielt nur eines: Bienen helfen den Menschen. Also war es selbstverständlich, daß Stefan Doerinck sich ein paar Bienenvölker anschaffte, als sie ein eigenes Haus bezogen.
    Van Meersei sagte gerade: »Das ist ein Honig, als sei er vom Himmel getropft!«,

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