Die Strandhochzeit
ja
wohlweislich darauf geachtet, mich im Unklaren zu lassen."
Holly merkte, dass sie ihn verärgert hatte. „Bitte entschuldigen Sie. Es ist nur ... Wie hat er das Hotel gefunden?"
„Brendan hat das Taxi gefunden, mit dem wir gestern Abend gefahren sind", antwortete Jack. „Der Fahrer muss ihm erzählt haben, wohin er uns gebracht hat. Und im Hotel hat man ihm bestätigt, dass Sie dort waren. Ich habe leider nicht daran ge dacht, die Angestellten zu warnen." Er sah sie eine Weile schweigend an. „Ist er wirklich Ihr Vormund, nicht etwa Ihr Ehemann?" Seine Stimme klang ausdruckslos.
Holly blickte ihn starr an. „Wie bitte?"
„Ihr Mann. Oder vielleicht ein verstoßener Liebhaber."
Sie war so überrascht, dass sie laut auflachte. Nun hatte ihr Gesicht wieder etwas Farbe bekommen, wie Jack bemerkte. Ihre Haut sah samtweich aus. Wie sie sich wohl anfühlte?
„Meinen Sie das ernst?"
„Er scheint Sie jedenfalls unbedingt finden zu wollen."
In ihren Augen flackerte es. „Er mag es nicht, wenn man sich ihm widersetzt."
„Oder er ist in Sie verliebt."
Energisch schüttelte Holly den Kopf. „Brendan liebt nichts außer seiner Arbeit." Ihre Stimme klang tieftraurig.
Er betrachtete prüfend ihr Gesicht. Warum sah sie so verzweifelt aus? Wünschte sie, der Mann würde sie lieben?
„Waren Sie in ihn verliebt, und er hat Sie enttäuscht? Ist es das?"
Holly hob das Kinn. „Ich frage mich, was Sie das alles angeht..."
„Ich habe Ihnen gestern aus einer schwierigen Lage geholfen. Deshalb betrifft es mich", unterbrach Jack sie ruhig.
Es herrschte betretenes Schweigen. Seine Miene war aus druckslos, doch irgendetwas in seiner Stimme ließ Holly aufhorchen. Plötzlich bemerkte sie, dass ihr Atem schnell und unregelmäßig ging. „Ich habe nie die Hilfe anderer gebraucht."
„Tatsächlich?"
„Bisher bin ich immer gut allein zurechtgekommen."
Jack nickte. „Wie zum Beispiel gestern im Gebäude des Internationalen Katastrophenhilfekomitees - bevor ich eingegriffen habe?"
„Legen Sie es darauf an, sich mit mir zu streiten?" fragte sie aufgebracht.
„Nein, ich bin nur realistisch", erwiderte er lächelnd.
Holly betrachtete seine sinnlichen Lippen. Mit aller Macht musste sie sich in Erinnerung rufen, wie wütend sie war. „Ich bin seit meinem siebzehnten Lebensjahr auf mich selbst gestellt, und ich bin immer gut zurechtgekommen."
„Ja, das merkt man", stimmte Jack ihr ironisch zu.
Sie blickte sich um. Plötzlich sah sie das ärmliche, kleine Zimmer mit seinen Augen und errötete.
„Ich weiß, mein Zimmer ist nicht so luxuriös wie Ihr Hotel", sagte sie trotzig. „Aber dieser Stadtteil hat eine sehr interessante Geschichte. Ich kann sonntags am selben Tisch frühstücken, wo Apollinaire Gedichte geschrieben und Utrillo gemalt hat."
Er lächelte. „Kulturell ist er sicher sehr reizvoll", stimmte er zu. „Aber Sie haben mich missverstanden. Ich habe keineswegs die Art kritisiert, wie Sie wohnen. Ich habe nur nicht den Eindruck, dass Sie mit Brendan Sugrue fertig werden."
„Darüber wissen Sie doch gar nichts."
Überrascht beobachtete sie, wie Jack ihre halb gepackte Ta sche aufhob.
„Immerhin weiß ich, dass man Probleme nicht löst, indem man vor ihnen davonrennt."
Ungläubig blickte Holly ihn an. „Stellen Sie das sofort wieder hin."
„Damit Sie zu Ende packen und wieder weglaufen?" Jack schüttelte den Kopf. „Und was kommt dann? Wieder eine neue Stadt, ein schäbiges Zimmer und ein paar schlecht bezahlte Jobs?" Er stellte die Tasche ab und sah Holly durchdringend an. „Sie müssen Brendan gegenübertreten und die Angelegenheit ein für alle Mal klären."
„Das werde ich auch - sobald ich fünfundzwanzig bin und er mir nichts mehr anhaben kann."
Wieder schüttelte er den Kopf. „Aber bis dahin sind es noch drei Jahre!"
Trotz ihrer Angst verspürte Holly eine unbändige Freude. Sie hatte Jack bewusst so gut wie nichts über sich erzählt. Ihr Alter hatte sie ihm nur versehentlich verraten. Doch er hatte es sich gemerkt, als wäre es eine besonders wichtige Information.
„Warum wollen Sie drei Jahre verschwenden? Betrachten wir es einmal ganz nüchtern. Sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder Sie fechten das Testament an, oder Sie gehen eine Vernunftehe ein."
Ungeduldig erwiderte Holly: „Das wäre natürlich eine Lösung. Damals gab es in Lansing Mills allerdings niemanden, den ich
hätte fragen können. Und jetzt..."
„Jetzt könnten Sie mich fragen."
Sie war so
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