Die Strasse der Oelsardinen
Kleingeld«, erklärte er. »Sei so gut und füll fünf Gallonen ein; den Rest gib mir in bar heraus; das wäre Doc am liebsten, weißt du, er mußte nach La Jolla, er hat Wichtiges zu erledigen.«
»Ja, weißt du, Mack«, lächelte Red gutmütig, »das hat sich Doc schon gedacht, daß du irgendeinen Dreh ausfindig machst; er ist sogar auf genau denselben gekommen wie du; er ist schlau! Hat gestern abend noch mit mir telefoniert.«
»Dann also hinein mit den zehn Gallonen - nein, halt; es könnte sonst überlaufen! Füll fünf ein, und die andern fünf - die kannst du uns in so einem plombierten Kanister geben, das kommt auf das gleiche heraus.«
Red strahlte. »Denk dir, genau das hat Doc schon geahnt!«
»Dann füll alle zehn ein, was liegt mir dran! Aber daß du bloß nichts im Schlauch läßt!«
Die Expedition fuhr nicht schnurstracks durch Monterey, sondern vielmehr aus zarter Rücksicht auf ihre Nummernschilder durch Seitenstraßen. Es war schlimm genug, daß sie nachher noch über vier Meilen von Carmel Hill bis hinunter ins Tal die Hauptstraße fahren mußten. Wie leicht konnte sie da ein Cop sehen und anhalten. Im Carmeltalweg ging es dann wieder; da war kein Mensch und keine Gefahr.
Beim Peterstor, kurz vor dem scharfen Anstieg zum Carmel Hill, nahm Gay unter furchtbarem Geratter einen mächtigen Anlauf und ging nach fünfzig Metern auf den ersten Gang herunter. Er wußte, es würde nichts helfen; die Zahnräder hatten die Karies. Auf ebener Straße ging alles glatt, aber den Berg hinauf, nein! Der Wagen stand.
Gay wendete genau um hundertachtzig Grad, gab Gas und ging auf den Rückwärtsgang. Das Rückwärtsgetriebe hatte noch gute Zähne. Langsam, beharrlich kroch das Gefährt den Carmelhügel hinan. Der Kühler kochte. Warum sollte er auch nicht kochen? Die meisten Modell-T-Kenner stimmen darin überein: Der Kühler soll und muß kochen; sonst ist etwas daran nicht in Ordnung.
Man müßte einmal eine Abhandlung über den sittlichen, physischen und ästhetischen Einfluß des Ford Modell T auf das amerikanische Volk schreiben. Zwei USA-Generationen wußten mehr über Fords Zündstift als über die Klitoris, mehr über die Gangschaltung als über den Lauf der Planeten. Mit dem Auftauchen des Modell T verschwand etwas vom Begriff des Privateigentums. Zangen hörten auf, Privateigentum zu sein, und eine Luftpumpe gehörte demjenigen, der sie zuletzt benutzte. Die meisten Babys jener dahingegangenen Epoche wurden im Ford Modell T gezeugt und nicht wenige in ihm geboren.
Standhaft und stur nahm Chongs Ford seinen Rückwärtskurs den Carmel hinauf, überquerte Jacks Höhenweg und begann eben den letzten und steilsten Anstieg, als sich der Atem des Motors verdickte. Er schnaubte, schluckte, würgte und stand.
Es war entsetzlich still, als auf einmal der Motor verstummte.
Doch schon setzte der Wagen sich wieder in Fahrt, aber diesmal nicht rückwärts bergan, sondern vorwärts in rascher Fahrt abwärts, bis Gay in Jacks Höhenweg einbog.
»Was ist?« fragte Mack. »Der Vergaser vermutlich«, rief Gay zurück. Die Maschine zischte, knirschte und knarrte. Der Dampf aus dem Überlaufrohr fauchte wie ein Alligator.
Der Modell-T-Vergaser hat eine sehr einfache Konstruktion.
Aber es darf nicht das mindeste daran fehlen, sonst funktioniert er nicht. Da ist zum Beispiel eine Schwimmernadel, und die Nadel hat eine Spitze, und die Spitze muß im Ventil stecken, oder der Vergaser kann nicht arbeiten.
Besagte Nadel hielt Gay in der Hand. »Wo ist die Spitze?« fragte er fassungslos. Die Spitze war abgebrochen. »Rein verhext!« sagte Mack. »Kannst du sie nicht wieder dranmachen?«
»Nein, zum Kuckuck«, schrie Gay, »man braucht eine frische!«
»Was kann die kosten?«
»Neu einen Dollar, gebraucht den vierten Teil ungefähr.«
»Hast du den Dollar?« fragte Mack.
»Ja, aber ich werde auch so eine auftreiben.«
»Dann schau, daß du bald wieder da bist. Wir warten hier.«
»Das kann ich mir vorstellen! Ohne Ventilnadel könnt ihr nicht abhauen«, erwiderte Gay und ging zur Straße, wo er vor drei Wagen bittend den Daumen reckte, bis endlich der vierte ihn mitnahm.
Mack und die Jungens sahen ihn einsteigen, davonfahren und erst nach einhundertachtzig Tagen zurückkehren.
Zufall, Schicksal, wo sind eure Grenzen? Mußte unbedingt dieser Wagen, der Gay mitnahm, vor Monterey eine Panne haben? Wäre Gay kein so guter Mechaniker, so hätte er die Panne nicht in kürzester Frist behoben, und wenn er sie nicht behoben hätte, wäre
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