Die Strasse der Oelsardinen
er bei sich: Das ist keine Ochsenleber, dazu ist sie zu klein...
und ist keine Kalbsleber, dazu ist sie zu rot... eine Schafsleber ist es auch nicht! - Trotz seiner Jahre war Carriaga ein scharfer Denker.
An der nächsten Ecke stieß er auf Mr. Ryan.
»Ist heute nacht in Monterey jemand gestorben?« fragte er ihn.
»Nicht daß ich wüßte«, versetzte dieser.
»Ist jemand ermordet worden?«
»Gewiß nicht.«
Da berichtete ihm Mr. Carriaga von dem Knaben und dem Hund, und sie gingen zusammen weiter zur Adobe-Bar, in welcher einige Bürger zu morgendlicher Unterhaltung versammelt waren. Carriaga erzählte hier seine Geschichte noch einmal, und ehe er damit fertig war, betrat der Konstabler die Bar. Wenn irgendwer letzte Nacht gestorben war, mußte er es wissen. Jedoch »in Monterey«, lautete seine Auskunft, »ist niemand tot, aber oben im Hotel del Monte ist Josh Billings gestorben«.
Schweigend senkten die Herren an der Bar die Häupter. Ein und derselbe Gedanke ging ihnen durch den Sinn. Der Verblichene war ein bedeutender Schriftsteller und ein großer Mensch.
Er hatte der Stadt die Ehre erwiesen, in ihr zu sterben, und nun war er derart entwürdigt!
Auf der Stelle bildeten die Anwesenden ein Komitee, begaben sich rasch, mit entschlossenem Ernst, zu der Schlucht, schritten über das Brückchen und klopften und hämmerten gegen die Haustür des Doktors, der in Paris studiert hatte.
Er hatte gestern bis spät in die Nacht hinein noch gearbeitet.
Erst das laute Klopfen brachte ihn aus dem Bett und im Nachthemd, ungekämmt, mit zerzaustem Bart, an die Haustür. Mit düsterer Miene redete Carriaga ihn an. »Haben Sie Josh Billings einbalsamiert?«
»Ja, warum?«
»Was taten Sie mit seinem Gekröse?«
»Ja - das hab' ich in die Schlucht geworfen; das tu' ich doch immer.«
Da befahl ihm das Komitee, sich schleunigst anzukleiden und ihnen hinunter zum Strand zu folgen! Wenn es der Knabe mit dem Makrelenfang eilig hatte, kämen sie am Ende zu spät!
Als das Komitee angerannt kam, bestieg der Knabe mit Josh Billings' Leber ein Boot. Unweit davon im Sande lagen die Därme des Schriftstellers, welche der Hund verschmäht hatte.
Der Doktor von der Sorbonne mußte nunmehr die Überreste einsammeln. Man nötigte ihn sogar, sie mit gebührender Ehrfurcht zu reinigen und den Sand nach Möglichkeit daraus zu entfernen. Ja, er mußte obendrein noch aus eigener Tasche die Kosten für ein Bleigefäß zahlen, in welchem die glücklich geretteten Teile zusammen mit dem Sarg Josh Billings' beigesetzt wurden. Denn die Stadt Monterey duldete keinen Affront gegen einen namhaften Autor.
13. Kapitel
Friedlich schliefen Mack und die Jungens auf ihren Kiefernnadeln. Ohne daß sie dadurch geweckt wurden, kehrte Eddie eine Stunde vor Morgengrauen von seinem Streifzug zurück. Erst nach längerem Suchen hatte er einen unbewachten Ford Modell T entdeckt, doch als er ihn endlich gefunden, hatte er sich gefragt, ob es richtig sei, die Nadel aus ihrer Halterung herauszureißen. Vielleicht paßte sie nachher nicht. Da nahm er lieber gleich den ganzen Vergaser. Es war ein besonderer Vorzug des Ford Modell T, daß seine Einzelteile einerseits beliebig auswechselbar und andererseits niemals zu identifizieren waren. Infolgedessen legte sich Eddie getrost zur Seite seiner Gefährten nieder und schlief sogleich ein.
Wunderschön ist die Aussicht von dieser Stelle des Carmel: die sanfte Krümmung der Bucht, der Schaum der Wogen auf dem Sand, rings die Dünen und zu Füßen des Berges das gemütliche Städtchen. Es dämmerte noch, als Mack sich erhob und, während er die Hosen emporzog, sich an der Aussicht ergötzte. Er sah einige der Fischer mit ihren Schleppnetzen heimkehren, einen Tanker bei Seaside Öl übernehmen. Die Sonne ging auf und schüttelte aus der Luft die Kälte nicht anders, als man eine Tischdecke ausschüttelt. Erst als Mack die ersten Sonnenstrahlen verspürte, merkte er, wie kalt es gewesen, und fröstelte. Im Busch hinter ihm regten und rührten sich wilde Kaninchen.
Die Burschen aßen einige Scheiben Brot. Eddie setzte den neuen Vergaser ein, und dann machten sie sich nicht erst die Mühe, den Wagen anzuwerfen, sondern schoben ihn bis zur Wegkreuzung, schalteten den Gang ein und fuhren bergab, bis der Motor ansprang, dann rückwärts wieder bergan, über den Berg hinweg, wo sie wendeten, und hinab an Hatton Fields graugrünen Artischockenpflanzungen vorbei ins Carmeltal.
Das Glück war ihnen hold. Ein Rhode-Island-Hahn, der sich zu weit
Weitere Kostenlose Bücher