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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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wenn er seine Arbeit beendet hat.«
    Es ist nicht die Tat an sich, dachte er, als er im seichten Wasser soeben außer Sicht der Stadt badete. Die war nicht zu viel für meine Seele, denn ich bin nicht zimperlich und auch nicht feige. Nein, es ist der Fluch, den er ausgestoßen hat, der hat mich bis ins Mark erschreckt. Es war, als wüsste er von der furchtbaren Voraussage des Sehers, als redete einer seiner Götter durch ihn, ein Ägyptenhasser. Ich kann Amuns Willen durchaus annehmen. Aber wenn ich weiß, dass sich Amuns Feinde hämisch darüber freuen und sich an dem Elend weiden, das er über seine göttliche Familie bringt, ist das etwas ganz anderes.
    Als er sich dann abgetrocknet und Schurz und Leinenkopftuch angelegt hatte, die Anchmahor ihm besorgt hatte, war auch sein seelisches Gleichgewicht zurückgekehrt, er setzte sich in seinen Streitwagen, trank durstig den Wein, den ein Getreuer aufgetrieben hatte, und hielt den Becher mit Händen, die nicht mehr zitterten. Abana kam mit ausholendem Schritt auf dem Uferweg entlang, verbeugte sich ehrerbietig und ließ sich auf Ahmoses Wink hin ins Gras neben dem Streitwagen sinken.
    Ein Weilchen sagte keiner etwas. Unweit unterhielten sich leise die Getreuen. Anchmahor hatte sich am Nil aufgestellt, wo er alles im Blick hatte, was sich dem König näherte. Wortlos reichte Ahmose seinem Admiral den Rest des Weins nach unten, und Abana trank bedächtig. Ahmose sah seine gemessenen Bewegungen. Allmählich hatte er ihn richtig gern. »Wie alt bist du, Abana?«, fragte er unvermittelt. Abana blickte argwöhnisch zu ihm hoch, doch das war gespielt.
    »Dreiundzwanzig, genauso alt wie du, Majestät«, antwortete er. »Ich habe, glaube ich, in meinem kurzen Leben schon viel erreicht, aber nicht so viel wie du, Majestät. Dennoch bin ich stolz auf den neuen Titel Admiral und dass ich Kapitän der Cha-em-Mennofer bin. Ich stehe jetzt bei dir in Gunst, ja?«
    »Du alter Angeber!«, gab Ahmose gutmütig zurück. »Trotzdem steckt viel von deinem Vater Baba in dir, seine Vernunft und seine Gabe, das Vertrauen anderer zu gewinnen. Sag, wenn du Herr dieser Nomarche wärst, was würdest du mit Esna und Pi-Hathor machen?« Abana stellte den Becher vor sich auf die Erde, faltete die Finger darüber und blinzelte nachdenklich nach oben in das wirre Blattwerk.
    »Du bist Herr über alles«, sagte er nach einem Weilchen. »Ich habe nicht über das Schicksal dieser beiden aufsässigen Städte zu bestimmen. Doch wenn ihr Wohl in meiner Hand läge, ich würde mich bemühen, der Unzufriedenheit irgendwie beizukommen. Sie werden keinen Aufstand mehr machen. Der Preis ist zu hoch. Dennoch glauben sie auch jetzt noch nicht, dass sie dir Treue schulden, Majestät. Noch nicht.« Er runzelte die Stirn und zupfte an seinem Ohrläppchen. »Die Einwohner sind in der Mehrzahl Setius und daran gewöhnt, dass sie dem treu sind, der ihnen immer mehr Wohlstand und Wohlleben schenkt. Bislang ist das Apophis gewesen. Aber sie sind wetterwendisch.« Noch ein Blick zu Ahmose, der mit gekreuzten Beinen auf dem Boden seines Streitwagens saß. »Gib ihnen Arbeit, Essen in ihre Schüsseln, und sie tanzen nach deiner Pfeife. Ich kenne sie. Necheb liegt nur zwanzig Meilen weiter südlich. Ich kenne sie«, wiederholte er.
    »Und ich frage dich noch einmal«, beharrte Ahmose gütig. »Was würdest du mit ihnen machen?«
    »Zuerst würde ich gute Ägypter zu Bürgermeistern ernennen«, sagte Abana schnell. »Zweitens würde ich neue Anleger bauen lassen. Deine Hauptwerft befindet sich jetzt in Necheb, Majestät, aber Esna könnte Flöße zum Steintransport und Barken für Waren aller Arten herstellen. Vergiss nicht, die Männer, die in Wawat Gold schürfen, brauchen mehr Nahrung, als man in jener unfruchtbaren Gegend anbauen kann. Augenblicklich arbeiten die Bergwerke nur mit halber Kraft. Apophis hat sich auf die Einheimischen verlassen, dass sie ihm Gold schickten, wo immer sie es finden konnten, und das stammte häufig aus dem Nilbett selbst. Aber du wirst für Waset, für den Handel, für deinen Adel mehr Gold brauchen. Du wirst die Goldbergwerke wieder in Gang bringen müssen. Ich würde Esna und Pi-Hathor das Recht verleihen, stromauf und stromab Nahrung zu verkaufen und die Bergleute zu versorgen. Wenn du später mit dem Bau von Denkmälern beginnst, können die Menschen wieder Arbeit in den Kalksteinbrüchen finden.«
    »Ehrgeizige Pläne«, sagte Ahmose, als Abana Luft holte. »Vielleicht durchführbar.

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