Die Strasse des Horus
tauchte Abana auf, umschlang seine Beute mit beiden Armen, dass sie das Gleichgewicht verlor. Beide Männer fielen ins Wasser, und als sie auftauchten, umklammerte Abana die Schwerthand des Mannes mit beiden Händen. Er schüttelte ihn heftig und versuchte, ihm mit Ellbogen und Kopf zuzusetzen, so gut es ging. »Turi!«, brüllte Ahmose. »Schicke ihm jemanden ins Wasser zu Hilfe!« Der Befehl war nicht nötig. Mehrere Soldaten trabten bereits am Ufer entlang zu den beiden kämpfenden Männern. Als sie sich in den Fluss stürzten, hatte Abana dem Mann das Schwert entwunden und zerrte ihn mit einem Arm um den Hals und die andere Hand fest in sein Haar gekrallt ans Ufer.
Seine Gefangennahme beendete jedweden schwachen Widerstand. Die Männer im Fluss wateten verzagt heraus und warfen ihre Waffen aufs Ufer. Turi kam zu Ahmose und salutierte. »Alles vorbei, Majestät«, sagte er. »Was sollen wir mit den Männern machen, die sich ergeben haben?« Ahmose musterte die brennenden, knisternden Ruinen des Anlegers, die überall herumliegenden Leichen, die Frauen, die schon aus der Stadt herausströmten und die Totenklage anstimmten.
»Bewacht sie erst einmal«, sagte er. »Sammelt die Gefallenen und verbrennt sie. Haltet die Frauen fern. Und ich möchte, dass unsere Toten und Verwundeten so schnell wie möglich gezählt werden.«
Er stieg aus dem Streitwagen und ging zu Abana und seinem Gefangenen, beide tropfnass und von wachsamen Soldaten umringt, die sich zurückzogen und verbeugten, als er sich näherte. Abana grinste. »Der konnte einem ägyptischen Admiral mit seiner besseren Ausbildung und Disziplin nichts anhaben!«, platzte er heraus. »Aber er hat seine Leute gut befehligt, ja?« Ahmose nickte und musterte den Mann von Kopf bis Fuß.
»Wie heißt du?«, fragte Ahmose. Der Mann senkte den Blick.
»Yamu«, sagte er.
»Dann bist du Setiu.« Das war eine Feststellung, keine Frage, und der Mann nickte. »Yamu, du hast heute viel nutzloses Blutvergießen bewirkt«, fuhr Ahmose fort. »Und das alles«, er machte eine heftige Geste, »war nicht nötig. Wenn die Einwohner von Esna und Pi-Hathor unzufrieden waren, hätten sie ihre Kümmernisse zunächst ihrem jeweiligen Bürgermeister und dann mir in Waset vortragen müssen. Ich hätte lieber einen Richter geschickt, statt euch mit tausend Soldaten zu vernichten!« Yamus Kopf fuhr hoch, seine teilnahmslosen Züge belebten sich jäh vor Verachtung.
»Der Bürgermeister von Pi-Hathor hat sich geweigert, das feige Abkommen mit deinem Bruder zu gefährden«, sagte er gehässig, »und unser Bürgermeister hier in Esna hatte viel Land und Vieh und keine Lust, seinen Reichtum zu verlieren, wenn er sich über unsere Notlage bei dir beschwerte, Ahmose Tao. Also haben wir ihnen den Kopf abgehackt.«
Ahmose betrachtete ihn nachdenklich. Nicht Ungerechtigkeit hatte ihn zu seinen verbitterten Worten angestachelt, sondern ein Abscheu, der an Hass grenzte. Ihr Setius habt uns immer verachtet, dachte er. Ihr habt uns unauffällig, gewaltlos durch Schläue und Täuschung erobert, und weil wir so leicht hereinzulegen waren, habt ihr auf uns herabgesehen, diese arglosen und dummen Menschen, die man benutzen, ein Land, das man ausplündern konnte. Ihr seid als Schafhirten mit der Erlaubnis des Königs zum Weiden eures Viehs nach Ägypten gekommen, darauf sind eure Händler und Abenteurer gefolgt und haben uns die Reichtümer und zu guter Letzt auch die Freiheit geraubt. Und jetzt wagen wir es, die jämmerlichen, schlichten Häupter zu heben und uns zurückzuholen, was unser ist, und nun verachtet ihr uns dafür, dass wir nicht so sind, wie ihr euch eingebildet habt. Kein Urteil konnte die Wut dieses Mannes beschwichtigen. Ahmose seufzte. »Wenn das so ist, dann habe ich keine andere Wahl, als dir den Kopf abzuschlagen«, sagte er. Und zu dem Standartenträger der Division in seiner Nähe: »Idu, lass die Gefangenen antreten und die Soldaten zusammenrufen. Dieser Mann wird wegen Hochverrats hingerichtet.«
Mit Bangen sah er zu, wie die Stelle von Leichen gesäubert wurde und sich seine Soldaten gehorsam aufstellten. Die letzte Hinrichtung ist die von Teti gewesen, dachte er, nach der Schlacht um die Festung Neferusi. Teti, der Vetter meiner Mutter, der Si-Amun dazu gebracht hatte, uns zu verraten. Er war Apophis’ Werkzeug, und irgendwie ist dieser Mann das auch.
Das Geplauder der Soldaten verstummte allmählich. Die Gefangenen wurden nach vorn geschoben, wo sie unsicher und
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