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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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bizarren Schauplatz vorbeirollte. Seine Männer waren verstummt. Man hörte nur noch das Geräusch ihrer Schritte und das Schnauben der Pferde. Die feindselige Atmosphäre erinnerte ihn stark an die Wochen mit Kamose, an den schrecklichen Feldzug zur Eroberung der Städte und Dörfer zwischen Waset und Auaris, an das tagtägliche Töten und Brandschatzen, bis beide, er und sein Bruder, von all dem Blut und der Brutalität halb wahnsinnig gewesen waren. Er war wirklich froh, als Pi-Hathor außer Sicht kam und der Fluss wieder nach Westen abbog.
    Die Morgensonne schien hell, die Luft war frisch und kühl und Esna nur vier Meilen entfernt. Schon bald hatten die Männer wieder gute Laune.
    Sie hörten die Stadt, ehe sie sie erblickten, und ein Windstoß wehte heiße Luft und den durchaus angenehmen Geruch von verbranntem Holz heran. Ahmose befahl, die Schwerter zu ziehen, während er seine Pferde in die vordersten Reihen drängte. Anchmahor und die Getreuen liefen neben ihm her.
    Esnas Anleger brannte, im strahlenden Sonnenschein loderten die Flammen beinahe durchsichtig, über ihnen waberte die Luft vor Hitze. Auf dem Fluss ringsum wimmelte es von Schiffen, und da ging Ahmose auf, warum in Pi-Hathor keine Schiffe gewesen waren. Die Städter, alle gute Bootsleute, hatten sie hierher gebracht und umzingelten jetzt unbeholfen Abanas Schiff, das unschwer an den geordneten Reihen und dem Wald von Bogen auf Deck auszumachen war.
    Rasch schätzte Ahmose die Lage ein. Hier war keine Strategie vonnöten. Sie mussten sich nur ins Gedränge der Städter stürzen und sie niedermetzeln. Einige schwenkten Schwerter, wenige hatten Speere, doch die meisten waren nur mit Messern, Steinbrecherwerkzeugen und Geräten bewaffnet, die man im Schiffsbau verwendete. Ahmose unterdrückte aufwallendes Mitleid und Gewissensbisse, gab Turi einen knappen Befehl und sah, wie der die gewölbten Hände an den Mund hob und ihn an seine Hauptleute weitergab. Die Getreuen stellten sich mit gezückten Schwertern schützend um ihn auf.
    Es wurde allerdings kein Abschlachten, denn ein Mann war aus der Menge aufgetaucht, schien eine Art Anführer zu sein. Seine Stimme übertönte den Aufruhr, unverständlich zwar, jedoch unverkennbar gebieterisch, und gehorsam bildeten die Städter mal hier eine Gruppe, mal dort eine, oder rannten und nahmen andere Stellungen ein. Ahmose fiel ein, dass Mereruka behauptet hatte, jemand stimme den Aufstand in beiden Städten aufeinander ab. Das hier war offensichtlich der Mann, um den sich die Unzufriedenheit gesammelt hatte, der Mann, der sie gebündelt und ihr Richtung gegeben hatte. Ahmose beobachtete ihn aufmerksam und fragte sich, ob er wohl in Seqenenres Heer oder vielleicht sogar unter Apophis Soldat gewesen war. Er konnte nicht ausmachen, ob er Setiu war oder nicht. Er hatte ein Schwert, das er hochhielt und als Zeigestock benutzte. Ach, dachte Ahmose, so viel Bemühen und Mut und alles für eine von Anbeginn an verlorene Sache. Wie ich das, was ich tun muss, verabscheue!
    Eine Weile konnte man Soldaten und Stadtbewohner nicht auseinander halten, doch allmählich lichteten sich die Reihen der Städter. Es wurde nicht mehr so heftig gekämpft. Überall lagen Leichen, und die Überlebenden wandten sich zur Flucht, warfen ihre Behelfswaffen fort, liefen in Richtung ihrer halb ertrunkenen Felder oder stürzten sich in den Nil, wo zwei ihrer Schiffe mit Schlagseite verlassen und brennend trieben. Abanas Bootsleute waren bereits an Bord der anderen und hieben auf Männer ein, die ans Segeln gewöhnt waren, jedoch nicht an das Kämpfen auf schwankendem Deck. In das Geschrei und Gestöhne der Verwundeten mischten sich die Jubelrufe der Sieger. Der Zusammenstoß hatte vielleicht eine Stunde gedauert. Es war Vormittag, die Sonne stand noch nicht im Zenit, und schon war die Schlacht vorbei.
    Der Mann, der die Aufständischen zusammengehalten hatte, brüllte noch immer. Er war gerade von seinem Aussichtspunkt auf einem Stein heruntergesprungen und stürzte zum Fluss, wollte, wie Ahmose vermutete, seine panisch fliehenden Männer aufhalten und watete ins Wasser, bis er bis zur Brust darin stand.
    Er bemerkte Abana nicht, der sich über die Reling seines Schiffes beugte, mit einem einzigen, raschen Blick die Situation erfasste, von Deck sprang und mit einem großen Platsch, den Ahmose hören konnte, genau hinter dem Mann landete. Der Mann fuhr unbeholfen herum, doch sein Schwert und der Wasserwiderstand behinderten ihn. Spuckend

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