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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Sie ließ den Stuhl los und ging zur Tür. »Ich möchte dich vor deinem Aufbruch nicht mehr sehen«, sagte sie. »Es ist mir einerlei, ob Auaris fällt oder nicht, und ehe dieses Kind geboren ist, sollte es dir auch einerlei sein. Zum Seth mit dir, Ahmose Tao. Erwarte während deiner Abwesenheit keine Briefe von mir. Ich habe zu viel zu tun und kann nicht diktieren.«
    Tief betroffen sah er sie hoch erhobenen Hauptes und am ganzen Leib zitternd gehen. Als die Tür zugefallen war, rief er ihren Namen, doch sie kam nicht zurück. »Aahmes-nofretari, du bist jetzt eine Königin«, sagte er laut in den erschreckend stillen Raum. »Du hast eine neue Verwaltung aufgebaut, du hast während meiner Abwesenheit geherrscht, gewiss verstehst du die bisweilen harten Unterschiede zwischen dir und mir, wie wir waren, dir und mir, wie wir gern wären, und dir und mir heute, nämlich Gottheiten, die die Last eines Landes auf ihren Schultern tragen.« Aber seine Worte verblassten im Sonnenstrahl auf dem Tisch und wurden von den Staubpartikeln aufgesogen, die in der Luft tanzten. Es ist nicht die Gottheit, die du verletzt und getäuscht hast, Ahmose, du Narr, sagte er sich. Es ist die Frau. Und noch so viele Gebete und Fußfälle bringen dich bei ihr nicht wieder in Gunst.
    Er hatte gehofft, das ihr der Ausbruch gereicht hätte, dass sie an der Bootstreppe stehen und ihm ihren Segen geben würde, als er und sein Gefolge sich im Morgengrauen des folgenden Tages einschifften, und er wartete, solange es nur ging, doch sie erschien nicht. Ahmose-onch klammerte sich an ihn. »Ich habe mit Bogen und Schwert geübt«, sagte er, als Ahmose ihn hochhob und ihm einen Kuss gab, ehe er ihn wieder absetzte. »Brauchst du mich ganz bestimmt nicht, Vater?« Ahmose schluckte.
    »Ich brauche dich sehr«, antwortete er ernst. »Aber dieses Mal braucht dich deine Mutter noch mehr. Verbringe ein wenig Zeit mit ihr, wenn du keinen Unterricht hast, Ahmose-onch.« Er warf Pa-sche einen Blick zu, und der nickte verständnisinnig.
    »Sie ist immer so brummig«, sagte das Kind leise. »Aber ich gehorche dir, Göttlicher. Ich bin der Falke-im-Nest, ich vertrete dich und tröste sie.«
    Es gab nur noch wenig zu sagen, denn keine anderen Familienmitglieder waren zum Lebewohl erschienen. Während Amunmose Gesänge anstimmte und die Tänzerinnen ihre Fingerzimbeln klicken ließen, ging Ahmose schließlich die Laufplanke hoch, und Anchmahor und die Getreuen folgten. Die Diener lösten die Taue.
    Abana dürfte Necheb erreicht und seine Reise nach Norden begonnen haben, überlegte Ahmose, aber er wird meiner Flotte erst in zwei, drei Tage folgen. Auch wenn ich in Chemmenu anlege und Ramose abhole, bin ich noch vor meinem Admiral vor Auaris. Mich drängt zwar alles zur Eile, trotzdem dürfte sich die Situation nicht geändert haben, wenn ich dort eintreffe. Der Gedanke, dass er Ramose wieder sehen würde, munterte ihn ein wenig auf. Doch als er zurückblickte und Ahmose-onch an der Hand seines Lehrers so klein und ziemlich verloren zwischen all den großen Erwachsenen sah, da kehrten seine Schuldgefühle zurück. Bänglich musterte er das Haus, hoffte, einen Blick auf seine Frau zu erhaschen. Doch sie hatte gemeint, was sie gesagt hatte.
    Durch die große, torlose Öffnung, die auf den Vorhof des alten Palastes ging, sah er Sobek-nacht und seine Unterbaumeister die Arme ausstrecken und sich verneigen, als er vorbeiglitt. Die Bauarbeiter waren bereits an der Arbeit, schwärmten über und um das altehrwürdige Gebäude herum. Dann wichen Haus und Palast zurück, wurden von Palmen geschluckt, die sich über dem dichten Vorfrühlingsgrün zwischen ihnen und dem Tempeldach erhoben. Waset selbst lag fast ganz verborgen. »Bald ist der Palast wie neu«, bemerkte Anchmahor. Er war neben Ahmose getreten und lehnte an der Reling, sah zu, wie Waset verschwand. »Ich denke, du wirst gleich nach deiner Rückkehr aus dem Norden einziehen können, Majestät.«
    »Vermutlich«, antwortete Ahmose zögernd. Sie durchfuhren die Biegung des Flusses, sein Haus war nicht mehr zu sehen, und da wurde ihm auf einmal leichter ums Herz, und er mochte nicht länger an Waset denken.
     
    Zwölftes Kapitel
     
    Es wurde Mitte Tybi, ehe Ahmose wieder einmal die Mauern von Auaris erblickte. Die Winde waren launisch gewesen, hatten zwar noch nicht stetig aus Norden geweht wie im Sommer, was die Schiffe behindert hätte, waren jedoch böig gewesen, so dass sie trotz der nördlichen Strömung viel Zeit

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