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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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mit Kreuzen verschwenden mussten. Ahmose hatte in Chemmenu länger Halt gemacht als geplant, hatte zwei Nächte in Ramoses Haus geschlafen und dem Bürgermeister und verschiedenen anderen Würdenträgern Audienzen gegeben und sich mit seinem Freund wegen des noch nicht abgeschlossenen Aufbaus der Stadt beraten. Ramose schien glücklich zu sein, dass er wieder das schöne Anwesen bewohnen durfte, das einst seinem Vater, dem Verräter, gehört hatte, doch Ahmose wurde von der Vergangenheit eingeholt. Er hatte den Vetter seiner Mutter, Teti, und seine Frau Nofre-Sachuru als Kind häufig besucht. Teti hatte viel gelächelt und gern im Garten gesessen und seinen und Seqenenres Sprösslingen Süßigkeiten zugeworfen, aber Ahmose hatte sich immer ein wenig vor ihm gefürchtet. Jetzt wusste er warum. Hinter einem leutseligen Äußeren war Teti ein verschlagener und hinterlistiger Mann gewesen und war dafür gestorben.
    Am dritten Tag hatte Ramose seinem stellvertretenden Nomarchen allerletzte Befehle erteilt und war zu Ahmose an Bord gegangen. Die Divisionen hatten gemeldet, sie hätten bis auf eine Tagesreise mit ihnen aufgeholt. Paheri und Abana waren auch unterwegs. Ahmose hatte nicht mehr angehalten. Nun müssen nur noch die großen Tore aufgehen, dann ist mein Freudenbecher ganz voll, dachte er spöttisch. Vielleicht sollte ich Schu bitten, dass er sie für mich entzweibläst. Bei dem Bild musste er lächeln. »Du bist glücklich, Ahmose.« Auch Ramose lächelte ihm über dem Rand seines Bierkruges zu. »Es tut gut, wieder auf dem Fluss zu sein, nicht wahr?«
    »Ja«, bestätigte Ahmose und schob das Bild seiner Frau beiseite, das sich zwischen ihn und den glitzernden Sonnenschein schieben wollte. »Sieh mal, Ramose. Da drüben. Da kommt gerade ein Krokodil aus dem Binsensumpf geschwommen. Ein verheißungsvolles Vorzeichen, was meinst du?« Bei dem Wort ›Vorzeichen‹ aus seinem eigenen Mund verstummte er, wandte sich ab und ging in seine Kabine.
    Achtoi hatte Ahmoses Zelt an genau derselben Stelle neben dem großen Nebenarm aufbauen lassen wie im Jahr zuvor, und während seine Habe hineingetragen wurde, stieg Ahmose in seinen Streitwagen, Anchmahor nahm die Zügel, und dann fuhren sie so nahe an Auaris heran, wie es eben ging. Er stieg aus und starrte die vertrauten Mauern an. Chabechnet hatte er zu seinen Generälen geschickt und sie zum Abendessen eingeladen.
    Eine Zeit lang betrachteten er und Anchmahor die Stadt. Dann sagte Ahmose: »Befehlshaber, siehst du irgendetwas, was sich seit letztem Mal geändert hat?« Anchmahor zögerte.
    »Eine seltsame Frage, Majestät«, antwortete er. »Ich sehe keine Veränderungen, aber du hast Recht. Es scheint, als ob Auaris zusammenbrechen will, als ob die Grundmauern unsichtbar und still vor sich hin bröckeln. Man spürt eine gewisse Spannung. Und ich habe gedacht, ich bilde mir das nur ein.«
    »Ich habe es gespürt, seit Abana gestanden hat, dass Apophis beinahe die Flucht gelungen wäre«, sagte Ahmose. »Er hat aufgegeben, Anchmahor. Er will in den Schoß seines heimatlichen Rethennu zurückkehren und sucht verzweifelt nach einem Weg, wie ihm das gelingt, ohne dass er sich selbst oder seine Stadt aufgeben muss. Hier tut sich bald etwas.«
    »Auaris wirkt wie ausgestorben«, meinte Anchmahor. »Kein Rauch von Kochfeuern oder Bestattungen. Und man hört so gar nichts.« Er blickte Ahmose an. »Kann es sein, dass die Einwohner allesamt tot sind?«
    »Nein«, sagte Ahmose knapp. »Die Bevölkerungszahl hat zweifellos durch Seuchen und Hunger abgenommen, aber noch sehe ich keine Aasgeier über diesen verfluchten Mauern kreisen.«
    Gegen Abend fiel ein leichter Regen, tüpfelte den Boden und tanzte auf dem Nebenarm, doch als die Generäle vorfuhren, hatte er aufgehört, und der Himmel war wieder klar. Ahmose hatte sich in einen Wollumhang gehüllt und saß an der Stirnseite des langen Tisches vor seinem Zelt. Achtoi und seine Dienerschar hatten ein schlichtes Mahl vorbereitet, frischen Salat, Gurken, Frühlingszwiebeln, Radieschen, zerdrückten Knoblauch, Weichkäse, gebratene Gazelle und Brot. In den nächsten Monaten würde es noch kein Obst geben, stattdessen trugen sie in Honig eingelegte, getrocknete Datteln und Feigen auf.
    Als die Männer aus ihren Streitwagen stiegen und in den Lampenschein traten, begrüßte Ahmose sie, nahm ihre Huldigung entgegen und forderte sie auf, Platz zu nehmen. Jedes Gesicht erinnerte ihn lebhaft an die Schlacht vom vergangenen Jahr, und bei

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