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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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kein Dämon. Bleibe in diesem Pestloch oder eile heim nach Rethennu, mir ist es einerlei. Sobek-chu, kümmere dich um ihn. Und wo sind die restlichen Höflinge?«
    »Die habe ich in Apophis’ Schlafgemach zusammengetrieben«, sagte Sobek-chu. »Es sind fast ausschließlich Frauen.« Er warf Ahmose einen Blick von der Seite zu. Er weiß, dass Tani darunter sein kann, dachte Ahmose besorgt. Er hat sie nie gesehen, aber er kennt meine Familientragödie. Was mache ich, wenn auch sie fort ist?
    Er trabte hinter seinem General her und hatte in dem Irrgarten aus schmalen, sich kreuzenden Fluren schon bald die Orientierung verloren. Sobek-chu hatte dafür zwar ein beinahe untrügliches Gespür, aber auch er zögerte oft vor einem gähnenden Quergang. Es gab in regelmäßigen Abständen Halter für Fackeln, doch die waren leer. Mehrmals durchquerten sie kleine Höfe, die sich zum Himmel öffneten und Springbrunnen hatten, die kein Wasser mehr hochwarfen.
    Schließlich schien Licht am Ende eines schmalen Ganges, und Ahmose blieb vor einer beeindruckenden Flügeltür stehen. Die Soldaten zu beiden Seiten nahmen Habtachtstellung an und machten sie auf Sobek-chus Befehl hin auf. Ahmose trat ein. Ein Blick genügte, und die ängstlichen Mienen, die sich ihm rasch zuwandten, sagten ihm, dass sich Apophis nicht unter ihnen befand. Die Jüngeren haben den Mut gehabt, sich unter das gemeine Volk zu mischen, dachte Ahmose, aber Alter bringt Vorsicht und eine zunehmende Angst vor dem Unbekannten mit sich. Hier ist Tani auch nicht.
    Er ließ den großen Raum kurz auf sich wirken. An den Wänden hingen Behänge in den gleichen grellen Farben und Spiralmustern wie auf den Kissen in dem Raum, den er zuerst betreten hatte, und wo keine waren, gab es gemalte Berge mit weißen Gipfeln über einem blauen Meer, das mit Schiffen getüpfelt war. Im Wasser tummelten sich exotische Geschöpfe, die Ahmose nicht kannte. Es gab zwei Innentüren, beide aus bemaltem Holz. Von der linken funkelte ihn ein Bulle mit rundem Rücken, goldenen Hörnern und geblähten Nüstern an, von der rechten der Setiu-Meeresgott Baal-Yam, der seinen Bart und den nackten Oberkörper aus dem schäumenden Wasser reckte. Was Ahmose von den wenigen nicht besetzten Stühlen sehen konnte, waren Stuhlbeine, die wie vollbusige Mädchen in kurzem Schurz und Bändern in den Locken geformt waren, welche vergoldete Sitze hielten, deren Rückenlehnen elfenbeinerne Delphine waren. Ahmose scheute innerlich vor der völligen Fremdartigkeit seiner Umgebung zurück. Selbstverständlich kann man mit den Händlern aus Keftiu Handel treiben, dachte er. Vieles ist hübsch. Aber hier gibt es überhaupt nichts Ägyptisches, keinen Beweis, dass unsere Eroberer das geringste Interesse für unsere Kunst oder unsere Götter gehabt hätten.
    Widerstrebend wandte er sich der stummen Menge zu, deren Angst mit Händen zu greifen war. Die Frauen waren nicht geschminkt und zerzaust, das Haar hing ihnen gelöst herunter, ihre langen Wollröcke waren unordentlich zugebunden. »Seid ihr alle betrunken?«, erkundigte sich Ahmose. Einer der Männer trat vor.
    »Wir haben den Weinvorrat unseres Gebieters ausgetrunken«, sagte er schlicht, »aber wir konnten die Katastrophe ringsum nicht vergessen. Was für ein Ägypter bist du?« Ahmose wusste mit der Frage nichts anzufangen, die man ihm noch nie so gestellt hatte, merkte aber, dass er in der Eile des Aufbruchs die Abzeichen seiner Position vergessen hatte. Sobek-chu nahm ihm die Antwort ab.
    »Du sprichst mit Seiner Majestät Uatsch-Cheperu Ahmose. Huldige ihm«, bellte er. Der Mann verbeugte sich sichtlich verwirrt, und der Rest tat es ihm unbeholfen nach.
    »Verzeihe mir, Majestät. Ich bin Semken, Bürgermeister von Auaris. Ich konnte meine Stadt nicht verlassen.«
    »Du kommst gleich zur Sache«, meinte Ahmose. »Und jetzt sag mir, wohin ist Apophis gegangen?« Semken schüttelte den Kopf.
    »Ich schwöre, dass ich es nicht weiß. Ich bin nur der Bürgermeister, Einzig-Einer, kein Höfling. Vor drei Tagen hat man mich in den Palast bestellt, und Wesir Peremuah hat mich angewiesen, die Einwohner auf den Auszug vorzubereiten, der in dieser Nacht stattgefunden hat. Aber als ich dann gehen musste, habe ich es nicht übers Herz gebracht, obwohl ich meine Familie fortgeschickt habe. Stattdessen bin ich hierher gekommen. Vielleicht kann dir der Wesir sagen, wo sein Gebieter ist.«
    »Er könnte, aber er weigert sich.« Ahmose blickte die eng Zusammengedrängten

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