Die Strasse des Horus
gingen an seiner Seite, die Getreuen jetzt hinter ihm. Sobek-chu strebte nicht zum Haupteingang. Er bog nach links ab, umrundete eine Palastecke und blieb vor einer kleinen Tür in der Westmauer stehen. »Hier bin ich schon gewesen«, platzte Ramose heraus. »Hierher hat man mich gebracht.« Ahmose hob die Hand.
»Chabechnet, gehe hinein und verkünde meine Titel.«
»Auf dein Gesicht vor Uatsch-Cheperu Ahmose, Sohn der Sonne, Horus, Goldhorus, Der von den Zwei Ländern, Der von der Binse und Der von der Biene.« Chabechnet hatte aus eigenem Antrieb noch die drei Titel angehängt, die Ahmose erst nach seiner Krönung tragen wollte, denn noch war er nicht König von Ober-und Unterägypten.
Kerzenlicht empfing ihn, weich und unscharf, und er musste blinzeln. Er stand in einem gefälligen Raum mit niedrigen vergoldeten Stühlen und einem einzigen eleganten Tisch mit mehreren dicken Kerzen. Hier und da lagen Kissen in grellen Farben und wilden Mustern aufgehäuft. Die Wände waren in mattem Dunkelgelb gehalten, und oben unter der Decke zog sich ein schwindlig machender Fries aus schwarzen Spiralen entlang. In einer Ecke stand ein geschlossener goldener Schrein.
Auf dem Boden lag ein Teppich und mitten darauf kniete ein Mann, berührte ihn mit der Stirn und umklammerte dabei seinen blauweißen Amtsstab. Die Soldaten um ihn hatten Ahmose gehuldigt, standen jetzt auf und beobachteten ihn wachsam. »Gib mir den Stab da«, befahl Ahmose. Der Mann kam mühsam hoch. Er war von mittlerem Alter, hatte ein gefurchtes Gesicht, das von einer Hakennase und einem geflochtenen Bart beherrscht wurde. Sein schwarzes Haar war sehr kurz. Ein Silbergürtel hielt sein langes, schlichtes weißes Gewand zusammen. Gehorsam tat er, was man ihm sagte. Mit einer einzigen heftigen Bewegung zerbrach Ahmose den Stab auf seinem Knie und warf die Stücke in die Ecke. »Wer bist du?«, fuhr er ihn an. Der Mann räusperte sich.
»Ich bin Peremuah, Wesir und Bewahrer des Königlichen Siegels«, sagte er ruhig. »Es ist meine Pflicht, die Stadt Auaris im Namen meines Gebieters, Seiner Majestät König Awoserra Apophis, zu übergeben.«
»Und wo ist Seine Majestät?«, fragte Ahmose. Er wusste, es war unter seiner Würde, aber das klang höhnisch. Der Mann wurde rot.
»Er hat seine Stadt aufgegeben und will sich mit seinen Brüdern in Rethennu vereinen. Mir hat er aufgetragen, dir das Königliche Siegel zu übergeben. Damit bestätigt er, dass Ägypten jetzt dir gehört.«
»Das hat es immer«, entgegnete Ahmose ohne nachzudenken, aber er war ratlos. »Wie kann Apophis nur entkommen sein, Auaris ist seit Monaten von meinen Soldaten abgeriegelt? Wie lange ist er schon fort?«, fragte er Peremuah. Die Lider des Wesirs senkten sich. Er starrte auf seine Silbersandalen und sagte gar nichts.
Auf einmal wusste Ahmose die Antwort und fuhr zu Chabechnet herum. »Nimm sofort meinen Streitwagen«, befahl er. »Fahre so schnell wie möglich durch das Königstor und suche nach Fürst Abana. Der dürfte irgendwo in der Nähe sein. Jeder Bürger und jeder Karren, der noch nicht verschwunden ist, soll angehalten und durchsucht werden. Alle, in welchem Zustand auch immer. Wie lange?« Peremuah kniff die Lippen zusammen und hob den Kopf. Seine Miene war störrisch.
»Ich sollte dir nur ausrichten, dass Seine Majestät fort ist, und dir das Siegel übergeben«, beharrte er. »Tut mir Leid.«
»Ach wirklich?«, sagte Ahmose wütend. »Dann gib es mir!« Peremuah öffnete die Zugschnur eines Beutels, der an seinem Gürtel hing, holte das Siegel heraus und überreichte es Ahmose mit einer knappen Verbeugung. Es war ein kleiner Lehmzylinder. Ahmose betrachtete ihn, als er auf seiner Hand lag. Er rieb an den erhabenen Hieroglyphen mit Apophis’ Namen und Titeln und wusste, dass er das letzte Mittel der Setiu-Macht in Ägypten in Händen hielt, dann ließ er es auf den Teppich fallen und zertrat es verächtlich, spürte, wie es zerbrach und zerbröselte. »So endet Apophis’ Herrschaft«, sagte er und trat mit dem Fuß danach. »Peremuah, du wirst hier festgehalten, bis ich jemanden finde, der mir sagt, wohin Apophis gegangen ist. Danach darfst du Ägypten verlassen.« Der Mann fuhr erschrocken zurück.
»Aber, Majestät, ich muss nicht sterben?«, stammelte er und hatte Ahmose dabei unbewusst mit seinem Titel angeredet. Der rümpfte die Nase.
»Mach dich nicht lächerlich!«, fuhr er ihn an. »Du bist weder ein Soldat noch ein Verräter an deinem Herrn, und ich bin
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