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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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die Tore?«, fragte Ahmose knapp.
    »Davon gibt es vier, im Norden, Süden, Osten und Westen. Sie gleichen denen von Auaris, sind aus sehr dickem Zedernholz und mit Bronze verstärkt. Über ihnen patrouillieren viele Soldaten auf den Mauern.«
    »Und draußen?« Der Späher schüttelte den Kopf.
    »Anscheinend braucht Scharuhen, weil es so gewaltig ist und für sich allein steht, keine Soldaten außerhalb der Mauern. Wir haben jedoch auf unserer Reise jenseits der Horusstraße einige Menschen gesehen, überwiegend Frauen, Kinder und alte Leute. Ein paar haben wir ausgefragt. Sie gehören einem Stamm von Wilden an, dem die ganze südliche Küstenregion gehört. Demnächst kannst du sie in der Ferne sehen. Aber die Hügelstämme befehden sich ständig. Sie sind nicht einmal dem Aufruf von Apophis’ Brüdern gefolgt und ihm zu Hilfe geeilt. Ich bin wie du der Meinung, dass es in fast ganz Rethennu keine gesunden Männer mehr gibt. Die haben wir allesamt im Delta umgebracht.« Gelächter folgte diesen Worten, erstarb aber rasch. Ahmose konnte sehen, dass seinen Generälen genau wie ihm Steinmauern und mächtige Tore auf der Seele lagen.
    »Seid bedankt für euren Bericht«, sagte er zu den Spähern. »Er war klar, und ihr habt euren Auftrag gründlich ausgeführt. Kehrt zu euren Divisionen zurück.«
    Nachdem sie sich die Reste ihres Mahls geschnappt hatten, entfernten sich die Späher. Düsteres Schweigen herrschte. Dann sprach Kagemni für alle.
    »Wir stehen vor einer weiteren Belagerung in einem Land, das wir nicht kennen, weit entfernt von Nahrung und anderen Vorräten«, sagte er bedrückt. »Das Land ist zwar augenblicklich leer, die Straße nach Ägypten muss aber trotzdem ständig gegen Übergriffe bewacht werden. Lohnt das, Majestät? Warum verstärken wir nicht einfach die Fürstenmauer, machen sie zu einer undurchdringlichen Barriere gegen alle Fremdländer und ziehen uns dahinter zurück?«
    »Schließlich ist Ägypten jetzt geeint«, fügte Meryrenefer an. »Apophis ist wieder im Land seiner Vorfahren. Auaris gehört dir. Dein langer Kampf ist zu Ende.«
    Ahmose merkte, dass sein Blick zu Tani wanderte. Sie war auf einen kleinen Erdhügel geklettert, hatte sich etwas von dem Lärm des sich ausruhenden Heeres entfernt und wandte ihnen, in ihren Umhang gehüllt, den Rücken zu. Warum kehren wir nicht heim?, überlegte er. Ich könnte Tani mit einer angemessenen Begleitung vorausschicken, mit dem Heer kehrtmachen und Apophis seinem verdienten Schicksal überlassen. Aber da sind noch seine Söhne…
    »Es wäre vernünftig, euren Rat zu befolgen«, sagte er vorsichtig, »aber ich muss auch an die Zukunft denken, nicht nur an unsere augenblickliche Notlage. Falls ich nach Ägypten zurückkehre, lasse ich einen Mann zurück, der Ägypten regiert hat, und dazu noch seine Erben. Ich hinterlasse eine Bedrohung für jeden meiner Nachfolger, Männer, die ihrerseits zu den Waffen greifen müssen, weil bei uns Fremdländer eingedrungen sind, einerlei ob durch Gewalt oder List. Ich muss es wenigstens versuchen, für künftige Jahre jedweden Anspruch auf Ägyptens Thron zu beseitigen.«
    »Aber, Majestät, eine Stadt aus Stein!«, hielt Baqet dagegen. »Gegen Scharuhen können wir überhaupt nichts ausrichten! Eine lange Belagerung ist unvermeidlich, und dieses Mal müssen wir nicht nur die Tore überwachen, sondern unsere Truppen auch noch vor dem Großen Grün und allen umliegenden Stämmen schützen! Haben wir dazu den Mut?«
    »Die Soldaten verlieren den Mut schon nicht, wenn sie regelmäßig nach Haus dürfen«, entgegnete Ahmose. »Glaube mir, Baqet, auch mir sinkt bei der Aussicht das Herz in die Sandalen, aber ich muss die Sache zu Ende bringen. Das ist alles. Macht euch marschbereit.« Widerwillig standen sie auf und verließen den Schutz des Sonnensegels, das rasch abgebaut wurde.
    Ahmose schickte einen Läufer zu Tani. Er war zornig und bedrückt. Zweimal hat sich uns Gelegenheit geboten, Apophis zu schnappen und diese elendige, unendliche Sache zu beenden, sagte er sich, als er zu seinem Streitwagen ging. Zweimal war es ein Fehlschlag. Zur Strafe dafür müssen wir weitermachen. Allmählich komme ich mir vor wie eine verdammte Seele, die für alle Zeit im See der Unterwelt schwimmen muss, während Kamose und mein Vater in der Himmelsbarke an mir vorbeisegeln und ihre Schlachten gewonnen haben. Amun, gib mir den nötigen Mut, Scharuhen anzusehen und nicht zu verzweifeln.
    Alles war, wie der Späher gesagt

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