Die Strasse des Horus
Ahmose und begann. »Grüße an die Königin von Ägypten, den Zweiten Propheten Amuns«, sagte er. »Meine liebste Aahmes-nofretari, du wirst hochbeglückt sein, wenn du hörst, dass Auaris in meiner Hand ist und dass seine Mauern in diesem Augenblick geschleift werden. Apophis jedoch ist nach Rethennu geflohen, und du wirst verstehen, dass ich ihn um der künftigen Sicherheit dieses Landes willen verfolgen muss. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis ich dich küssen und mich vergewissern kann, dass du bei guter Gesundheit bist. Unser Kind wird bald geboren werden. Verzeih mir, wenn ich dich noch einmal bitte, diesen Weg allein zu gehen. Ich kenne deinen Zorn und deine Einsamkeit und bitte dich, nicht schlecht von mir zu denken, denn ich liebe dich aufrichtig. Und jetzt muss ich dir von Tani erzählen…« Das hörte sich für seine Ohren lahm und geschwätzig an, Ipis Gekratze hingegen laut. Auf einmal dürstete ihn nach Wein.
Vierzehntes Kapitel
Es dauerte noch eine ganze Woche, bis sich Ahmose und seine fünf Divisionen von Auaris gelöst und den Marsch nach Osten auf der Horusstraße angetreten hatten. In dieser Zeit war aus dem Palast eine rauchende Ruine geworden, und Arbeitsgruppen aus Soldaten der verbleibenden Divisionen schickten sich an, die dicken Mauern zu schleifen. Ein paar Bürger kehrten in die Stadt zurück. Ahmose hatte ihnen keine Nahrung zu bieten, doch nun stand ihnen das Delta ja wieder offen.
Die Aussaat würde erst im nächsten Monat stattfinden, doch der Fluss war auf Frühlingsstand zurückgegangen, die überfluteten Ebenen waren beinahe trocken. Die Horusstraße zog sich östlich auf höherem Grund dahin und um Seen und kleine Wasserlöcher herum, die immer Wasser führten. Die Kampfbegeisterung war groß. Die Männer sangen, während sie unter Bäumen dahinmarschierten, hatten die Speere geschultert, Äxte und Schwerter klirrten an ihre Schenkel. Ahmose fuhr an der Spitze des Heerwurms, der sich hinter ihm herschlängelte und sich im kalten Frühnebel verlor. Vor ihm gingen Anchmahor und die Angriffstruppe und unmittelbar hinter ihm rollten Tani und Heket im Streitwagen unter einem Sonnensegel, und Machu lenkte die Pferde. Mesehti fuhr Ahmoses eigenen Streitwagen.
Am ersten Tag schafften sie nur fünfundzwanzig Meilen, weniger, als Ahmose lieb war, doch stellenweise war die Horusstraße noch aufgeweicht, und die Soldaten mussten sich nach dem langen Aufenthalt vor Auaris erst wieder abhärten.
Am zweiten Abend wich das üppige Grün des Deltas allmählich, und sie lagerten am Ufer des Binsenmeeres, einer großen, sumpfigen Gegend voller Vögel, Frösche und mit Wolken von Stechmücken, die sich gierig auf das Heer stürzten und ihm die Stunden bis Tagesanbruch verleideten. Die Horusstraße zog sich mitten hindurch, war im Sommer für Streitwagen trocken genug, doch um diese Jahreszeit hatten die Pferde viel Mühe, die kleinen Gefährte durch den verkrusteten Schlamm zu ziehen. Ahmose ließ alle aussteigen, und selbst Tani musste in Lederstiefeln hinter Machu hergehen.
Gegen Ende des vierten Tages roch Ahmose das Meer. Erleichtert waren die Soldaten aus dem raschelnden, üppig stehenden Schilfrohr aufgetaucht und in ein raues, wüstes Land aus Sand und Steinen gelangt, und zusammen mit der feuchten Fülle hatten sie auch die unterschiedlichen Gerüche feuchter Vegetation hinter sich gelassen.
Gegen Mittag dieses Tages hatte Ahmose Teile der Fürstenmauer erblickt, eine Abfolge kleiner Festungen, die seine Vorfahren zum Schutz von Ägyptens nordöstlicher Grenze erbaut hatten. Sie zogen sich von Nord nach Süd über die Horusstraße, vom Großen Grün bis zur Wüste. Die Wachposten auf den Mauern und die Standartenträger der Division hatten sich Grüße zugerufen, doch Ahmose hatte nicht halten lassen, obwohl er gemerkt hatte, dass einige Festungen ausgebessert werden mussten. Warum sollten sich die Setius auch darum kümmern?, dachte er spöttisch. Von Osten hat ihnen keine Gefahr gedroht. Ihre wahren Feinde waren im Süden, in Ägypten selbst.
In dieser Nacht heulte der Wind, und eisige, alles durchnässende Regenschauer prasselten auf das Lager nieder. Die Männer lagen in Umhänge und Decken gehüllt um ihre Feuer und konnten vor Kälte nicht schlafen. Nur Tani wirkte friedlich, lag auf ihrer Matte im Schutz des nicht angespannten Streitwagens, und ihr fest gewebter Setiu-Umhang wärmte sie, während Tausende Soldaten unter der leichteren ägyptischen Wolle froren.
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