Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
sagte er.
    »Und ich auch, mein kleiner Falke-im-Nest«, antwortete Ahmose. Er zupfte an der Jugendlocke des Kindes, die als schimmernder Zopf auf seiner schmalen Schulter lag. »Bist du schon erwachsen, oder darf ich dich noch in den Arm nehmen?«
    »Nicht so richtig«, sagte das Kind ernst, und dann lächelte es strahlend und stürzte sich in Ahmoses Arme. »Wir wissen, dass der Hochstapler in eine Festung entwischt ist, die Scharuhen heißt«, sagte er. »Hast du ihn schon geschnappt, Majestät?«
    Ahmose musterte das ernste kleine Gesicht. Es hatte sich während seiner Abwesenheit verändert. Die Augen waren größer, das Kinn breiter, die Wangen schmaler geworden. Er lässt allmählich die Kindheit hinter sich, dachte Ahmose und verspürte Liebe und Stolz. Bald ist er ein gut aussehender Jüngling. »Pa-sche und ich haben uns mit Rethennu beschäftigt«, sagte Ahmose-onch gerade. »Gleich hinter Scharuhen gibt es eine Steppe und Wälder und Berge, die manchmal beben, und es gibt auch Heuschrecken, die ihnen die Ernte auffressen. Es hört sich nach einer grässlichen Gegend an. Hast du erlebt, wie die Berge beben, Vater?«
    »Nein. All das spielt sich weiter nordöstlich ab. Und nein, ich habe Apophis noch nicht geschnappt. Scharuhen ist stark befestigt, mein Sohn. Das besiegt man nicht so schnell.« Er nahm das Kinn des Jungen in die Hand. »Ich bin nach Hause gekommen, weil ich deine Mutter und deine neue Schwester sehen will«, sagte er sanft. »Geh jetzt zu deinem Lehrer zurück. Wir unterhalten uns später.«
    »Sie ist sehr krank«, flüsterte Ahmose-onch. »Mutter glaubt, dass ein Fluch auf ihr liegt.« Auf ihr selbst oder der Kleinen?, fragte sich Ahmose. Ahmose-onch verneigte sich erneut und ging zu Pa-sche zurück, der aufgestanden war, unter dem Sonnensegel stand und ihrem Austausch besorgt zusah.
    Der Hauptmann der Hauswache war aus dem Haus getreten und wartete auf ihn, als er dem Seiteneingang zustrebte. »Willkommen daheim, Majestät«, sagte er. »Wenn ich von deinem Kommen gewusst hätte, ich hätte den Flusspfad säubern lassen und mehr Männer an der Bootstreppe aufgestellt. Ich melde dem übrigen Haushalt deine Ankunft.«
    »Danke, Emchu«, antwortete Ahmose und verbarg dabei seine Ungeduld. »Ich weiß deine Gewissenhaftigkeit zu schätzen. Aber ich möchte auf der Stelle zur Königin. Wo ist sie?«
    »Nach den Morgenaudienzen verbringt Ihre Majestät den Großteil des Tages im Kinderzimmer«, sagte Emchu. Er zögerte. »Majestät, ich … wir … ich bin sehr froh, dass du zurück bist.«
    »Ich verstehe«, sagte Ahmose leise. »Sorge dafür, dass wir nicht gestört werden.«
    Rasch ging er durch das Haus, erschreckte die Diener, denen kaum Zeit blieb, ihn zu erkennen, und die sich kaum verbeugen konnten, schon war er vorbei. Uni kam vor Aahmes-nofretaris Gemächern von einem Schemel hoch und riss vor Schreck die Augen auf. »Ich bin sehr erleichtert, dass du da bist, Majestät«, sagte der Haushofmeister, und seine Miene legte sich wieder in die gewohnten höflichen Falten. »Ich hatte gehofft, dass der Brief deiner Mutter dich nach Hause treiben würde.«
    »Hat sie aufgebauscht?«, erkundigte sich Ahmose. Uni schüttelte den Kopf.
    »Ganz und gar nicht. Die Prinzessin wird von Tag zu Tag schwächer und die Königin immer verzweifelter. Sie hat mit Hilfe von Chunes die Regierungsgeschäfte weitergeführt, aber sie steht kurz vor dem Zusammenbruch. Sie hat so viel um ihre Kinder gelitten.« Unis Ton war keinerlei Kritik anzuhören. Ahmose hatte auch keine erwartet. Uni kannte sich wie Achtoi in den Hirnen und Herzen seiner Schützlinge besser aus als diese selbst.
    »Ist sie da drin?«
    »Sie hat die Tür zwischen Schlafgemach und Kinderzimmer entfernen lassen«, erläuterte Uni. »Sie erlaubt keiner Dienerin und keinem Kindermädchen mehr, die Prinzessin zu berühren, und das bedeutet natürlich, dass sie jedes Mal aufwacht, wenn die Prinzessin schreit. Und sie schreit oft. Ich habe versucht, vernünftig mit ihr zu reden, aber vergebens.«
    »Dann gehe ich jetzt hinein«, sagte Ahmose. »In einer Stunde bringst du Wein und etwas zu essen. Melde mich nicht an.« Uni zog die Tür auf, und Ahmose trat ein.
    Sie war nicht in ihrem kleinen Empfangsraum, auch nicht im Schlafgemach dahinter. Ahmose durchmaß beide leise. Er konnte sie singen hören, leise, aber so besorgt und zärtlich, dass er stehen blieb und zögerte, sie zu stören. Er näherte sich dem Durchlass, konnte sie sehen, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher