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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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besorge dir eine Überfahrt auf dem nächsten Schiff, das ins Delta fährt. Und was dich angeht, Tani, so möchte ich dich zum Lebewohl lieber nicht küssen.«
    »Ahmose, bitte… Im Andenken an unsere gemeinsame Kindheit…« Sie weinte jetzt ungehemmt, Halsausschnitt und Passe ihres Hemdes waren bereits feucht von Tränen. »Lass uns nicht so voneinander scheiden. Wenn du mich ohne Segen fortschickst, wandele ich schutzlos unter den Augen fremder Götter. Vielleicht bedauerst du noch einmal, dass du ihn mir vorenthalten hast.« Er machte auf den Fersen kehrt und ging hoch erhobenen Hauptes zur Zeltklappe, aber in seinem Herzen tobten Schmerz, Wut und Trauer, dass er schier daran erstickte.
    »Schade, dass Ramose dich nicht erdrosselt hat, als er merkte, was du geworden bist«, fauchte er und trat hinaus in den warmen Nachmittag.
    Er sah sie nicht aufbrechen. Nach einem schroffen Befehl an Mesehti zog er sich in sein Zelt zurück. Irgendwann war Mesehti wieder da und berichtete, dass sich das Tor für sie geöffnet hätte, eine kleine Abteilung Soldaten wäre herausgeeilt, hätte ihre Habe aufgehoben und sie rasch hineingeführt.
    Es war warm, und Ahmose speiste unmittelbar vor der Klappe seines Zeltes, damit er den ungewöhnlich milden Abend genießen konnte, als Ipi kam und sich verbeugte. Der Oberste Schreiber hatte eine Rolle in der Hand. »Aus Waset, Majestät«, sagte er. »Der Herold hat mich gesehen, als er gerade zu dir wollte. Er ruht sich jetzt aus und steht dann für deine Antwort bereit.« Ahmose nickte und schob seinen Teller beiseite.
    »Lies vor«, befahl er. Ipi ließ sich auf die Erde sinken und erbrach das Siegel.
    »Von deiner verehrten Mutter«, sagte er, entrollte den Papyrus und musste im schwindenden Licht die Augen anstrengen. ›Grüße an dich, Ahmose, Herr allen Lebens. Wisse, dass deine Gemahlin am zwölften Tag im Mechir einer Tochter das Leben geschenkt hat. Aahmes-nofretari hat sich gut erholt, doch die Kleine ist schmächtig. Sie erbricht die Milch der Amme und schreit viel. Ich habe Ziegenmilch für sie holen lassen, die sie ein wenig länger bei sich behält als die andere Milch, aber der Arzt sieht düster für ihre Zukunft. Der Name, den die Astrologen für sie ausgesucht haben, bedeutet auch nichts Gutes. Ich habe mit dem Diktieren des Briefes gewartet, damit ich ihn dir mitteilen konnte. Und ich hatte auch gehofft, dass Aahmes-nofretari dir die Nachricht selbst übermitteln würde, aber sie weigert sich, dir einen Brief zu diktieren. Seit Tetischeri und ich aus Djeb zurück sind, hat sie sehr niedergeschlagen gewirkt, und ich fürchte auch für ihre Gesundheit.
    Die Astrologen bestehen auf dem Namen Sat-Kamose. Aahmes-nofretari hat ihren Beschluss gleichgültig aufgenommen, was so gar nicht zu ihr passt, aber ich und deine Großmutter waren darüber erzürnt. Wir haben die Männer in den Tempel zurückgeschickt, damit sie das Horoskop noch einmal erstellen, und ich habe den Hohen Priester Amunmose hinsichtlich ihrer Befähigung befragt, vergebens. Die Astrologen sind kundige, erfahrene Priester. Sie haben der Kleinen erneut das Horoskop gestellt, weigern sich jedoch, einen anderen Namen auszusuchen. Ich glaube, diese Tragödie macht dir genauso viel Kummer wie mir. Falls das so ist, so flehe ich dich an, komm nach Hause. Deinen letzten Botschaften entnehme ich, dass du wieder einmal belagerst, also kannst du dein Heer getrost eine Weile deinen Generälen übergeben. Solltest du Scharuhen deiner Tochter zuliebe nicht verlassen können, dann vielleicht deiner Gemahlin zuliebe.‹ Ipi blickte auf. »Das ist alles, Majestät. Abgesehen von den Titeln der Königin und der Unterschrift natürlich.« Ihre Blicke kreuzten sich. Hinter der höflichen Dienermiene las Ahmose Mitleid und Sorge.
    »Danke, Ipi«, sagte er mit Mühe. »Morgen schicke ich eine Antwort.« Damit war Ipi entlassen. »Schaffe hier Ordnung und dann geh«, sagte Ahmose zu Achtoi und stand auf, doch er hatte auf einmal weiche Knie, machte ein paar Schritt ins Zelt zurück und zog die Klappe hinter sich zu.
    Hekayib hatte eine Lampe angezündet, während der König speiste. Ahmose starrte jetzt den schimmernden Alabaster an und konnte keinen Schritt mehr tun. O ihr Götter, mein armes Kind, meine arme Aahmes-nofretari, dachte er unzusammenhängend. Der Seher hat mich gewarnt, hat nachdrücklich ›Tod‹ gesagt, aber irgendwie habe ich gehofft, dass es dieses Mal besser laufen würde. Sat-Kamose. Die beiden Worte

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