Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
Vom Netzwerk:
Gärten sind angelegt, aber noch sehr neu und daher hässlich. Lässt du ihn bald weihen?« Von dem Augenblick habe ich geträumt, seit Kamose und ich nach Norden gefahren sind und Ägypten zurückgefordert haben, dachte Ahmose traurig. Jetzt ist er gekommen, und ich kann nur noch an Sat-Kamose denken. Ich verspüre keinen Jubel, kein Triumphgefühl. Das hat mir das Schicksal gestohlen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er bedrückt. »Vielleicht.«
    »Geht es ihr gut?«, fragte Aahotep freundlich.
    »Ja, es geht ihr gut, und sie ist schöner denn je«, antwortete er, ohne sie anzuschauen. Er klopfte an das Holz. Sofort öffnete Kares, und Ahmose trat auf den Flur. Ihm war übel vor Verzweiflung.
    Der königliche Leibarzt und Uni warteten vor Aahmes-nofretaris Tür auf ihn, und zusammen traten sie ein. Als sie das Fläschchen und den Löffel in der Hand des Arztes erblickte, hörte sie jäh auf herumzugehen. »Nein«, sagte sie. Ahmose packte ihre Schultern mit festem Griff.
    »Falls du jemandem dafür die Schuld geben musst, dass unsere Kinder so schwächlich sind, dann den Göttern, nicht dir selbst«, sagte er leise zu ihr. »Ich verurteile dich nicht. Weißt du das denn nicht? Wie kannst du nur glauben, dass diese Verluste, so furchtbar sie auch sind, die Liebe auslöschen könnten, die ich für dich empfinde? Wir sind eins, liebste Schwester. Wir haben viele Prüfungen dieses Einsseins durchgestanden. Wir sind böse aufeinander gewesen. Aber trotzdem gibt es ein Band, das niemand durchtrennen kann.« Sanft nahm er ihr Sat-Kamose ab. »Du benutzt ihr Leiden, um dich zu quälen, und das ist selbstsüchtig. Wir müssen versuchen, ihr die Schmerzen zu lindern und den Übergang zu Osiris zu erleichtern.«
    »Sie behält es nicht bei sich«, wehrte sich Aahmes-nofretari schwach, aber sie machte keine Einwendungen mehr. Sie war bei seinen Worten sehr blass geworden, doch ihr Blick hatte sich verändert. Es war nur ein winziges Anzeichen, aber Ahmose wusste, dass die Schlacht um ihre geistige Gesundheit gewonnen war. Er winkte dem Leibarzt und schlug die Windeln der Kleinen zurück. Sat-Kamose beobachtete ihn. Ihr Atem hauchte heiß über seine Finger. Ihr Kopf mit dem feinen schwarzen Flaum schien größer geworden zu sein und rollte in seiner Armbeuge. Das ist ein Trugbild, weil ihr kleiner Leib vertrocknet, dachte Ahmose liebevoll und mitleidig. Amun, du hast mit deiner allmächtigen Rechten viel gegeben, aber mit deiner Linken hast du es wieder genommen.
    Der Leibarzt trat näher, hatte auf seinem kleinen Löffel eine dünne milchige Flüssigkeit. Behutsam schob er ihn zwischen ihre trockenen Lippen. Sat-Kamose verzog das Näschen, schluckte krampfhaft, hustete schwach und fing an zu schreien. Ahmose wiegte sie, sang ihr ein halb vergessenes Lied aus seiner Kinderzeit, und alle Anwesenden warteten darauf, dass sie das Rauschmittel erbrach. Aber das geschah nicht. Kurz darauf fielen ihr die Augen zu. Ahmose spürte, wie er sich entspannte. Sie schlief ein. »Ich komme zweimal am Tag und einmal in der Nacht und gebe ihr diese Dosis, Majestät«, sagte der Arzt. »Ein Ro jedes Mal, mehr nicht.« Er ging unter Verbeugungen rückwärts aus dem Raum. Ahmose reichte Aahmes-nofretari die Kleine, und die ging mit ihr ins Kinderzimmer. Ahmose wandte sich rasch an Uni.
    »Bringe uns alle Mahlzeiten hierher«, befahl er. »Bereite sie hübsch und appetitanregend zu, sodass sie die Königin verlocken. Und statt Wein Bier. Bier nährt mehr. Halte alle fern, abgesehen von Achtoi, Ipi und Chabechnet, und die lass nur ein, wenn es gar nicht anders geht.« Uni lächelte.
    »Ich verstehe, Majestät«, sagte er. »Ich preise deine Klugheit.« Klugheit?, dachte Ahmose zerknirscht. Das ist keine Klugheit, mein lieber Haushofmeister, sondern die blanke Angst. Was würde ich ohne Aahmes-nofretari anfangen? Ich wäre wie ein Segel ohne den Wind, der es bauscht.
    Die folgenden Wochen verliefen nach einem strengen Muster, das durch Sat-Kamoses Bedürfnisse bestimmt und durch die Düsternis des Todes vorgegeben war. Jeden Morgen stand Ahmose zur Lobeshymne auf, die man nach seiner Rückkehr wieder sang. Er ging ins Badehaus und ließ sich waschen, rasieren und massieren, darauf besuchte er kurz seine eigenen Gemächer, wo er geschminkt und angekleidet wurde, und danach schritt er mit Ipi und Chunes in den Empfangssaal, wo er sich um die Geschäfte kümmerte, die sich am Tag zuvor angesammelt hatten.
    Wieder in Aahmes-nofretaris Räumen,

Weitere Kostenlose Bücher