Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
Runde.
    Innerhalb kürzester Zeit füllte sich der Raum mit Leuten, von denen ich viele noch vom letzten Fest her kannte. Sie schienen an dem verfallenen Zustand des Hauses gro ßen Gefallen zu finden; einige gratulierten mir sogar zu der originellen Idee, in einer so stimmungsvollen Atmosphäre
einen Kostümball zu veranstalten. Ich dankte ihnen höflich und versicherte, dass ich die Komplimente umgehend an Dorian weiterleiten würde.
    Ich hatte nicht mitbekommen, wann er eingetroffen war, aber ungefähr eine Stunde später sah ich ihn ganz hinten an der Wand der überfüllten Eingangshalle stehen. Er hatte sich mit einem dunklen Umhang als Zauberer ausstaffiert. Als sich unsere Blicke kreuzten, hob er sein Glas und trank mir zu. Seine Augen ruhten einen Moment lang auf meinem Kleid. Ich wandte mich ab, war mir aber bewusst, dass ihm der Anflug von Ärger, der über mein Gesicht gehuscht war, nicht entgangen war, und ich begriff mit aufkeimendem Unbehagen, dass er vermutlich genau diese Reaktion hervorrufen wollte.
    Alexander berührte mich am Ellbogen. »Lass dich von ihm nicht aus der Fassung bringen«, riet er mir so leise, dass die Umstehenden es nicht hören konnten. Ich nickte nur stumm. »Die Musiker haben ihre Plätze eingenommen. Vielleicht solltest du die Gäste jetzt in den Ballsaal bitten.«
    Er bot mir seinen Arm, und gemeinsam begaben wir uns zum Ballsaal. Auf mein Zeichen hin stimmte das Streichquartett einen Walzer an. Wir begannen zu tanzen, und schon bald strömte der Rest der Gästeschar in den Raum, um unserem Beispiel zu folgen. Die Bilder an der Decke schienen im Kerzenlicht zum Leben zu erwachen und sich auf dem blauen Untergrund zu tummeln. Durch die zum Garten gelegenen weit geöffneten Türen strömten kaltes weißes Mondlicht und der süße Duft nachtblühender Pflanzen in den Saal.
    Während wir tanzten, streifte mein Blick erneut Dorian. Jetzt stand er mit Mary am Fuß der Wendeltreppe und unterhielt sich leise mit ihr. Beider Gesichter waren ernst, ab und an ertappte ich Mary dabei, wie sie uns verstohlen
musterte. Zweifellos hatte sie unsere Neuigkeit nicht für sich behalten, und ich fragte mich, ob Dorian jetzt wohl alles daransetzte, Alexander bei ihr in ein schlechtes Licht zu rücken, so wie er es bereits bei mir versucht hatte.
    Dann schoss mir plötzlich ein anderer, erschreckender Gedanke durch den Kopf. Was, wenn er schon längst damit begonnen hatte? Mit einem Mal begann Marys eigenartige Reaktion auf unsere Verlobung einen Sinn zu ergeben. Als ich an den Morgen nach dem Unwetter und an das Gespräch zwischen Dorian und Mary zurückdachte, das ich nicht hatte verstehen können, wurde mein Herz schwer.
    Alexander bemerkte, wie sich meine Miene verdüsterte, erkannte sofort, wo die Ursache dafür lag, und versicherte mir noch einmal: »Hier kann er dir nichts anhaben, Eleanor.«
    »Ich weiß«, erwiderte ich bedrückt, »aber dafür scheint es ihm gelungen zu sein, Mary auf seine Seite zu ziehen.«
    Ehe Alexander zu einer Antwort ansetzen konnte, forderte mich ein älterer Anwalt aus Baton Rouge zum Tanzen auf. Danach tanzte ich mit seinem Sohn, der erst kürzlich in dieser Gegend eine Tabakplantage erworben hatte, dann mit einem jungen Mann, der aus Savannah hergezogen war und von dem ich nicht wusste, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente. Nachdem ich mich bei ihm bedankt hatte, steuerte ich auf ein paar freie Stühle zu, wurde aber auf halbem Weg von einer Hand aufgehalten, die sich um meinen Ellbogen schloss. Ich wusste sofort, dass sie nur Dorian gehören konnte; kein anderer Mann hätte sich erdreistet, mich einfach so festzuhalten. Wütend drehte ich mich zu ihm um und funkelte ihn an.
    »Mary hat mir gerade erzählt, dass Sie sich mit Alexander verlobt haben.« Seine Stimme klang trügerisch seidenweich. »Es ist mir eine Ehre, Ihnen als Erster gratulieren zu dürfen.«

    »Vielen Dank«, entgegnete ich kühl, dabei versuchte ich vergeblich, mich von ihm loszumachen.
    »Sind Sie immer noch böse auf mich? Nun ja, die Wahrheit tut eben manchmal weh.«
    »Die Wahrheit?«, zischte ich. »Sie werden wohl verstehen, dass ich meinem Verlobten eher Glauben schenke als Ihnen!«
    »Also hat Alexander alles abgestritten? Ich hätte ihm mehr Mumm zugetraut, das muss ich schon sagen.«
    Trotz meiner Wut vermochte ich ihm nicht in die Augen zu sehen.
    »Oder vielleicht habe ich Sie falsch eingeschätzt?« Ich versuchte erneut, seine Hand abzuschütteln. Dorian lachte leise.

Weitere Kostenlose Bücher