Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
wären wahr geworden. Ich spürte, wie das Schlafmittel meinen vorhin noch so klaren Verstand erneut zu umnebeln begann. Als Mary mich wieder nach oben führte, fragte ich mich mit stiller Verzweiflung, ob meine Großmutter überhaupt jemals wirklich krank gewesen war.
    Nach einer Zeitspanne, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, erreichten wir mein Zimmer. Mary wartete, bis ich in mein Bett gekrochen war, dann machte sie Licht. Ich hörte, wie sie die Flaschen auf meiner Frisierkommode durchsah, dann kam sie mit dem Chloralhydrat zurück. Ich brachte nicht die Kraft auf, mich zur Wehr zu setzen, als sie einen Schuss davon in das Wasserglas neben meinem Bett gab und mich mit sanfter Gewalt dazu brachte, es zu trinken.

    Nachdem sie versprochen hatte, bald wieder nach mir zu sehen, knipste sie das Licht aus und schloss die Tür hinter sich. Ehe sich ihre Schritte entfernten, hörte ich, wie sich der Schlüssel leise im Schloss drehte.
     
    Kurz bevor ich erwachte träumte ich erneut von Eve. Oder vielleicht auch von meiner Mutter, sogar im Schlaf war ich von dem Chloralhydrat zu benebelt, um mir sicher zu sein. Sie tauchte aus der Dunkelheit auf, ihr Gesicht war blass und verhärmt, in ihren Augen flackerte Furcht.
    »Eleanor!«, rief sie, dabei kam sie mit ausgebreiteten Armen auf mich zu.
    »Ich bin hier.« Ich streckte meinerseits die Arme nach ihr aus.
    Sie ergriff meine Hände und beschwor mich eindringlich: »Du musst auf ihn hören.«
    »Auf wen?«, fragte ich verwirrt.
    Entweder wollte sie mir keine Antwort geben, oder sie konnte es nicht. Sie sagte nur noch schlicht: »Du schwebst in großer Gefahr.«
    Dann ließ der Druck ihrer Finger auf meinem Arm nach, und ihre schwarzen Augen und das bleiche Gesicht lösten sich auf. Bei dem Gedanken, dass sie mich gleich wieder allein lassen würde, stieg Panik in mir auf.
    Doch sie wiederholte nur: »Hör auf ihn«, dann war sie verschwunden, und ich blieb von einem Gefühl abgrundtiefer Verlassenheit erfüllt in der stillen Dunkelheit zurück, bis der Traum dem ersten grauen Tageslicht wich.

6. Kapitel
    I ch erwachte im Dämmerlicht. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Umgebung bewusst wahrnahm und noch länger, bis ich meine bleischweren Glieder rühren und mich auf den Rücken rollen konnte. Meine Zunge fühlte sich trocken und geschwollen an, sämtliche Geräusche drangen wie durch Watte an mein Ohr, und hinter meinen Schläfen schien ein Bergwerk zu hämmern.
    Ich merkte erst, dass ich nicht allein war, als mein Besucher sich auf dem Stuhl neben meinem Bett vorbeugte und höflich hüstelte. Da ich damit rechnete, Alexander bei mir sitzen zu sehen, wandte ich mich langsam um und begegnete stattdessen Dorians schwer zu deutendem Blick.
    Trotz meiner Benommenheit richtete ich mich mit einem Ruck auf und zog die Decke bis zum Kinn hoch, als wäre ich dadurch weniger verwundbar. »Was tun Sie hier?«, fragte ich. Ich hörte selbst, wie zittrig und unsicher meine Stimme klang.
    Dorian stieß ein tiefes, kehliges Lachen aus, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. »Ich bin gekommen, um mich für gestern Abend zu entschuldigen. Als ich hörte, dass Sie krank sind … nun, Sie können sich sicher vorstellen, dass ich mir die größten Sorgen um Sie gemacht habe.« Seine Worte klangen einschmeichelnd, doch ich ließ mich nicht täuschen. Seine Gegenwart löste einen nahezu greifbaren Widerwillen in mir aus.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?«, entschlüpfte es mir.

    »Mary hat mich hereingelassen. Sie scheint zu glauben, mein Besuch könnte Sie aufmuntern.«
    »Verschwinden Sie!«, stieß ich hervor.
    Er hob in perfekt gespielter Überraschung die Brauen. »Miss Rose, ich weiß, dass es zwischen uns zu Unstimmigkeiten gekommen ist…«
    »Mary!«, rief ich laut. Ich wusste, dass sie nicht weit weg sein konnte. Einen Moment später erschien sie auf der Schwelle. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht erinnerte mich an einen ungezogenen Hund, der nicht weiß, ob er die Verzeihung seines Herrn erheischen oder fortlaufen und sich verstecken soll.
    »Bitte sorg dafür, dass er geht«, verlangte ich kalt.
    Sie sah händeringend von mir zu Dorian. Ich machte Anstalten, aus dem Bett zu steigen, doch Dorian kam mir zuvor.
    »Bleiben Sie liegen«, sagte er. »Ich komme später noch einmal wieder, wenn es Ihnen besser geht.« Er beugte sich zu mir, als wolle er mich auf die Wange küssen, doch stattdessen flüsterte er: »Ich habe die Bilder gesehen. Sie haben ein helles Köpfchen,

Weitere Kostenlose Bücher