Die Straße nach Eden - The Other Eden
als ich nach Louisiana zurückkehrte. Wieder setzte ich all meine Hoffnung darauf, ihr Herz doch noch erobern zu können, aber in den Wochen vor unserer Hochzeit verhielt sie sich so kalt und abweisend, dass sogar mir Zweifel kamen.
Daher könnt ihr euch wohl vorstellen, wie selig ich war, als ich meine Liebe an unserm Hochzeitstag zum ersten Mal auch in ihren Augen widergespiegelt sah. Dieser plötzliche Umschwung kam für mich völlig überraschend, und noch mehr die Leidenschaft, mit der sie mir in dieser Nacht begegnete.«
Er hielt einen Moment inne, sein Blick schweifte ruhelos über die kahlen Wände hinweg. Als er weitersprach, hatte seine Stimme wieder ihren alten harten, sardonischen Ton angenommen.
»Ich hätte damals schon Verdacht schöpfen sollen, aber die Liebe machte mich blind. Wir zogen in das Haus, das wir zwischen den Plantagen gebaut hatten - dieses Haus. Ich ahnte nichts davon, dass ich eine Hure geheiratet hatte, bis sie mir ein paar Wochen später mitteilte, dass sie ein Kind erwartete. Erst da begann ich an der Tugend zu zweifeln, die ich zuvor so hoch gelobt hatte. Als das Kind nach acht Monaten zur Welt kam, wusste ich, dass sie mir Hörner aufgesetzt hatte. Aber ich hatte keine Beweise dafür, deshalb konnte ich sie nicht zu ihren Eltern zurückschicken.«
Wieder brach er ab und musterte mich. Die eisige Kälte in seinen Augen jagte mir einen Schauer über den Rücken. Als er seine Geschichte fortsetzte, verriet mir seine gepresste Stimme, dass ihn diese Erinnerungen weitaus stärker bewegten, als er zugab.
»Alles war nur noch eine Frage der Zeit. Noch ehe das Kind ein Jahr alt war schickte Elizabeth es fort. Sie behauptete, sich seit der Geburt nicht mehr wohl zu fühlen und nicht im Stande zu sein, es richtig zu versorgen. Mir erzählte sie, die Kleine wäre bei Eve, die inzwischen ebenfalls von zu Hause fortgelaufen war. Sie wollte mir auch weismachen, sie wüsste nicht, wo Eve jetzt lebte, was ich ihr allerdings nicht abnahm.
Mir war klar, dass das vermaledeite Kind bei seinem Vater war und meine Frau ihm dorthin folgen wollte, sobald sie einen Weg gefunden hatte, um mich loszuwerden. Aber ich vereitelte ihre Pläne. Sobald ich begriffen hatte, was sie getan hatte, sperrte ich sie hier in diesem Turm ein. Ich wimmelte Besucher ab und erklärte der Dienerschaft, meine Frau sei krank und brauche viel Ruhe.
Dann versuchte ich ohne Erfolg, ihre Schwester und das Kind aufzuspüren. Die Zeit verging. Elizabeth beteuerte weiterhin ihre Unschuld. Sie forderte mich auf, Beweise für ihre Untreue vorzulegen, denn sie wusste nur zu gut, dass ich ohne Beweise nichts gegen sie unternehmen konnte. Doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte ihr nichts nachweisen. Ich begann mich sogar schon zu fragen, ob ich ihr vielleicht nicht doch Unrecht getan hatte … dann machte sie einen großen Fehler.«
Dorian drehte sich zu uns um. Er griff in die Innentasche seines Jacketts, zog ein zerknittertes Stück Papier heraus und hielt es mir hin. Ich reichte Alexander Tascha und nahm Dorian den Zettel ab. Es handelte sich um einen mit Kritzeleien und Tintenflecken übersäten Löschpapierstreifen,
der auf einer Seite ein paar spiegelverkehrte Zeilen aufwies.
… komme ich zu dir, sobald sich mir eine Fluchtmöglichkeit bietet. Louis verdächtigt mich, ihn betrogen zu haben, und wird mir mit Sicherheit etwas antun, wenn er unser Geheimnis entdeckt. Sollte mir etwas zustoßen, dann sorg für Eleanor und erzähl ihr unsere Geschichte, wenn sie alt genug ist. Gib ihr meine Halskette als Erinnerung an mich.
»Sie hatte den Brief schon von einer Dienstmagd aus dem Haus schmuggeln lassen«, schnarrte Dorian. »Aber sie hatte vergessen, all ihre Spuren zu beseitigen.«
Ich blickte zu ihm auf, dabei stand mir unvermittelt das Bild von Eves von einer klaffenden Wunde entstelltes Gesicht unter dem Eisfenster im Boden vor Augen. »Du Bastard«, fauchte ich.
Sein Lächeln gefror. Die Kerze flackerte in einem Windhauch, wieder erklang Donnergrollen, diesmal schon sehr viel näher. »Der Bastard bist du, meine Liebe, und das ist noch lange nicht alles.« In dem Blick, den er Alexander zuwarf, lag abgrundtiefe Verachtung. »Wenn das Foto dir das nicht beweist, dann sollte es dieser Brief tun, genau wie er beweist, dass deine Mutter eine Hure war.«
»Das ist nicht wahr!«, fuhr ich auf.
Alexander griff nach meinem Arm, als wolle er mich von einer Torheit abhalten. »Eleanor, nicht!«
Ich schüttelte ihn ab.
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